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Lichterglanz und Winterstimmung


Ein Spaziergang in der weihnachtlich geschmückten Stadt Linz - ich nähere mich dieser Stadt wieder etwas an, nicht räumlich, aber emotional.

Als ich auf dem Weg zum Bus auf meinen Hausberg blicke, sehe ich ihn in ganz feiner weißer Hülle vor mir. Wie sehr ich mich über den ersten Anblick von winterlichem Weiß freue!

Meine Wege führen derzeit häufiger in die Stadt und so setze ich mich vermehrt mit ihren Vorzügen auseinander. Viel Kritik an den Vorgängen in dieser Stadt habe ich ja durchaus schon geübt. Wohnen möchte ich in Linz nicht mehr, zumindest nicht mehr im Zentrum der Stadt. Eines Tages ist es vielleicht vernünftig und möglicherweise nötig, wieder näher heranzurücken, doch dieser Tag möge mir bitte noch lange fern bleiben!


Wenn die Zeit auf Weihnachten zugeht, scheint es mir in den letzten Jahren, dass ich doch nicht ganz immun gegen ein bisschen Kitsch bin. Jedenfalls wird mir das klar, als ich den Winterwald an der Linzer Landstraße, Ecke Bischofstraße, betrete. Und gerade tanzen auch die ersten Schneeflocken in der Stadt, mein Herz singt vor Freude, mein Lächeln ist breit. (Den Linzer Pöstlingberg bedeckt seit heute ebenfalls ein feines Häubchen Schnee, das sieht aus, als hätte Frau Holle ein wenig Puderzucker verteilt.)

Vor ein paar Tagen war ich schon hier und bin ein bisschen herumspaziert, nichtsahnend, wie sehr mich dieser Winterwald positiv überraschen würde ...

Bereits am Eingang erwarten mich hübsche Figuren, sie wirken etwas altmodisch - und genau das mag ich! Es gibt hier nichts zu erwerben, was man unter den Christbaum legen könnte, jedoch können Tee, Punsch, Glühwein und auch Nahrhafteres genossen werden. Noch sind wenige Menschen hier, das wird sich aber schnell ändern. Die Menschen, die schon da sind, kommen so wie ich aus dem Staunen überhaupt nicht raus. Zu bestimmten Terminen wird es im Winterwald auch stimmungsvoll musikalisch.

Mitten in all diesem Zauber leuchten nicht nur Kinderaugen. (Und nein, heute denke ich einmal nicht in erster Linie an Ressourcenverschwendung, wenn ich all diese Lichterketten sehe. Heute möchte ich das Ambiente einmal in Ruhe auf mich wirken lassen. Lichtvolles weiß ich besonders derzeit durchaus zu schätzen. Es zündet einen Funken Hoffnung in meinem Herzen.)

Ganz unerwartet auf meinen Wegen durch die Bäume des Waldes, vorbei an kuscheligen und romantischen Sitzgelegenheiten, roten Weihnachtskugeln, Engelsflügeln und Hütten, taucht auf einmal eine Kutsche auf, auf welcher ein unheimliches Wesen in Lebensgröße sitzt und mich aus feurigen Augen wild anfunkelt.

Da werden frühe Erinnerungen wach ... Fast macht sich Entsetzen in mir breit. Diese Schiachpercht wird mir allerdings nichts tun, weshalb ich mich geradezu mutig an sie heranwage.

Bald werden sie wieder zusammen mit den Krampussen ihr Unwesen in den Straßen treiben, die wilden Perchten.


Als ich mich endlich von dieser furchteinflößenden Percht lösen kann, entdecke ich wenige Meter weiter noch zwei Perchten, sie wirken noch unheimlicher. Das finden auch die Menschen, denen ich begegne. Sie strömen mehr und mehr herein, in diesen wunderbaren Wald.

Es wird Zeit, den Winterwald wieder zu verlassen, langsam strebe ich dem Ausgang zu ...


Es gibt in der weihnachtlich geschmückten Stadt bestimmt noch mehr zu bestaunen.

Weiter geht es über die doch sehr belebte Landstraße, ich bin neugierig, was sich in den Geschäften tut.

Fast überall ist dekoriert, mir fällt auf, dass die Dekoration in vielen Geschäften stilvoller wird, was mich freut. Die bunten Kugeln, die da von den Zweigen grüßen, die finde ich hübsch, die Dekoration passt sehr gut zum Ambiente des Gebäudes insgesamt.


In den letzten Jahren habe ich meine Freude an Wichteln entdeckt. Ich muss sie nicht im Übermaß haben, aber besonders in dieser natürlichen Form gefallen sie mir.

Ich beschließe, so wie schon vor zwei Jahren, die Menschen in der Hausgemeinschaft, in der meine Mama lebt, zu bewichteln, mit Kleinigkeiten. Geburtstag hat meine Mama auch bald, ich werde in den nächsten Tagen in die Konditorei meines Vertrauens gehen und dort eine Torte für die Feier bestellen.

Auch die Wohngemeinschaft, in der mein Vater lebt, wird heimlich ein Wichtel besuchen. Es ist meine Art, den Mitarbeiter*innen in beiden Häusern DANKE zu sagen und den Bewohner*innen eine kleine Überraschung zu bereiten.


Ein Ausflug in die Vergangenheit

An dieser Stelle ein paar Blicke in eine bekannte Seitenstraße zur Landstraße, in die Bischofstraße: Hier befinden sich einige wunderschöne Innenhöfe, einen davon kenne ich bestens aus meiner Kindheit. Manchmal *muss* ich auch heute noch eintreten und diesen ruhigen Hof mit den schönen alten Gebäuden auf mich wirken lassen. Die Bischofstraße kann ich jedem Menschen empfehlen, der Lust auf Besonderes hat. In unmittelbarer Nähe zum Linzer Mariendom (auch "Neuer Dom" genannt; der "Alte Dom" - vielleicht weniger bekannt als Ignatiuskirche - steht nicht weit entfernt in der Domgasse) befinden sich sehr schöne Läden, die alles anbieten, was der Mensch für Leib und Seele braucht.


Auch ist die Bischofstraße in historischer Hinsicht sehr beachtenswert.

Hier lebten einst Juden und Jüdinnen, bis es zu all den bekannten und furchtbaren Schreckensereignissen rund um den "Anschluss" und in der Zeit danach kam. Ein prominenter Rechtsanwalt (sein Schicksal ist dokumentiert), Karl Schwager, der 1936 einstimmig zum Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Linz gewählt wurde, wurde in der Bischofstraße 7 verhaftet und konnte nur unter der Auflage freikommen, dass er mit seiner Familie das Land verlassen werde. Karl Schwager starb 1980 in Palästina.

Gerade Linz kann sich seiner so schmachvollen Vergangenheit überhaupt nicht entziehen, galt doch die Stadt als jene, der sich Adolf Hitler mit soviel Begeisterung und großen Plänen zuwandte. Daran wurde auch erst vor kurzem wieder in einer Veranstaltung erinnert, auf welcher der bekannte ORF-Moderator und Journalist Tarek Leitner über eben diese geschichtsträchtige Bischofstraße sprach. Die Bischofstraße war auch das Zuhause des Vaters von Tarek Leitner, der somit als Bub auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer gewissen Familie Eichmann (wohnhaft Bischofstraße 3) lebte, deren Sohn Adolf mitverantwortlich war für die Ermordung von rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden. (Otto Adolf Eichmann hat sich übrigens selbst nie als Antisemit gesehen, was auf mich wie blanker Hohn wirkt. Hannah Arendt war es, die sich in ihrem erstmals 1963 erschienen Buch Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen Eichmanns Persönlichkeit widmete und damit heftige Konfrontationen auf sich zog. Sie schilderte Eichmann u.a. als "pflichtbewusst" und dem damaligen "Gesetz gehorchend".)

Gerade wenn ich jetzt durch die Landstraße gehe, vorbei an Polizeiautos oder Polizist*innen, und in die Bischofstraße einbiege, denke ich an die Schrecken der Vergangenheit und der Gegenwart - und ich sehne mich nach weihnachtlichem und immerwährendem Frieden für diese Welt ... Wir haben nur diese eine Welt! Wir sind alle Menschen - und das sollte uns doch einen!

Jesus wurde als Kind jüdischer Eltern in einem Stall zu Bethlehem geboren. Er wurde zum Begründer des Christentums. Seine Lebensgeschichte zeigt uns überdeutlich, wie nahe wir uns gerade als Christ*innen und Jüd*innen sein könnten.

Judentum, Christentum und der Islam - als Abrahamitische Religionen zusammengefasst. Das wichtigste Gebot auf Erden sollte doch lauten, MENSCH zu sein!


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