Ist das alles immer so, wie von Adolph Kolping gemeint?
Vor kurzem habe ich eine für mich sehr aufschlussreiche Rezension (Danke an dieser Stelle noch einmal ...) über ein Buch gelesen, die mich veranlasst hat, das Buch Kontaktabbruch in Familien - Wenn ein gemeinsames Leben nicht mehr möglich scheint, (neu aufgelegt im Kösel-Verlag) sofort zu bestellen. Autorin des Buches ist Claudia Haarmann, 1951 geboren, die eine psychotherapeutische Praxis führt. Ihr Arbeitsschwerpunkt sind die Bindungs- und Beziehungsdynamiken in Familien und ihre Auswirkungen im Erwachsenenalter.
Ich gehöre nicht zu jenen Menschen, die meinen, ein gesundes Umfeld sei frei von Konflikten. Ich glaube allerdings, wir brauchen eine gewisse Streitkultur, dann lösen Diskussionen auch keine Ängste, keine Anspannungen, keine Überreaktionen aus. Dies alles ist positiven Beziehungen nicht dienlich, wie ich die Erfahrung gemacht habe.
Über meine Ursprungsfamilie, die ich als sehr kompliziert empfinde, habe ich in meinen beiden Blogs schon einiges geschrieben. Im Alter von ca. 30 Jahren habe ich intensiv - auch im Rahmen von Therapiestunden - überlegt, meinen Kontakt zu meinen Eltern abzubrechen. Was ich im Rückblick weiß, war mir damals noch nicht bewusst: Ich war bereits zu diesem Zeitpunkt massiv erschöpft, und ich weiß heute, dass mein Zustand in engem Zusammenhang mit meinem Elternhaus stand. Mit Erwartungen meiner Eltern, mit Forderungen meiner Eltern, mit meinem Gefühl und ihren harschen Worten, dass sie mit meinem Sein nicht zufrieden waren. Je mehr Forderungen ich verspürte, desto mehr drängte es mich, den Kontakt abzubrechen. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf unzählige Auseinandersetzungen, die zu Verletzungen auf beiden Seiten führten. Zu intensiv ragten zusätzlich auch noch meine sehr schmerzhaften Kindheits- und Jugenderfahrungen in mein Leben, die auch körperliche Gewalt beinhalteten - ich wollte diese Erinnerungen einfach abschütteln. Heute weiß ich, mit einem Kontaktabbruch wäre es für mich nicht getan gewesen, denn um in Balance zu kommen, war und ist meine Arbeit nötig. Mit Unterstützung einer systemischen Therapie bin ich nun dabei, Themen, die mich noch belasten, noch einmal zu betrachten, bestenfalls abzuschließen bzw. mit Hilfe von Übungen so zu bearbeiten, dass sie meinen Lebens- und Energiefluss nicht mehr beeinträchtigen.
Wahl- und Seelenverwandte wurden im Laufe meines Lebens immer wichtiger, ich lern(t)e, Menschen zu vertrauen. Diese Wahlverwandtschaften sind auch im Leben anderer, in etwa gleichaltriger oder jüngerer Menschen, wichtig - dies ist auch eine Beobachtung der Autorin. Und wir sind laut Claudia Haarmann heutzutage mit den Grundlagen der Psychologie vertraut, wir reflektieren und holen uns Hilfe im Außen, was früher kaum geschah. Wir wollen nicht länger in der Vergangenheit gefangen sein.
Interessant finde ich Haarmanns Hinweis auf die Beziehung zwischen Alice Miller, deren Bücher ich mit großem Interesse las, und ihrem Sohn, Martin Miller, die sie mit Briefauszügen erhellt. Diesbezüglich habe ich selbst schon vor einigen Jahren recherchiert, und ich konnte zunächst kaum glauben, was ich über diese Beziehung las.
Ich bin gegenwärtig in einer recht herausfordernden Phase meiner Wechseljahre, merke allerdings, dass ich diese Zeit auch als Chance nutzen kann. Eben, um mich von gedanklichem Ballast zu befreien. Dies gelingt recht gut mit Übungen, die mir empfohlen wurden. Erwähnen möchte ich die sehr hilfreiche Klopftechnik nach Dr. Michael Bohne, die auch im Internet ganz gut erklärt wird. Dr. Michael Bohne ist Begründer der Prozess- und Embodimentfokussierten Psychologie (PEP) - (Link!), eine Weiterentwicklung der Emotional Freedom Techniques (EFT) aus dem Bereich der Energetischen Psychologie (EP).
Ich befinde mich erst in den Anfangsseiten des Buches von Claudia Haarmann, kann allerdings jetzt schon davon schreiben, dass das Buch äußerst lesenswert ist.
Hier ein weiterer Hinweis auf ein Buch, das ich lesenswert finde, Vergiftete Kindheit - Elterliche Macht und ihre Folgen, Autorin: Susan Forward, Verlag: Goldmann
#Eltern #Kinder #Buchtipps Foto: C*
So etwas kann man sicher nur nachvollziehen, wenn man Ähnliches in der Familie erlebt hat. Das habe ich nicht. Meine Eltern haben bestimmt auch nicht alles richtig gemacht, aber sie haben uns unter sehr schwierigen Verhältnissen eine schöne Kindheit ermöglicht. Ansonsten muss man auch die Zeit berücksichtigen. Vor 60/70 Jahren wurden die Kinder noch anders erzogen als heute.
Ich habe meinen Frieden damit gemacht.
Liebe Grüße
Jutta
Meine Mutter hat auch mit ihrer Familie gebrochen - nach dem Krieg alleine zurück gelassen und vorher zahlreiche Schläge vom Stiefvater. Da möchte man nur weg - wenn es auch immer wieder Annährungsversuche gab. Bei mir und meinem Mann ist es zum Glück anders. Wir durften das Familienglück erleben und hoffen, unsere Kinder fühlen es auch. Dir einen ganz lieben Gruß, Nicole
Adolph Kolping hat zu einer Zeit gelebt, da die Familie so etwas wie ein unantastbares nicht zu hinterfragendes Heiligtum war. Insofern würde ich einem solchen Satz nicht zustimmen. Meine Erfahrungen mit meiner Ursprungsfamilie sind jedenfalls nicht so gewesen. Ich habe mal in einem Buch über Wechseljahre ("die Weisheit der Wechseljahre) gelesen, dass diese Zeit einem die Möglichkeit bietet, die Themen, die in der Pubertät nicht bearbeitete worden sind, anzugehen. Meiner Erfahrung nach stimmt diese Aussage, zumindest für mich. Danke auch für deinen Buchtipp, mal sehen, ob ich es lese. Ich brauche nach der Lektüre solcher Bücher immer eine Verabeitungs-, Verdauungsphase. Sonst wird es mir zu viel.