Ich kann mich gewiss nicht zu jenen Reisenden zählen, die die Welt gesehen haben.
Das wird sicherlich auch nie der Fall sein. Dennoch habe ich reges Interesse, wenigstens geistig in die weite Welt vorzudringen. Was ich mir nicht persönlich und vor Ort erschließen kann, lasse ich mir gerne in (bewegten) Bildern und mittels Texten vermitteln. Mir sind Museen, Ausstellungen, Fotos, Filme, Dokumentationen, Bücher und spannende Blog-Berichte kostbar, um mir Menschen, Orte, Lebensweisen und Lebensräume von Menschen, ihre Kultur erlebbar zu machen.
Natürlich sind all diese Quellen kein Ersatz für das echte Erleben von Menschen, ihrer Lebensräume und ihrer Kultur - dazu bedarf es tatsächlich des Reisens.
Ich zähle allerdings nicht zu jenen Reisenden, die gerne in der Luft unterwegs sind, lieber ist mir eindeutig Boden unter den Füßen.
Tatsächlich bin ich erst zweimal mit dem Flugzeug gereist, doch beide Urlaube sind mir aus unterschiedlichen Gründen lebhaft in Erinnerung.
Meine erste Flugreise, die ich mit meiner Schwester erlebte, führte nach Kreta. Diese Insel ist mir in bester Erinnerung, nicht nur, weil wir ein gutes Hotel gewählt hatten und auch in dieser Weise vorfanden, sondern auch, weil die Menschen sehr freundlich waren, das Essen im Hotel hervorragend mundete und vor allem, weil diese Insel Naturfreund*innen viel Abwechslung bietet. Am Meer den Blick in eine unendlich scheinende Weite schweifen zu lassen - unvergleichlich, solche Momente! Auch die Sonnenuntergänge - einzigartig! Wilde Schluchten, fruchtbare Ebenen und Berge, all das bietet Kreta. Wer sich zu zahlreichen antiken Ausgrabungsstätten und Plätzen begeben möchte, wird gewiss ebenfalls nicht enttäuscht sein, denn die minoische Kultur gilt als die älteste Hochkultur Europas.
Ich erinnere mich ebenfalls noch an eine Fahrt mit einem Bus, um die Insel etwas zu erkunden: Einige Klöster und Kirchen haben mich sehr beeindruckt, auch Kri-kris, die wilden Ziegen Kretas, die sogar Olivenbäume erobern, haben sich in meine Erinnerungen eingebrannt. Schließlich sind wir auf unserer Bustour auch am Strand von Vai gelandet, eine sehr schöne Erfahrung. Dieser Strand liegt inmitten des größten natürlichen Palmenwaldes Europas und war einst auch Drehort für die Bounty-Werbung.
Diese Reise war eine, wie ich sie gerne in all ihrer Unkompliziertheit auch in Hinblick auf meine zweite Flugreise erlebt hätte ... Die Heimreise war mit Bedauern verbunden, auf Kreta hätte ich mich noch länger wohlgefühlt.
Die zweite gemeinsame Flugreise führte meine Schwester und mich nach Sizilien, an den so berühmten Ort Taormina. Als sehr schön empfinde ich immer noch die Lage von Taormina, aber auch die kleine Stadt selbst, die sich terrassenartig auf dem Monte Tauro ausbreitet. Wer altes Gemäuer liebt und auch die Nachbarschaft des immer noch aktiven Vulkans Ätna nicht scheut, ist an diesem Ort richtig. Auch wurde die Stadt schon in der Vergangenheit gerne von Künstler*innen bereist, jedenfalls von solchen, die sich gediegene Hotels leisten konnten. Die Sizilianer*innen, denen wir begegnen sollten, waren meistens freundlich, kein Zweifel, dennoch empfand ich auch Aufdringlichkeit.
Der Reiseverlauf war leider von einigen sehr unangenehmen Begleitumständen geprägt. Zunächst stellten wir am Ankunftsflughafen fest, dass mein Koffer nicht gelandet war. Für einen Menschen wie mich, der gerne alles unter Kontrolle hat, ein erster herber Tiefschlag, nein: eine Katastrophe! Meine Schwester, die Vielgereiste, nahm die Angelegenheit sehr viel gelassener. Ich konnte leider gar nichts mit ihrer Idee anfangen, nun wie wild auf Shoppingqueen zu machen, um zuhause der Versicherung die Kosten für die neu erworbene Kleidung vorzulegen. Lust auf Einkäufe hatte ich überhaupt keine, ich besorgte tatsächlich nur das notwendigste, im Übrigen hatte sich mein Stress auf meinen damals schon empfindlichen Magen geschlagen.
In den folgenden Tagen rief meine Mutter, die sofort in mein Unglück eingeweiht wurde, energisch immer wieder die zuständigen Stellen an, um herauszufinden, wo sich mein Koffer befand. Doch es dauerte fast die gesamte Urlaubswoche, bis das Rätsel gelöst werden konnte ...
Die nächste herbe Enttäuschung war das Hotel, zwar bot die Dachterrasse einen wunderschönen Ausblick auf das Meer, aber unser Zimmer selbst war schmuddelig und sehr beengt. Schon bei unserem ersten Abendessen sollten wir zudem feststellen, dass zuerst die Mitarbeiter*innen ihr Mahl - stets vor den Augen der Gäste - einnahmen, dann erst die hungrigen Gäste. Ob das mit Gastfreundschaft zusammengeht?
Ein echtes Highlight in diesem Urlaub gab es allerdings auch, denn im Teatro Greco kam es zu einer großartigen Begegnung mit einer wahren Musiklegende: Compay Segundo trat mit Begleiter*innen auf und bereitete uns einen sehr schönen Abend - allerdings mit enormer Verspätung: Die Band musste noch eilig einen Kontrabass auftreiben, denn dieser war leider nicht auf Sizilien gelandet ... So hatten wir lange Zeit, um den Anblick des malerischen Teatros sowie den Ausblick auf den Ätna und das abendliche Glitzern der Häuser und Hotels auf uns wirken zu lassen.
Für meine nun wieder strahlende Laune an unserem letzten Abend sorgte außerdem der Umstand, dass mein Koffer nun tatsächlich gelandet war - er war durchaus weit gereist und wurde auf einem Flughafen in Teheran(!) wohl mehrfach misstrauisch beäugt.
Nach dem Konzert gab es noch ein denkwürdiges Zusammentreffen in einem Straßencafé mit wunderschön geschminkten und gekleideten Frauen, die an unserem Nebentisch Platz genommen hatten. Nur bei genauerer Betrachtung ihrer Schuhe (die auffällig groß waren) und bei aufmerksamem Hinhören konnte ich erstaunt feststellen, dass es sich bei diesen Frauen eigentlich um Männer handelte. Faszinierend!
Diese Reisen liegen nun schon mehr als zwanzig Jahre zurück - dennoch gibt es noch recht bunte Erinnerungen daran, natürlich auch in Form von Fotos.
Ganz besonders habe ich mich immer für die Kulturen des Orients interessiert. Der Orient ist zweifelsohne die Wiege erster Hochkulturen. Der Orient begeisterte mich lange mit seiner für mich unfassbar schönen Baukunst, ebenso mit seiner pulsierenden Buntheit an Leben, auch hatten einst viele Religonen Platz in dieser Welt. All dies konnte ich nie als Reisende erleben, Wünsche danach gab es einst reichlich, aus unterschiedlichen Gründen konnte ich sie nicht realisieren.
In Venedig fühlte ich mich tatsächlich einige Male dem Orient sehr nahe, besonders die Basilica di San Marco zeugt von byzantinischem Erbe.
Das Perserreich fand ich ganz besonders faszinierend, es ist ein Reich voller Geschichte und Geschichten, es wurde eine Kultur gepflegt, die vielen Wissenschaften den Boden ebnete und die Kunst der Dichtung hochhielt. Muslimische Gelehrte waren vor allem als Ärzte, Mathematiker und Astronomen tätig.
Doch was ist davon geblieben? Es erfüllt mich mit großem Bedauern, wie sehr diese Region, in der einst Kultur sowie Kultiviertheit und auch Toleranz Platz hatten, gegenwärtig von Unfrieden und Kriegen gezeichnet ist. Besonders tragisch finde ich die Unterdrückung der Frauen, wie dies auch in einem Spielfilm gezeigt wird, der diese bittere Realität eindringlich beleuchtet.
Foto: C* - im Jänner 2023 eingetaucht in die begeisternde Welt der Österreichischen Nationalbibliothek
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