"Wer bist du?", fragte mich der Meister.
Ich nannte ihm meinen Namen.
"Ich habe nicht gefragt, wie du heißt, sondern wer du bist."
"Ich bin Schriftsteller", war nun meine Antwort.
"Ich habe dich nicht nach deinem Beruf gefragt, sondern wer du bist."
"Ich bin Christ."
"Ich habe dich nicht nach deiner Religion gefragt, sondern wer du bist."
Und so ging es immer weiter. Alles, was ich erwiderte, schien keine befriedigende Antwort auf die Frage "Wer bist du?" zu sein. Irgendwann gab ich es auf. "Dann muss ich es wohl herausfinden."
Und der Meister lächelte.
(Nina Merian, „Ein Moment für mich – Die kleinsten Geschichten der Welt“, Kreuz Verlag)
