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Die Legionäre Christi


"Die Erde sei des Soldaten Bett,

der Himmel die Decke,

und der Harnisch sein Haus."

(Konrad III., deutscher König, 12. Jh., unternahm einen Kreuzzug)


(Foto: www.pixabay.com)

Schon das Wort "Legionäre" kann einem Bauchgrimmen verschaffen, vereinen sich dahinter doch so martialische Begriffe und Werte, wie sie eben auch dort gelebt wurden und werden, wo eisern und bis zum Tod gekämpft wird - für Geld.

Die Bezeichnung "Die Legionäre Christi" lässt durchaus kriegerische Aspekte vermuten - und wie an vatikanischen Vorgängen Interessierte inzwischen wissen, sind diese Vermutungen leider mehr als berechtigt! Der Himmel darf niemals die schützende Decke sein, die über unzählige Verbrechen auf Erden gebettet wird, die im Namen Christi begangen wurden und werden!

Marcial Maciel (Degollado) gilt als Begründer der katholischen Kongregation "Die Legionäre Christi", er galt bei seinen AnhängerInnen als hochgeschätzt und wurde in seinem Wirken auch von mehreren Päpsten unterstützt. Gerade in Johannes Paul II. fand er einen wichtigen Förderer, so durfte Maciel den Papst auch auf seinen Reisen durch Mexiko begleiten. Noch 2004, als bereits kirchenintern lange bekannt war, welche ungeheure Schuld Maciel auf sich geladen hatte, gratulierte ein nun schon völlig weltabgewandter und kranker Papst, Johannes Paul II., zum 60-jährigen Priesterjubiläum.

Maciel, geboren in Mexiko, wurde schon 1939, als 19-Jähriger, von seinem Priesterseminar ausgeschlossen, bereits ein Jahr später wurde er vom nächsten Seminar ausgeschlossen, hierzu gibt es zwei Begründungsvarianten: Maciel begründete seine Ausschlüsse damit, dass man ihm nicht gestatten wollte, zusammen mit einigen Mitbrüdern einen eigenen Orden zu gründen; er gab an, einem Ruf Gottes folgen zu wollen. Andere Quellen nennen seine homosexuellen Neigungen, die entdeckt wurden, als Ausschlussgrund.

Bereits in jungen Jahren führten ihn seine Wege in den Vatikan und es wurde ihm auch durch gute Kontakte zum spanischen Franco-Regime gestattet, erste Seminaristen in Spanien auszubilden.

Erwähnenswert ist auch, dass Maciel in seiner Studienzeit durch die Verwandtschaft zu gleich drei Bischöfen gefördert wurde.

Als sein Lebenswerk gilt die Gründung der Kongregation der Legionäre Christi, die allerdings innerhalb und außerhalb der Kirche einige Kritik erfuhr und noch mehr in der Gegenwart erfährt. Dennoch konnte Marciel hohe geistliche Würdenträger überzeugen und so gelang es ihm auch unwidersprochen, seinem Orden ein "Sondergelübde der christlichen Nächstenliebe" hinzuzufügen, das nichts anderes zum Inhalt hatte, als das Verbot, über negative Vorgänge im Orden zu sprechen und Kritik an der Führung zu äußern. Man sollte doch meinen, dass genau solche Strukturen Beobachter achtsam machen, denn wo offener Meinungsaustausch und Mitspracherechte von vornherein unterbunden werden, tun sich doch immerzu riesige Kloaken auf!

Was der Vatikan und wichtige Würdenträger (bishin zu Päpsten) über Jahrzehnte verschwiegen, bläht nun einen riesigen Teppich ordentlich auf, unter den zahlreiche schwerste Verbrechen an Leib und Seele gekehrt wurden! Was nun aus diesem Teppich hervorquillt, muss auch als das bezeichnet werden dürfen, was es - inzwischen auch unwidersprochen durch den Vatikan - ist: Furchtbarste körperliche und seelische Gewalt an zahlreichen jungen Männern, die durch perfides Verdrehen eines angeblichen göttlichen Willens hörig und willig gemacht wurden - von Maciel selbst und einigen seiner ebenfalls missbrauchenden Mitarbeiter. Ein ehemaliger Seminarist sagt in der im ORF gezeigten Doku "Die Legionäre Christi - ein Skandal im Vatikan" dazu: "Ich glaube, Maciel mit seiner maßlosen sexuellen Gier hat die Legionäre Christi nur gegründet, damit ihm ein Harem voller junger Männer zur Verfügung steht." Nach Begreifen des Ausmaßes seiner Strafhandlungen mag man durchaus selbst zu dieser Meinung gelangen!

Man muss sich ernsthaftest damit auseinandersetzen, welcher perfiden Mittel sich Missbrauchende bedienen, um sich ihre jungen Opfer gefügig zu machen, vor allem, wenn diese Taten in einen Zusammenhang mit "christlicher Nächstenliebe" gebracht werden. Im Falle von Maciel kann dies dank Aussagen einiger seiner ehemaligen Opfer ganz klar nachvollzogen werden. Hier muss man sich auch die Zeiten, in denen diese Taten passierten, vor Augen führen und die damit verbundenen Umstände, dass Kinder und Jugendliche aus katholischen Familien dem Thema Sexualität völlig unaufgeklärt gegenüberstanden: Maciel litt laut eigenen Angaben angeblich an Erkrankungen seines urogenitalen Traktes, so verbrachte er einige Zeit auf einer Krankenstation, wohin er ausgesuchte Seminaristen lockte, um sie für sich und seine kranken Ideen gefügig zu machen. Er verlangte von ihnen, ihm - durch von ihm angeleitete Handlungen an seinen Genitalien (zur Förderung seiner Gesundheit!) - Erleichterung zu verschaffen. Die Zweifel eines 16-jährigen Seminaristen, der "wusste" (glaubte), dass jegliche Art von sexueller Handlung eine Sünde darstelle, hoffte Maciel damit zu zerstreuen, dass Masturbation für den Heilungsverlauf notwendig sei. Neben dem medizinischen Vorwand benützte er jedoch auch seine kirchliche Autorität, indem er erzählte, er habe eine besondere Erlaubnis von Papst Pius XII., auch die Nonnen hätten die Erlaubnis, seine Genitalien zu massieren.

Was bleibt, ist das fassungslose Entsetzen über soviel Dreistigkeit und moralische Verkommenheit, die zweifelsohne auch Verantwortlichen im Vatikan zugeschrieben werden muss: Dem Vatikan sollen erste Meldungen über sexuelle Übergriffe bereits seit den Jahren 1943, 1944 vorgelegen haben! Doch erst 2006, zwei Jahre vor seinem Tod, musste Maciel die Leitung des Ordens niederlegen. Über Jahrzehnte hat Maciel sich übelst an zahlreichen jungen Menschen vergangen, die Leiden dieser wurden nie gehört! Jetzt endlich konnten sich einige den Weg an die Öffentlichkeit verschaffen, um das Ungeheuerliche aufzuzeigen - und nun wird ihnen auch geglaubt!

Eines ist ganz sicher: Wem solches Unrecht widerfährt, dem muss es gestattet sein, sich medial Redefreiheit verschaffen zu dürfen, sofern er seine Vergangenheit offenlegen möchte; auch, um weiteres Unheil für andere möglichst abwenden zu können!

Als bestätigte Tatsache gilt inzwischen ebenso, dass der von vielen hochverehrte Geistliche Beziehungen zu zwei Frauen unterhielt, die ihn auch zum Vater machten. Eine zusätzliche Tatsache ist, dass Maciel auch seine eigenen Kinder missbraucht hat!

Außer Streit steht inzwischen auch, dass Maciel Drogen konsumierte und auch einen Plagiatsvorwurf auf sich zog, ebenso hat er ihm und seiner Gemeinschaft anvertraute Gelder missbräuchlich verwendet.

Es bleibt die Frage, was aus einem dermaßen verkommenen Unmenschen einst ein scheinbar so strahlendes Vorbild machen konnte? Es vermag des Menschen Sehnsucht, im Außen immerzu nach menschlichen Vorbildern Ausschau zu halten, durchaus solche Prozesse fördern. Doch braucht es unbedingt jene Vorbilder, um im eigenen Leben zu wachsen und zu reifen? Wie oft sind jene Vorstellungen, die häufig unseren Blick für Tatsachen verstellen, irreführend! Nicht wenigen Menschen wurden in der Anlehnung an Vorbilder letztendlich tiefe Verletzungen zugefügt, an deren Heilung sie zeitlebens arbeiten mussten / müssen!

Eine große Konferenz soll diese Woche im Vatikan das Kapitel "Sexueller Missbrauch in der Katholischen Kirche" aufarbeiten. Es bleibt viel zu tun, denn wovon wir in den Medien hören, ist wohl nur die Spitze eines Eisberges, dessen reale Höhe wohl nicht letztgültig eingeschätzt werden kann.

Letzte Woche wurde im ORF ein Gespräch zwischen Kardinal Schönborn und der eh. Nonne Doris Wagner ausgestrahlt. Seelischer, geistiger und auch sexueller Missbrauch in den nun vielfach bekannten Dimensionen, da sind sich sogar viele kircheninterne Fachleute inzwischen einig, wird durch Machtstrukturen und Hörigkeitsdenken, wie sie eben in der Katholischen Kirche herrschen, eindeutig gefördert. Es ist unumgänglich, hier anzusetzen und Menschen, vor allem aber Frauen, die innerhalb dieses Systems arbeiten, zu ermutigen, ihren eigenen Verstand zu gebrauchen, um das, was als Taten von ihnen eingefordert wird, stets zu hinterfragen.

Diese Tatsache brachte auch Doris Wagner zur Sprache, die ich als sehr wortgewandt und äußerst gebildet einschätze - und trotzdem hat sie die ihr übertragenen Dienste immer demütig als gottgewollt verstanden, bis zu dem Tag, als ihr grenzenloses Vertrauen in die Richtigkeit aller Vorgänge hinter klösterlichen Mauern brutalst zerstört wurde. 2014 traf Doris Wagner kirchenintern noch auf taube Ohren, als sie für die Vergewaltigungen, die ihr zugefügt wurden, und für die manipulierenden Strukturen innerhalb ihrer Gemeinschaft klare Worte fand.

Ebenso schilderte sie das Schicksal einer Nonne, die durch die Vergewaltigung eines Priesters schwanger wurde. Durch diesen Mann wurde sie zur Abtreibung gezwungen, an deren Folgen sie verstarb. Diese Fakten sind schon empörend genug, allein, die Geschichte ist noch nicht vollends nacherzählt: Das Requiem für die junge Nonne wurde von dem Priester gehalten, der zwei Menschen, die junge Frau und ihr Ungeborenes, auf dem Gewissen hat!

Die kirchliche Gewalthierarchie spricht vielerorts jedes Recht auf eine frei gelebte Persönlichkeit ab und reicht in meiner persönlichen Einschätzung bis zu einem "Vater im Himmel", der nichts weiter als eine über Jahrhunderte angeschwollene Projektion des patriarchalen Mannes ist. Im Fokus dieser völlig überspannten, von vielen Narzissten und Psychopathen geprägten, sowie groß angelegten internationalen katholischen Sekte liegen meines Erachtens vor allem materielle Interessen. Nachkommenlose Männer und Frauen sind nun mal die besten Voraussetzungen dafür, dass über viele Jahrhunderte nichts Materielles nach Außen abfließen kann ...

Man kann nur hoffen - und wenn man noch an eine höhere Gerechtigkeit glauben kann, auch dafür beten -, dass sich in der Katholischen Kirche endlich jene Verantwortungsträger durchsetzen können, die den Unsinn vieler Gebote, Verbote und Regeln endlich an jenen Platz verbannen, wo er auch hingehört: in eine ruhmlose Vergangenheit, für alle Zeiten sicher hinter Schloss und Riegel!

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