top of page
AutorenbildC*

Liebeswirren




Ich würde einem an Lebensjahren und Erfahrungen gereiften Antoine de Saint-Exupéry gerne die Frage stellen, ob er letztendlich bei seiner Betrachtung der Liebe geblieben ist. Der Schöpfer des kleinen Prinzen verstarb nur einen Monat nach seinem 44. Geburtstag.


Als ich Consuelo de Saint-Exupérys persönliche Aufzeichnungen in Die Rose des kleinen Prinzen - Erinnerungen an eine unsterbliche Liebe las, gelang es mir kaum, mir ihren Mann als liebevollen Ehemann und Gefährten vorzustellen. Dazu sei vermerkt, dass Consuelo de Saint-Exupéry ihre Erinnerungen nach dem Tod ihres Mannes niederschrieb, offensichtlich auch ohne jegliches Interesse, ihre Memoiren zu veröffentlichen. Ihre Universalerben, die keine Familienmitglieder waren, hüteten ihre Erinnerungen. Die Dokumente wurden schließlich dem Biografen Alain Vircondelet anvertraut, der durchaus zögerte, diese einem Publikum zugänglich zu machen. Rund um den 20. Todestag von Consuelo und gleichzeitig rund um den 100. Geburtstag von Antoine entschied er sich dann doch, Consuelos Erinnerungen zu veröffentlichen. In der Folge dieser Veröffentlichung wurde es durchaus sehr ungemütlich für den Biografen, schließlich galt Antoine de Saint-Exupéry vielen Menschen fast als Heiliger.


Schon der Beginn der äußerst emotional gelebten Beziehung war sehr dramatisch, denn Consuelo wurde von Antoine mit einem Flugzeug entführt. Während des Fluges drohte er damit, die Maschine abstürzen zu lassen, sollte sie nicht in eine Hochzeit einwilligen. Obwohl Consuelo, von zarter Psyche gezeichnet, rasch Bedenken hatte, sich mit Antoine einzulassen, mangelte es ihr vielleicht auch an einer Entschlossenheit, sich ihm zu entziehen.

Es finden sich in der biografischen Aufarbeitung des Lebemannes immer wieder Hinweise auf einen zutiefst depressiven Menschen, auf mich wirkt Antoine de Saint-Exupéry allerdings eher manisch-depressiv und auch narzisstisch. Seiner Frau hat Antoine de Saint-Exupéry vieles zugemutet, diese On-Off-Beziehung war belastet von seinen Launen, seiner Egozentrik, seinem unsteten Leben, seiner Untreue wie auch von finanziellen Problemen und vielen Umzügen.

Diese beiden Menschen lebten in einer Beziehung, die als äußert kompliziert gilt, sie konnten nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander leben.

Zwei Menschen - und immer agieren beide: Eine glücklich wie auch eine unglücklich gelebte Paarbeziehung bedingt zwei Köpfe, zwei Herzen, zwei Seelen.

Trotz aller Beziehungswirren hat Antoine de Saint-Exupéry seine Frau und Muse in seinem Werk Der kleine Prinz als Rose des kleinen Prinzen unsterblich gemacht.

Die Beziehung der beiden - auch äußerlich so ungleichen Menschen - endete endgültig, als Antoine 1944 von einem Flug nicht mehr zurückkehrte, die Umstände seines Absturzes sind bis heute ungeklärt.

Es drängt sich mir der Eindruck auf, als hätte dieses Paar weder in die gleiche Richtung geblickt, noch einander angesehen: Einander wahrzunehmen, halte ich für wesentlich, um eine erfüllende Beziehung leben zu können. Es ist ein ganzheitlicher Zusammenklang zweier Menschen - wohl weniger ein Gleichklang -, der eine gute Basis für einen gemeinsamen Weg sein kann.


Mich bewegt die Frage, wie es sein kann, dass Menschen eine Beziehung eingehen, obwohl sie instinktiv wissen, dass sie viele Schmerzen erleiden werden. Es ist eine Frage, die ich mir zu meiner Vergangenheit selbst sehr oft gestellt habe. Für meine eigenen leidvollen Erfahrungen habe ich sehr persönliche Antworten gefunden.


14 Kommentare

Ähnliche Beiträge

Alle ansehen

14 comentários


Rosa Ananitschev
Rosa Ananitschev
19 de abr.

Wieder etwas Neues erfahren, diese Beziehungsgeschichte kannte ich nicht. Vielleicht hatte Antoine de Saint-Exepery mehr von einer ewigen, perfekten Liebe fantasiert, geträumt, als sie in Wirklichkeit war? Oder er hat es völlig anders empfunden als Consuelo?

Ich würde mit einem Menschen, der mich so dominiert, nie zusammen sein (wollen).

Curtir
C*
C*
20 de abr.
Respondendo a

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er vieles anders empfunden hat als sie - denn er scheint sich alle Freiheiten genommen zu haben, so zu leben, wie es ihm behagte. Sein "Nest", in welches er immer wieder heimkehren konnte, hat sich ja bei all seinen Abenteuern bestätigt.

Ich glaube, so ist das immer: Jeder an einer Beziehung beteiligte Mensch sieht andere Anteile oder bewertet unterschiedlich.

Manche Menschen ordnen sich wohl auch unter, weil sie Führung wollen und dies aus unterschiedlichen Gründen. Ich würde dabei definitiv keine Augenhöhe empfinden.

Curtir

Mano Ka
Mano Ka
16 de abr.

mich wundert es nicht wirklich, dass es in der geschichte solche - wie man heute zu sagen pflegt -toxische beziehungen gab, eben auch oder gerade auch bei solchen "heiligen". da denke ich an ingeborg bachmann und max frisch, über die ich kürzlich gerade den recht beeindruckenden film sah. nicht immer, eher sogar selten wird solches verhalten an die öffentlichkeit getragen und "helden" auf den boden der tatsachen gebracht. das ist bei prominenten wohl nicht anders als bei "normalen" menschen.

liebe grüße von mano

Curtir
C*
C*
16 de abr.
Respondendo a

Liebe Mano,

ich glaube, diese Art von Beziehung kommt häufiger vor, als wir es vielleicht vermuten würden. Paare, die nicht mit-, aber auch nicht ohne einander können. Ob sie nun im Interesse der Öffentlichkeit stehen oder nicht.

Wie ich immer deutlicher feststelle, haben darunter auch viele Erwachsene zu leiden, die keine klare Entscheidung treffen können. Aber noch viel mehr bedaure ich Kinder, die in so einem Elternhaus heranwachsen. Sie haben keine Chance, vielen Schrecken zu entkommen.

Den Film habe ich auch als sehenswert eingestuft, werde aber leider darauf warten müssen, bis er im Fernsehen läuft.

Ganz liebe Grüße zu Dir! C Stern

Curtir

stemmer.recklinghausen
stemmer.recklinghausen
09 de abr.

Auch ich danke dir für diese für mich neuen Informationen. Ich habe bisher immer gedacht, Frauen bleiben aus äußeren "Zwängen" in Ehen, die ihnen nicht gut tun, ein Phänomen, das mit zunehmender Unabhängigkeit verschwindet. Doch dabei sind emotionale Abhängigkeiten, das Bedürfnis nach Beziehung oder die Angst vor Einsamkeit außer acht gelassen. Terézia Mora hat in ihrem Roman "Muna" eine solche Beziehung beschrieben, in der eine junge Frau sich einem älteren Mann nahezu aufdrängt, eigene Lebenspläne aufgibt und sich selbst aus ihrem Leben herauskatapultiert. Als ich mich von dem Vater meiner drei Kinder trennen wollte, bin ich von allen möglichen Seiten mit hanebüchenen Argumenten "bestürmt" worden, es nicht zu tun.

Nachdenkliche Grüße

Curtir
C*
C*
10 de abr.
Respondendo a

Ich kenne Beziehungen aus der Realität, in denen die emotionale Abhängigkeit eine Rolle spielt, jemanden nicht zu verlassen. Das trifft auf Frauen wie auch auf Männer zu. Das reicht, wie Du es vom Roman beschreibst, auch in der Realität bishin zur Verleugnung der eigenen Gefühle und zur eigenen Idee, die eigene Persönlichkeit und die eigenen Visionen von einem erfüllten Leben verschwinden zu lassen, nur, um die Beziehung weiter irgendwie zu ertragen. Das Bild, allein zu sein bzw. zu bleiben, ist dabei vermutlich eine Horrorvorstellung.

Ich habe mich gerade in eine Inhaltsangabe des Romans eingelesen und hier auch ein Phänomen gefunden, das ich ebenso in der Realität beobachte: Frauen (wie auch Männer) finden Entschuldigungen und Erklärungen für ihre übergriffigen Peiniger.

Ich…

Curtir

Roswitha
Roswitha
08 de abr.

ich kannte dieses unstete leben des autors, nicht nur persönliches fehlverhalten, sondern leider war er auch ein mann seiner zeit und seiner herkunft. damals mussten frauen noch stärker sein, um sich diesem verhalten zu entziehen. ähnliches habe ich in vielen künstlerbiografien gelesen, vielleicht sind sie mindestens genauso in ihrem fehlverhalten wie andere männer. frauen sollten viel lernen... hab es gut, liebe c stern, herzlich roswitha

Curtir
C*
C*
08 de abr.
Respondendo a

Viele (Künstler-)Biografien sind spannend zu lesen. Was mich bei diesem Buch begleitete, ist die so naheliegende Vermutung, dass die so persönlichen und auch schmerzhaften Erinnerungen nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren: Consuelo wollte also ihren Mann sicherlich nicht bloßstellen. Der Herausgeber wurde ja auch mit Todesdrohungen behelligt, was deutlich macht, dass Menschen eine solche "Entzauberung" ihres Heiligen nicht hinnehmen wollten.

Wir finden wohl zu allen Zeiten Menschen der Öffentlichkeit, die mit ihrem Verhalten zumindest verblüffen. Ganz aufschlussreich auch das Buch über "Die Frauen der Nazis", Anna Maria Sigmund.

Liebe Grüße auf dem Weg zu Dir!

Curtir

Erika Nittel-Traser
Erika Nittel-Traser
08 de abr.

Ein nachdenklich machender Einstieg in die neue Woche!

Vielen Dank für die Informationen und Einblicke in das Leben eines "Prinzen". Dieser kam nicht auf einem weißen Ross, sondern mit einer Flugmaschine daher. Es stimmt mich traurig, wie manipulativ einer handeln kann, obwohl (oder weil?) er so einzigartige Gaben hatte. Manisch depressiv und narzisstisch, so können wir es heute definieren. Wie nannte man das zu seiner Zeit? Das sind so die Momente, wo man jeden anderen Lesestoff beiseite legen und sich in die Biographie eines anderen vertiefen möchte.


Eine schöne Woche wünsche ich dir - und

viele liebe Grüße

Erika


Curtir
C*
C*
08 de abr.
Respondendo a

Es ist immer wieder erstaunlich, wie Bilder von Menschen in unseren Köpfen entstehen - und diese Bilder dann offensichtlich nicht entsprechen. Bei Künstler*innen sicherlich kein Einzelfall, so wie auch bei Menschen, die nicht im Lichte der Öffentlichkeit stehen. Ich bin manchmal ganz erstaunt, was Menschen über mich zu wissen glauben. Ich denke, wir können in niemanden komplette Einsichten erhalten, auch, wenn wir meinen, das DU bestens zu kennen. Es gibt immer verborgene Winkel wie auch Ecken, die nicht ausgeleuchtet werden können.

Ich vermute, zu Saint-Exupérys Zeit nannte man diese Menschen einfach nur "exzentrisch" - was bei Künstler*innen öfter zu erwarten war, so wie wir es etwa auch von Diego Rivera und Frida Kahlo lesen können. Auch die beiden hatten eine…

Curtir
bottom of page