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Altes Handwerk, das begeistert



Wie schon vor drei Jahren waren wir auch gestern wieder am Stehrerhof, um uns an verschiedensten Aktivitäten, die in der traditionellen Druschwoche stattfinden, zu erfreuen.

Der Stehrerhof in Neukirchen an der Vöckla (Oberösterreich) fungiert schon seit 1978 als Freilichtmuseum, das äußerst interessante und vielseitige Einblicke in das bäuerliche Leben im 19. Jahrhundert vermittelt. Vieles in diesem Museum erinnert mich an wunderbare Zeiten in meiner Kindheit (-> weitere Fotos), als ich immer wieder einige Wochen im Winter und im Sommer bei meinen Verwandten verbrachte.

Alle Räume bieten einen authentischen Einblick in eine Zeit, als die Betttuchenten und Pölster der Bauersleut' und ihrer Kinder in den kalten Monaten klamm und hart vor Kälte waren und es noch lange keine Elektrizität in bäuerlichen Haushalten gab. Einzig eine Bettwärmepfanne, die mit glühenden Holzkohlen bestückt werden konnte, bot eine Möglichkeit, sich Wärme unter der Tuchent zu verschaffen, während an den Fenstern hartnäckig Eisblumen wucherten. Kerzenschein erhellte (wohl auch nicht ausreichend) die niedrigen Räume, ein wenig fortschrittlicher waren später die moderneren Petroleumlampen. Ein Kachelofen verschaffte der Familie in der Stube etwas Wohlbehagen, während die nassen Socken, bei schwerer Arbeit getragen, auf den Holzstangen rund um den Kachelofen zum Trocknen platziert waren. Ein Kruzifix war in allen Räumen angebracht, ebenso wie unverzichtbare Heiligenbilder, auch gestickte Sprüchlein auf Deckchen und Pölstern erinnerten einst verlässlich daran, dass der Herr selbst alles Treiben in den Räumen zu überblicken vermochte.



Was ist denn das Besondere an dieser Druschwoche?

Ganz sicher sind es für viele Menschen die herrlichen Bauernkrapfen, die nicht nur an Ort und Stelle verzehrt werden, sondern auch in großen Mengen mitgenommen werden. Doch die Krapfen alleine machen nicht die vielen Besucher*innen. Am Stehrerhof gibt es in der Druschwoche, die alljährlich im September stattfindet, tolle alte Handwerke vor Ort zu bestaunen, die von sachkundigen Menschen ausgeführt und sehr gerne erklärt werden. (Im eigenen Handwerkerhaus werden übrigens insgesamt annähernd 70 Handwerke und Tätigkeiten dargestellt.) Auch diesmal ist ein Schmied in seine Arbeit vertieft und der Geruch, der dabei entsteht, ist nicht besonders geeignet für feine Nasen, wie meine Nase irritiert vermeldet.

Aus Zirbenholz werden in einem anderen Raum wunderschöne Dinge für den Alltag und auch ganz Besonderes fürs Auge gefertigt; an einem weiteren Tisch kann ich einen älteren Mann beim Klöppeln beobachten: Bewundernswert, diese Technik überfordert mein Auge bereits beim Betrachten seiner sicheren und zielgerichteten Wahl - der Mann weiß genau, wie er die zahlreichen Holzspulen mit dem dünnen Garn daran in der richtigen Reihenfolge verdreht, verkreuzt, verknüpft oder zum Verschlingen bringt. Nichts für schwache Nerven, wie ich meine, diese können allerdings beim Spinnen rasch wieder beruhigt werden. Mit der Fachfrau, die zufrieden lächelnd vor sich hinspinnt, komme ich unmittelbar ins Gespräch. Immerhin, beim Stricken kann ich mitreden.



Auf ein weiteres altes Handwerk möchte ich unbedingt hinweisen, nämlich auf das Binden von Raschschuhen: Tatsächlich habe ich davon noch nie gehört und so bin ich fasziniert davon, dass Schuhe aus Gras hergestellt werden können. Das Raschgras ist ein lang wachsendes Gras, das im getrockneten Zustand zu Zöpfen von einer Länge bis zu 8 Metern geflochten wird. Diese Graszöpfe werden mit Rundnadeln verarbeitet, Schuhen aus diesem Material wird ein hoher Tragekomfort nachgesagt.


Während in den Räumlichkeiten altes Handwerk bestaunt wird, geht es im Hof hoch her. Ein Dampfer wird in Betrieb gesetzt, er faucht nur so vor sich hin, die Leute klatschen begeistert. Ich vermute, einige haben schon tief in mehrere Mostgläser geschaut - und nicht nur das, sie dürften dieses Getränk auch schon fleißig verkostet haben. Schnell ein paar Krapfen hierher, denn wer keine gute Unterlage hat, der ist gar rasch betrunken!

Der Dampfer treibt eine Dreschmaschine zum Dreschen von Getreide an, die Getreidekörner werden auf diese Weise aus den Ähren geschüttelt. Danach müssen die Getreidekörner noch von Samenkörnern, Steinchen und Spreu gereinigt werden. Dann erst können die Körner zu Mehl verarbeitet werden. Ich finde es sehr wichtig, dass die Druschwoche auch mit Schüler*innen besucht wird, sie sollen sich darüber bewusst werden, wie lange der Weg vom Feld bis zum Brot auf den Tischen war - und immer noch ist! Brot, Gebäck und Mehlspeisen sind kostbar, das spüren wir gegenwärtig ganz besonders, weil wir von der Kornkammer der Welt, der Ukraine, so abhängig sind ...


Allmählich haben wir alles erlebt, was es in dieser so speziellen September-Woche am Stehrerhof zu erleben gibt.

Ein schöner, abwechslungsreicher und auch genussvoller Tag neigt sich dem Ende zu, ich bin sicher, wir kommen wieder einmal zur Druschwoche!


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