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Wenn Eltern alt werden




Wenn unsere Eltern alt, schwächer oder gar krank werden, dann finden wir Kinder uns häufig in Situationen wieder, wo wir für unsere Eltern sorgen müssen. Die Versorgerrolle dreht sich also um - denn unsere Eltern werden dann, und besonders, wenn auch dementielle Erkrankungen dazu kommen, gleichsam zu unseren Kindern.


Mir ist schmerzlich bewusst, dass die körperlichen Hüllen meiner eigenen Eltern längst gravierende Schwächen aufweisen und ihre Lebensqualität darunter auch sehr leidet. Ich verstehe, dass sie sich auch dadurch Eigenbrötlereien angewöhnt haben, die es allerdings uns, ihren Kindern, alles andere als leicht machen, immer die nötige äußere und innere Gelassenheit auszustrahlen.


Diese letzten Jahre im Leben von alten Menschen können große Einschnitte im Familiengefüge bedeuten, die meistens nicht reibungslos ablaufen. Es ist oft nicht einfach, bei jenen Menschen, die über viele Jahre für ihre Kinder gesorgt haben, eine Akzeptanz dafür zu erreichen, dass eine über Jahrzehnte gelebte und gewohnte Selbstständigkeit leider nicht mehr gegeben ist. Eltern fühlen sich dann bevormundet und in ihrer Freiheit eingeschränkt und versuchen daher mitunter nach Kräften sowie mit unterschiedlichen Mitteln, gegen die Fürsorge ihrer Kinder vorzugehen. Ich glaube nicht, dass es dabei in erster Linie darum geht, ihren Kindern vorsätzlich schaden zu wollen. Ich spüre die oft fehlende konstruktive Haltung bei alten Menschen viel mehr als einen riesigen Verzweiflungsakt - als einen Akt des Aufbäumens gegen das, wogegen man letztendlich machtlos ist. Und genau diese Machtlosigkeit drückt wohl mit Vehemenz auf die Seelen von betagten Menschen.

Genau dieses Aufbegehren erlebe ich auch bei meinen Eltern. Wenn ich nach anstrengenden Stunden mit meinen Eltern, die mich nicht nur physisch, sondern vor allem auch psychisch sehr fordern, endlich wieder auf dem Weg zu meiner bewussten inneren Mitte bin, dann muss ich meine Schuldgefühle und selbstkritischen Gedanken ordnen: Nicht immer kann ich - aus unterschiedlichen Gründen - jene Geduld für meine Mutter und meinen Vater aufbringen, die ich von mir selbst jedoch so intensiv einfordere.

Doch die Zeit, die ich jetzt mit meinen Eltern verbringe, bietet mir auch die Möglichkeit, noch unentdeckte berührende Details, vielfach früher Verschwiegenes, in den Biografien meiner Eltern zu entdecken.


Es ist in Familiensystemen auch nicht immer einfach, zusammen mit den Geschwistern über alle Vorkehrungen und Entscheidungen tragfähige Kompromisse zu erzielen, deren Ergebnisse im besten Fall auch im Sinne der Eltern sind. Diese Diskussionen und Gespräche können sich mühsam gestalten, sind durchaus auch mit gegenseitigen, oft unbewussten Verletzungen verbunden und fordern ebenfalls viel Kraft.


Und vor allem dort, wo es in der Vergangenheit zu Verletzungen gekommen ist, bekommt das Vergeben eine große Bedeutung. Und ich erkenne, dass selbst das Land der kühnen Träume, in welchem meine Mutter stets so gerne verweilte, in immer weitere Ferne rückt!

Die Zeit, sie ist nicht unendlich, sie ist begrenzt ... und doch, es gibt ein unauflösliches Band innerhalb einer Familie ...


#Menschen #Familie #Kinder #Verzeihen #Zeit Foto: Pixabay, Tania Van den Berghen

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