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Was kann Kino?



Ich vermute, dass sich viele Menschen daran erinnern können, welcher ihr erster Kinofilm war. Meine ersten Kinofilme, an die ich mich erinnern kann, könnten unterschiedlicher nicht sein: So war ich als Kind, immer auf der Suche nach Heldenfiguren, fasziniert von Superman's Superkräften und ein paar Jahre später schockiert vom Leben der Christiane F., das in schrecklichen Bildern von der Kinoleinwand auf mich nachhaltig einwirkte. Während Superman der reichen Fantasie von Comiczeichnern entsprang, war das Schicksal der jungen Christiane F. so real und brutal wie das Leben selbst es sein kann.

Natürlich konnte ich mich vor allem in meiner Kindheit und in meiner Jugend kaum der Sogkraft jener Filme entziehen, die uns Kinder in andere, nämlich utopische Welten führten. Ich erinnere mich an weitere faszinierende Wesen - unvergessen die traurige Stelle, an der E.T. sehnsuchtsvoll nachhause telefonieren wollte. Auch dem Glücksdrachen Fuchur folgte ich mit Begeisterung durch die Lüfte in der unendlichen Geschichte, zu dieser Zeit lernte ich wohl auch Filmmusik schätzen. Wie oft ich wohl den Song "The NeverEnding Story" gehört habe?


Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Stummfilme, die mit musikalischen Live-Einlagen und eingebetteten Texten gezeigt wurden.

Später, in den 1920er Jahren, als die ersten Tonfilme en vogue waren, da galt es als etwas Besonderes, sich in den neu entstehenden eleganten Filmpalästen zu zeigen. Es waren dies riesige Räumlichkeiten, die mitunter einige tausend Besucher*innen fassen konnten. Damals war es auch üblich, sich für einen Besuch im Kino schick zu machen. (Heute ist so ein Aufwand eher unüblich, Kino ist inzwischen völlig alltäglich und keine große Sache mehr.)

In jener Zeit gingen die Menschen ins Kino, um sich zu amüsieren. Das passte vor allem auch gut in die Zeit der 1920er Jahre, die durchaus als sehr ausgelassene Jahre des vorigen Jahrhunderts galten. Natürlich gab es auch Kritik an diesen Orten der Freude, besonders aus kirchlichen Institutionen. Man befürchtete wieder einmal den moralischen Verfall der Menschheit, doch dazu brauchte es natürlich in Wahrheit keine Kinos.

Die Menschen der damaligen Zeit wussten Kino- und Tanzpaläste zu schätzen, solche Abende konnten für einige Stunden darüber hinwegtäuschen, dass sich andernorts riesiges Ungemach zusammenbraute, das sich schließlich als Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 entladen sollte: Der 24. Oktober 1929 ging in die Geschichte ein, denn an diesem Tag kam es zu einem Börsenkrach, dessen schwerwiegende Folgen die Welt auch noch in den 1930er Jahren beschäftigen sollten. Zurückblickend müssen wir auch diese Krise als Motor einer Entwicklung einschätzen, die in Europa endgültig extremistischen Parteien großen Zulauf bescherte. Nun war es mit Blick auf Amerika erschreckenderweise auch ein Leichtes, "die Juden" für all diese wirtschaftlichen Probleme verantwortlich zu machen.


Ins Kino gehe ich inzwischen eher selten, um mich zu amüsieren. Das liegt nicht daran, dass ich Vergnügungen abgeneigt wäre, es liegt viel mehr daran, dass mich viele Filme, die aus Blockbuster-Schmieden stammen, einfach kaum interessieren. Mich interessieren Filme mit Tiefgang, Filme, die (andere) Lebenswelten zeigen, Filme, die Mut machen, Filme, die wichtig sind, weil sie gesellschaftlich relevante Themen transportieren. Häufig sind solchen Filmen keine Zuschauermassen beschert. Das ist nicht ungewöhnlich, denn der Mensch neigt dazu, wegzuschauen. Wenigstens die karge Freizeit soll möglichst mit angenehmen Dingen und Beschäftigungen verbracht werden, bedrohliche Szenarien für Leib und Leben gibt es ohnehin genug in dieser Welt - und wir erfahren dies täglich aus den Medien. Es ist durchaus verständlich, wenn sich diesbezüglich bei den Menschen bereits ein Sättigungsgefühl eingestellt hat. Und ein Wunsch, dass sie wenigstens im Kino nicht auf die Probleme der Welt hingeführt oder gar hingestoßen werden wollen.

Es tut ja auch weh, wenn Finger in die Wunden der Gesellschaft gelegt werden, zumindest ist es nicht angenehm. Das finde ich auch, aber ich kann diesen Filmen mit einem gewissen Schmerzfaktor trotzdem nicht ausweichen, denn sie haben nicht nur wesentliche Botschaften, sondern sind meistens auch von einer schauspielerischen Wucht, dass es mich nur so trifft. Immer wieder gehen Schauspieler*innen bei herausfordernden Themen mit "method acting" an ihre Rollen heran und das merkt man dann auch an ihrem Spiel: Es wirkt manchmal geradezu beängstigend real, was man da zu sehen und zu hören bekommt. Daher macht es auch aus diesem Grund für uns Sinn, fremdsprachige Filme (bis auf wenige Ausnahmen) in den Originalversionen mit Untertiteln zu sehen.


Ich schließe übrigens nicht aus, dass ein Film Unterhaltungswert mit Tiefgang bestens verbinden kann. Als ein Beispiel möchte ich den deutschen Film "Dreiviertelmond" erwähnen, der mit klugem Blick aufs Menschsein herzerwärmende und -erfrischende Szenen bietet. Als ein weiteres Beispiel führe ich "Die anonymen Romantiker" an, ein französisch-belgischer Film, der Menschen gefallen könnte, die sich als hochsensibel einschätzen.

Wer einen fantasievollen Film schätzt, der zutiefst nachvollziehbar Einsamkeit, Liebe und Freundschaft thematisiert, dem empfehle ich den Film "Shape of Water". Selten habe ich mich in einem derart künstlerisch hochwertigen Film mehr für die Bestie, die ein Mensch aus sich hervorkehren kann, geschämt, als es dieser großartige Film mit sich brachte. Zugleich werden Menschlichkeit, Loyalität und bedingungslose Zuwendung zeitlos schön dargestellt.

Vielleicht war unter den genannten Filmen auch ein Tipp für Dich dabei? Ich freue mich, wenn ich Dich inspirieren konnte! Weitere Tipps findest Du hier sowie auf meinem Blog Seelenbilder.


#Filmtipps Foto: Kino - Sabine van Erp, Frau - fszalai, beide auf Pixabay

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