Licht aus! Niemand zuhause!
Sicher kommt es vielen allzu bekannt vor: Man tut etwas, was man „eigentlich“ nicht mehr tun wollte.
Der Geist ist willig, aber das Gewissen schlecht?
Danach fragt man sich wieder einmal: Warum denn schon wieder ? Was macht es mir unmöglich, ein deutliches „Nein!“ zu platzieren?
Auf einem meist sehr langen Weg aus der „Ja!-Falle“ ist es hilfreich, sich selbst sehr gut und ehrlich einschätzen zu können. Der Blick in die Vergangenheit hilft ebenfalls, um einerseits Verhaltensmuster und andererseits die eigenen Konditionierungen zu erkennen. Je objektiver die Rückblenden, desto größer die Chance, dieses altbekannte Muster aufzulösen! Seriöse Feedbacks von außen können in diesem Prozess sehr unterstützend sein.
Wie also funktionieren die Auslöser, die ein schlechtes Gewissen erzeugen? Worauf stützen sie sich?
Die Umstände, unter welchen Menschen schnell bereit sind, sich auf Vorschläge, Ideen oder Bitten ihres Gegenübers einzulassen, sind längst entschlüsselt. Meist basieren diese Umstände auf anerzogenen Denk- und Verhaltensmustern. Diese Muster knüpfen direkt an unsere psychischen Grundbedürfnisse an, die der Psychologe und Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun folgendermaßen zusammenfasste:
Wir wünschen uns,
* wertvoll zu sein
* geliebt zu werden
* frei zu sein
* verbunden zu sein
Zwischen Freiheit und Verbundenheit ergibt sich ein offensichtlicher Widerspruch, der allerdings von den meisten Menschen in eine Balance gebracht werden möchte: Wir wollen zwar einerseits selbstbestimmt sein, andererseits jedoch einer Gemeinschaft angehören.
Meine Erziehung war eine sehr strenge; es war selbstverständlich, zu akzeptieren, dass man viel zu geben hat! Leistung zählte in meiner Familie zu den wichtigsten Errungenschaften im Leben, über diese Komponente wurden auch die unterschiedlichen Arten von elterlicher Aufmerksamkeit kanalisiert.
Erst das Leben hat mir in seiner unermesslichen Geduld und Weisheit beigebracht, dass ich auch liebenswert bin, ohne Leistungen vollbringen zu müssen. Heute weiß ich um diese Tatsache, dennoch neige ich immer noch dazu, dies zu vergessen.
Für unser Wohlgefühl und unsere Gesundheit ist das Selbstwertgefühl eine unverzichtbare Voraussetzung. Einbahnen, die sich aus Einseitigkeiten beim „Geben und Nehmen“ entwickeln, können problematisch für jede Art von Beziehung werden – ob im Beruf, in Paarbeziehungen oder in Freundschaften.
Im Erwerbsleben können drei Kategorien Klarheit darüber verschaffen, wie wir unsere Ressourcen einsetzen wollen: Der Sozialpsychologe Barry Schwartz teilt Arbeit in die Kategorien Jobs, Karriere und Berufung ein. Eine Berufung wird nicht als Arbeit, sondern als Aufgabe erlebt, die Sinn stiftet und nicht nur ein Einkommen sichert. Jobs hingegeben werden als reine Einnahmequellen erlebt, wobei eventuell eine Karriere folgen kann.
Mit Sicherheit wird der / die Berufene ein sehr persönliches Engagement in seine Aufgaben einfließen lassen, während hingegen Jobs mit einer gewissen emotionalen Distanz erledigt werden können.
Wohl selten ist das Selbstwertgefühl bei einem Menschen so stark gefestigt, als dass er völlig unabhängig von der Meinung anderer wäre.
So ist es sehr wichtig, herauszufinden, welche die Knöpfe sind, auf die gedrückt wird, wenn jemand vereinnahmend agiert!
Um raus aus der Zwangsjacke des "Sich-Verpflichtet-Fühlens" zu kommen, kann es auch hilfreich sein, unterstützende Literatur zu lesen. In meinen eigenen Bücherregalen steht seit längerer Zeit ein Buch, das ich vor kurzem zur Hand genommen habe, weil es jetzt notwendig ist, meine „Nein!-Fähigkeit“ zu stärken.
Der Titel des Buches lautet „Lass dich nicht vereinnahmen“, Autorin ist Sigrid Engelbrecht, erschienen in der GU-Reihe. Es werden in sehr übersichtlichen und leicht zu lesenden Kapiteln u.a. unsichtbare Fesseln beschrieben, mit denen man sich selbst die Freiheit nimmt. Das Buch bietet auch praktische und umsetzbare Strategien der Selbstbestärkung sowie zur Entlastung, und zeigt auch deutlich typische Vereinnahmungsstrategien auf.
Ich bin übrigens ganz sicher, dass dieses Thema der Abgrenzung - in Selbstverantwortung - derzeit viele Menschen beschäftigt …
Ein besonders guter Tag, um neu zu denken und neu zu handeln, ist übrigens aus energetischer Sicht immer der Montag!
Mit einem Zitat von Martin Luther wünsche ich viel Kraft und Ausdauer, um diesen Prozess erfolgreich zu meistern: „Der Mensch kann sich ändern, die Welt sich erneuern – sprichst du nur das eine kleine Wörtlein: Nein.“