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Kinder und ihre Umgebung



In meinem Beruf habe ich unzählige Kinder und ihre Familien begleitet. Dabei habe ich Kinder und Erwachsene aus vielen Ländern kennengelernt. Ich hatte es mit Kindern aus unterschiedlichen familiären Strukturen und Kulturen zu tun. Auch die Religionszugehörigkeit spielte in meinem beruflichen Alltag eine große Rolle.


In all diesen Jahren haben mich viele dieser Kinder mit ihren oftmals schon sehr tragischen Lebensgeschichten sehr berührt. Bis in die Gegenwart habe ich es nie geschafft, mich von Gehörtem, Erlebtem und Erzähltem so zu distanzieren, wie mir das von mir sicherlich Wohlwollenden immer wieder geraten wurde. Mein tiefes Mitgefühl war immer auch Motor dafür, Kinder dazu zu ermuntern, sich auf vielfältige, oft auch sehr bunte Art und Weise zu offenbaren. Sie durften sein, was sie waren und sind: Kinder!

Ich habe mein Bestes gegeben, wenn es darum ging, zuzuhören, was mir meine mir anvertrauten jungen Menschen erzählt haben. Manchmal allerdings war es kein Hören von ausgesprochen Worten, sondern tatsächlich erzählte das Beobachtete eines stummen Mädchens oder Buben, der zurückgezogen in einer Ecke, allein und weitab von anderen saß, auf einer Couch lag oder unter einem Tisch saß, sehr viel mehr. Diese unausgesprochenen Worte - ich habe tatsächlich vieles aus Kinderseelen und Kinderherzen wahrgenommen, nicht immer war es allerdings möglich, all das, was sich mir an Unausgesprochenem deutlich zeigte, sofort zu hinterfragen: Wenn ein Kind nicht über seine Gefühle und Gedanken sprechen wollte, dann war es ganz an mir, dieses wortlose Schweigen zu respektieren. Doch ich habe meine Gelegenheiten gefunden, auf dieses bekümmerte, müde, manchmal auch depressive Schweigen einzugehen. Und wenn sich auch dann keine Gespräche ergaben, so konnten die Mädchen und Buben immer sicher sein, jederzeit bei mir Gehör zu finden. Manchmal war auch einfach nur ein "beschützenwollendes" Halten möglich - und selten, aber doch, war nicht einmal diese Berührung gefragt. Dann waren auch so manche Zeichnungen aussagekräftig, hier zeigte sich mitunter, was auf einer Kinderseele lag ...

Ich habe meinen Beruf nicht als Aufforderung verstanden, Kinder zu formen. Überaus wichtig war mir allerdings, Kinder in ihren individuellen Bedürfnissen zu sehen und zu begleiten. Sehr wohl habe ich meinen Auftrag auch dahingehend verstanden, Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass sie wertvolle Wesen sind. Es mag mir nicht immer in ausreichendem Maße gelungen sein, doch viele kindliche Reaktionen in unterschiedlichen Momenten zeigen mir, dass meine liebevollen Absichten bei den allermeisten meiner mir anvertrauten Kinder angekommen waren.


Ich musste mich nicht allzuoft wundern, dass mich dieser Beruf gefunden hat. Ich habe begriffen, dass mich mein eigenes Aufwachsen in einem schwierigen Elternhaus empathisch gemacht hat für die Ohnmacht, die Trauer und die Wut von Kindern. Ich habe in der Aufarbeitung meiner Themen verstanden, dass Kinder niemals zwischen ihre Eltern gestellt werden dürfen! Sie sollen und dürfen niemals zu Schiedsrichtern zwischen streitenden Eltern gemacht werden! Es ist definitiv ein Verbrechen an kindlichen Seelen, wenn Kinder zu Richtern und Staatsanwälten ihrer Eltern gemacht werden! Die Folgen eines solchen elterlichen Missbrauchs sind dramatisch, sie reichen manchmal bis an das Lebensende eines "Kindes"! Darüber gibt es auch viele kluge Bücher; wichtig ist mir immer, dass das Gelesene auch in das Handeln von Eltern einfließt: Beziehungsprobleme und ihre Bewältigung sind keine Betätigungsfelder für Kinder, mögen sie auch noch so erwachsen und ernsthaft wirken!

Es ist mir ein inniges Bedürfnis, das in meiner Arbeit mit Kindern und auch mit deren Eltern Erlebte sichtbar zu machen. Über so einiges darf einfach nicht geschwiegen werden, groß ist auch immer wieder meine Kritik an gesellschaftlichen Systemen. Es ist mir oft unerträglich, wie gleichgültig vieles einfach nicht beachtet wird und so weiterhin unter dem Deckmantel von "Üblichem" und "Gewohntem" sein menschenzerstörendes Unwesen treiben kann.


Wenn Du mehr über meine Arbeit lesen möchtest, achte bitte auf meine Einträge unter "Ähnliche Einträge" im Anschluss an diesen Beitrag.

Ich danke Dir für Deine Aufmerksamkeit!


Bild: Foto Haus - C*, Foto Mädchen - Pixabay, Prashant Sharma

6 Kommentare

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6 comentarios


Rosa Ananitschev
Rosa Ananitschev
27 ago 2022

Genauso stelle ich mir einen Menschen vor, der Kinder begleiten soll/darf – als einen, der ihnen Verständnis entgegenbringt, feinfühlig ist und ihnen zuhören kann, der die Gefühle eines Kindes ebenso ernst nimmt wie die eines Erwachsenen. Denn Kinder empfinden viel tiefer und stärker, als Erwachsene, und das, was sie fühlen, verfärbt oft ihr ganzes Leben.

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C*
C*
27 ago 2022
Contestando a

Ich habe es als Kind häufig erlebt, mich nicht ernstgenommen gefühlt zu haben, ganz sicher gebe ich deshalb mein Bestes im Umgang mit Kindern.

Ein Leben lang werden Kinder von ihren Erlebnissen beeindruckt sein ... Das höre ich auch das eine oder andere Mal von ehemals von mir begleiteten Kindern, wenn ich sie als junge Erwachsene (manchmal schon mit eigenem Nachwuchs) treffe.

Es berührt mich sehr, wenn wir in unsere gemeinsame Zeit zurückblicken ...

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stemmer.recklinghausen
stemmer.recklinghausen
23 ago 2022

Wichtig in einem solchen Beruf ist m.E., die Fähigkeit, zwischen Mitgefühl und Mitleiden unterscheiden zu können und zwar nicht nur kognitiv, sondern auch im Erleben und im Umgang mit den entsprechenden Wesen.

Herzliche Morgengrüße - vor der erneuten großen Hitze

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C*
C*
23 ago 2022
Contestando a

Definitiv ist diese Fähigkeit wichtig! Zwischen beidem, nämlich zwischen Mitgefühl und Mitleid auch in der "Umsetzung" zu unterscheiden, war immer eine Herausforderung für mich.

Ganz sicher ist dies ebenso eine Herausforderung für junge Menschen und aus meiner Beobachtung auch ein Grund, warum einige nach relativ kurzer Zeit in diesem Beruf wieder das Handtuch werfen. Dies im Übrigen auch, weil die Bedingungen rund um solche Berufe - ich kann diese allerdings nur in Österreich einsehen - alles andere als attraktiv sind! Die Suche nach geeigneten Mitarbeiter*innen gestaltet sich als sehr aufwändig und recht ergebnislos, das erlebe ich seit Jahren!

Herzliche Grüße retour!

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Brigitte Fuchs
Brigitte Fuchs
20 ago 2022

Oh ja, ich teile deine Ansichten über Kinder.

Sie wollen ernst genommen werden in ihren Fragen, Problemen und ihrer Persönlichkeit.

Das schafft nur eine gegenseitige Vertrauensbasis.

Respekt und ein offener und ehrlicher Umgang miteinander sind dabei unglaublich wichtig.

Mit einem lieben Gruss,

Brigitte

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C*
C*
20 ago 2022
Contestando a

Liebe Brigitte,

herzlichen Dank für Deinen Kommentar!


Ich denke, es wäre oft wunderbar, könnten wir Erwachsene bei manchen Themen selbst wieder wie junge Kinder werden, nämlich unvoreingenommen, neugierig, offen, hoffnungsvoll, ...

Wie kann man kindliche Fragen nicht ernst nehmen? Ich bin oftmals über hämische Antworten von Erwachsenen ziemlich erschüttert.

Respekt gegenüber anderen Menschen, egal, wie alt diese sind, blüht vermutlich am ehesten dort, wo sich auch erwachsene Menschen respektiert fühlen: Zynismus habe ich auch unter KollegInnen immer wieder vernommen - und wenn ich darüber nachdenke, warum das so war, stoße ich häufig auf Schmerzvolles. Solches, das im eigenen Leben nicht verdaut wurde - und dann an Kinderseelen abgeladen wurde!

Ich bin am Verarbeiten meiner Berufsjahre - es kommt einiges in…


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