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Einen Zugang zum DU finden


Die Zeit, in der wir uns gerade befinden, kann reichlich Zugang zu Schicksalen und zu unserem DU eröffnen! Nicht nur, indem wir unsere Hilfe anbieten und Solidarität leben, sondern auch, indem wir einen so wichtigen inneren Zugang zum anderen finden!

Wie geht es Menschen in vielen Ländern mit großer Armut in der Bevölkerung, welche offiziell in den Statistiken kaum oder relativ wenige Erkrankte aufweisen? - Das Virus kennt keine Ländergrenzen, es ist also zu vermuten, dass nur wenige Menschen getestet werden und daher die statistischen Ergebnisse nicht als seriös erachtet werden können. Entsetzlich auch die Vorstellung, dass es besonders in diesen Regionen um die medizinische Versorgung nicht gut bestellt ist.

Mir lässt auch das Schicksal jener keine Ruhe, die es aus meiner Einschätzung ohnehin besonders schwer haben und gerade jetzt erst recht: Wie geht es Frauen und ihren Kindern, die in Gewaltbeziehungen leben, aus denen sie (noch) keinen Weg finden können? Wie können diese Frauen und ihre Kinder ihren Peinigern entkommen, wo unsere Bewegungsfreiheit derzeit aufgrund des Corona-Virus so eingeschränkt ist? Was führt dazu, dass es selbst in unserem Jahrhundert noch Millionen von Frauen und Mädchen gibt, die von ihren Männern und Söhnen bzw. Vätern und Brüdern gedemütigt, gequält und getötet werden?

Wo müssen wir auch in der westlichen Welt ansetzen, um einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen, der eine erlebbare und tatsächliche Gleichheit zwischen Männern und Frauen herstellt? Und dieser Wandel muss ein weltweiter sein!

Machen vielfach die Fesseln der gewohnten Traditionen und Rollenbilder mundfaul und tatenlos? - Gewohnheiten, die uns oft schon in frühester Kindheit angelegt werden und die viele nicht hinterfragen und abstreifen, obwohl wir alle als grundsätzlich freie Menschen geboren werden! Es ist offenbar, dass Erziehung und Traditionen so einen langen Arm haben, sodass er sich über Generationen ausstrecken kann, um die Haltbarkeit dieser Fesseln des Patriarchats zu prüfen und zu gewährleisten!

Von Männern, gleichsam wie von ihren hörigen Komplizinnen, nämlich nicht wenigen Frauen, wurden und werden Männer- und Frauenbilder gemalt, die auch heute noch, in unserer realen Lebenswelt, für unglaubliches Unrecht sorgen!

Warum werden Frauen zu Komplizinnen und Täterinnen, auch, wenn es um die Beschneidungen von Mädchen geht, die immer noch an unzähligen Mädchen weltweit stattfinden?

Warum machen sich ausgerechnet Frauen stark, um den Geschlechtsverkehr mit einer "bezahlten Frau" zu einem Recht für Männer zu machen? Warum ist der Staat daran interessiert, in diesem Bereich für sogenannte "legale Bedingungen" zu sorgen? Und warum verstecken wir eigentlich unsere ureigenste persönliche Verantwortung für unsere Mitmenschen hinter einem "Konstrukt namens Staat"? Wir Menschen sind es doch, deren Steuern verwaltet und verwendet werden!

Warum also sind wir nicht daran interessiert, für verzweifelte Frauen solche Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie dieses Milieu dauerhaft verlassen können und sich eine Existenz aufbauen können, in der sie nicht mehr gezwungen sind, dem kranken Rollenbild - von Männern über uns Frauen, von Generation zu Generation unhinterfragt weitergereicht - entsprechen zu müssen? Wenn man sich näher damit beschäftigt, dann kann man ganz schnell mit einer Antwort in Berührung kommen, die sich darin finden lässt, dass dem Staat dadurch auch gute Steuereinnahmen zufließen. Der Staat bereichert sich definitiv an diesen Frauen!!!

Ja, wir alle sind es, die wir unsere Hände nicht in Unschuld waschen können und dürfen!!!

Eine Legalisierung von Prostitution kann doch ein grundsätzliches Umdenken bei Männern, die Frauen soviel Unrecht antun, sicher nicht fördern! Genau im Gegenteil erreicht man damit, dass alle Männer, die ein schrecklich schlechtes Gewissen haben müssten, nun auch noch davon überzeugt sind, etwas Gutes und Richtiges zum Verdienst der Frauen beizutragen.

Es muss ein Umdenken stattfinden, und ich bin überzeugt davon, dass wir damit bereits bei unseren Kindern anfangen müssen. Wir müssen bei der Erziehung von Kindern ansetzen, als deren Folge junge Menschen an den gängigen Rollenbildern große Zweifel entwickeln, sie hinterfragen und eines Tages auch hinter sich lassen!

Warum ist es für so viele Menschen (Männer wie Frauen) kein Thema, darüber nachzudenken, dass es genau im Umfeld von Prostitution zu unglaublichen Übergriffen auf Frauen kommt, die gerade heutzutage, in unserer globalisierten Welt, ihren Körper nicht freiwillig verkaufen? Wir haben nun endlich Gesetze, die vor (sexueller) Gewalt in der Partnerschaft schützen sollen, aber wir haben keine ausreichenden Gesetze, die Frauen schützen, welche für Sex von Männern bezahlt werden!

Ich habe begonnen, vermehrt über dieses sehr umstrittene Thema nachzudenken, als ich vor Jahren durch Zufall eine Frau kennengelernt habe, die in ihren schlimmsten Jahren auch von Drogen gezeichnet war, um ihren Ekel vor und bei ihrer Arbeit einigermaßen wegdrücken zu können. Ich bin einer körperlich und seelisch geschundenen Frau begegnet, die mit größten Mühen und Anstrengungen und unter vielen Rückschlägen versucht hat, ihr Leben nach ihrer so harten Zeit als Prostituierte wieder auf die Reihe zu bekommen. Ich bin damals einer Frau begegnet, die nicht auf dem Straßenstrich gearbeitet hat, sondern in einem feinen Bordell, in welchem Männer mit großartigem beruflichen Background ein- und ausgegangen sind. Ein Satz ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben: "Am schlimmsten waren die, die am Sonntagvormittag mit ihrer Familie in der Kirche waren!" Diese Aussage hat mich zwar nicht unerwartet getroffen und dennoch sehr tief betroffen gemacht.

Ich empfehle die Einsichten einer jungen Frau, der es gelungen ist, aus der Prostitution auszusteigen.

Die Zeit, in der wir uns gerade befinden, schenkt mir auch Gelegenheiten, mich wieder einmal sehr tief in Bücher zu versenken. Dabei habe ich mir vor einigen Wochen anlässlich einer umfassenden Erweiterung meines Lesestoffs ein Buch zugelegt, von dessen vielschichtiger Eindringlichkeit ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung hatte. Doch als ich den Roman "Das Paradies" der Autorin Barbara Wood zur Hand nahm, konnte ich mich davon nicht mehr lösen. In diesem Buch wird der Kampf sehr unterschiedlicher Frauen um ihre Selbstbestimmung geschildert. Die Familiengeschichte spielt im Ägypten des vorigen Jahrhunderts, die Geschichte beginnt mit dem Jahr 1945. Khadiha, das weibliche Familienoberhaupt der Familie Raschid, leidet unter immer wiederkehrenden Alpträumen, die sie über Jahrzehnte nicht deuten kann. Diesen Alpträumen wird sie jedes Mal wieder ausgesetzt, sobald ein Kind in ihre große Familie geboren wird. Dass ihr Sohn Ibrahim mit seinen Frauen immer "nur" Mädchen zeugen kann, belastet fortan das gesamte Familiensystem und führt zu schrecklichen Taten.

Khadihas Leben wird aufgerollt und wir können ihr folgen, wie sie erst am Ende einiger Jahrzehnte, die sie selbst in traditionellen Frauenbildern verharrt, darüber nachsinnt, wie sehr ihr eigenes Leben von Unrecht und patriarchaler Grausamkeit durchzogen war.

Ihre Welt gerät aus allen Fugen, als sie zu verstehen beginnt, dass sie über Generationen hinweg auch ihren Töchtern, Enkeltöchtern, Schwiegertöchtern und anderen verwandten Frauen ein Opferverhalten gegenüber Männern anerzogen bzw. aufgedrängt hat. Ihre Einsicht kommt spät und doch verhilft sie letztendlich auch jenen Frauen, die ihr Leben auf unkonventionelle Art leben, zu ihrer Freiheit, denn der Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung hat eine ihrer Töchter und eine ihrer Enkelinnen hinter Gefängnismauern gebracht.

"Ohne Zugang zum Ich kann man auch keinen Zugang zum anderen finden." (Anne Morrow Lindbergh)

Ja, genau in desen Worten liegt ein unermesslicher Schatz an Wahrhaftigkeit! Wer das Tor zu seinem eigenen Innersten nicht öffnet und eintritt, um bei sich selbst zuhause zu sein, der tut sich sehr schwer, einen Zugang zum DU zu finden. Empathie ist die gelebte Fähigkeit, einen anderen Menschen in seinen menschlichen und psychischen Strukturen zu verstehen und nachzuempfinden. Die Voraussetzung dafür ist zweifelsohne ein gelungener Weg zum eigenen vielschichtigen Sein - der Weg zu sich selbst!

Mehr zum Frausein und vielen damit einhergehenden Herausforderungen findest Du hier:



Foto: S. Hermann & F. Richter, Pixabay.com

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