Das Geschenk Ein alter Mann saß in einem Bus. In seinem Arm hielt er einen wundervollen Blumenstrauß.
Ein junges Mädchen konnte seinen Blick nicht von der Blumenpracht lassen. Immer wieder schaute es zu den bunten Blüten und lächelte scheu.
Kurz vor der nächsten Haltestelle stand der Mann auf und ging zu dem Mädchen. Er reichte dem Mädchen den Strauß und sagte: „Ich habe gesehen,
dass du diese Blumen liebst. Sie sind eigentlich für meine Frau. Aber ich denke, meine Frau hätte gerne, dass du sie bekommst. Ich gehe jetzt zu ihr und erzähle ihr, dass ich dir die Blumen geschenkt habe.“
Das Mädchen nahm den Strauß mit einem nun strahlenden Lächeln.
Als der alte Mann ausstieg, sah es ihm noch nach. Und er verschwand durch ein Tor, welches zu einem kleinen Friedhof gehörte.
Von dieser Geschichte fühle ich mich besonders berührt. Denn sie zielt genau da in mein Herz, wo mein Gefühl dafür sitzt, dass es vielen Menschen schwer fällt, einander zu Lebzeiten Freude, Zuneigung, Respekt zu schenken.
Und: Diese Geschichte könnte sich genau so ereignet haben ... Lass uns einmal davon ausgehen! Dieser alte Mann hat sehr viel Liebe in seinem Herzen, die er trotz seines so großen Verlustes ungehindert strömen lassen kann. Und dieses junge Mädchen, es wird sich noch lange an diese einzigartige, liebevolle Begegnung erinnern: Hier wurde in wenigen Augenblicken eine Brücke zwischen zwei Menschen errichtet, die aus völlig unterschiedlichen Generationen stammen. Das Verständnis zwischen diesen Generationen, man weiß es, ist nicht immer vorhanden, oft bestehen auch auf beiden Seiten viele Vorurteile.
Wie glücklich können wir uns daher schätzen, Menschen mit Empathie zu begegnen!
Empathie ist das Vermögen und die Bereitschaft, sich in ein DU einzufühlen. Anders als Mitleid findet Empathie zwischen zwei Menschen auf einer gleichen Ebene statt.
Dieses echte Einfühlungsvermögen scheint rar gesät zu sein, gerade wenn ich jene Orte betrachte, an denen junge Menschen ihre ersten, oft noch wackeligen, jedoch durchaus selbstständigen Schritte ins Leben wagen. PädagogInnen in Kindergärten, Schulen und Nachmittagsbetreuungen wünsche ich mir mit einer natürlichen Autorität versehen, sodass sie erst gar nicht auf die Idee kommen, ihren - ihnen anvertrauten - jungen Menschen mit seltsamer Ironie, Sarkasmus oder völlig ungeeigneten Erziehungsmitteln entgegen zu treten.
An dieser Stelle eine Begebenheit, die mich (nach einigen Tagen) noch immer beschäftigt:
Einer meiner Schüler hatte seine Hausübung auch noch mit einem Wochentag gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung war etwas verwirrend und ließ zweierlei Deutungen zu: a) Entweder, diese Hausübung sollte bis zu diesem Tag erledigt werden oder b), diese Hausübung sollte an diesem Tag erledigt werden. Wir entschieden uns für Variante a).
Es stellte sich jedoch im Nachhinein heraus, dass seitens der Lehrerin Variante b) vorgesehen war.
Man sollte meinen, es sei keine Verfehlung, dass mein Schüler hier bereits etwas vorgearbeitet hatte! Ein freundlicher Kommentar und ein „Fleißig!“ wären hier sicherlich pädagogisch wertvoll gewesen. Die Lehrerin meines Schülers entschied sich jedoch dazu, die Hausübung auszuradieren, damit sie der Schüler noch einmal zu erledigen hatte - termingerecht!
Angesichts solcher unsinniger, auch respektloser Vorgehensweisen, von denen ich unzählige erzählen könnte, wallt in mir mein Sehnen hoch, diesem System nicht mehr zu dienen.
Ich vermisse zu oft eine menschliche und auch fachliche Eignung bei jenen, die Lehrende sind. Man wird nicht automatisch zu einem geeigneten Lehrenden, nur weil man eine pädagogische Ausbildung absolviert hat!
Auch kommt es meinerseits immer wieder zu Begegnungen mit Menschen, die genau die gleichen Gründe anführen, diversen (angeblich) pädagogischen Stätten den Rücken gekehrt zu haben.
Ich (er)kenne unter Gleichgesinnten Unbehagen, dass wir leider insgesamt noch zu wenige sind, die eine wertschätzende, ganzheitliche Begegnung mit Kindern und Jugendlichen leben.
Vielerorts vermisse ich auch das Interesse und die Unterstützung der Eltern, was natürlich mehrere Ursachen haben kann. Nicht immer gelingt es Eltern, eine glückende Verbindung zu ihren Kindern herzustellen und diese zu erhalten. Eine der größten Tragödien, die unsere hektische, oberflächliche und mediengeile Gesellschaft verursacht!