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Das Fest des Jahres



Das vergangene Wochenende hat vielen Teilen der Schweiz und zahlreichen Orten Deutschlands und Österreichs üppige Schneelandschaften mit einem hohen Romantikfaktor beschert. Nun ist es also gewiss, Weihnachten steht vor der Tür! Auch das erste Kerzlein am Adventkranz hat schon seinen warmen Schein verbreitet und viele Menschen befinden sich in freudiger Erwartung.

Ich frage mich ja meist um diese Zeit, was denn nun die Menschen erwarten? Was erwarten sie in diesem Jahr, worauf freuen sie sich?

Mein persönliches Weihnachten spielt sich in den letzten Jahren in den Wochen zuvor ab, es ist der Advent, der mich innerlich so sehr berührt. Es ist die Natur, die sich im Spätherbst so vollends zur Ruhe begibt, die mich begeistert; es ist die wunderbare Stille, die mich bei mir selbst einkehren lässt.


Normalerweise. Heuer ist das ein bisschen anders. Stille kann auch bedrohlich wirken. Vor einigen Tagen habe ich etwas erfahren, das mich sehr belastet. Ein Mensch, der an einer äußerst schweren Krebserkrankung leidet, liegt schon seit Wochen im Krankenhaus. Ein schwerer Rückfall, dabei sah es vor einigen Monaten noch sehr viel besser aus. Wenn ich an diesen Menschen denke - und das passiert sehr häufig in diesen Tagen -, verspüre ich großen Kummer. Ich begegne meinen tiefsitzenden inneren Ängsten, ich spüre überdeutlich, wie sehr mir drohende menschliche Verluste zusetzen. Als belastend empfinde ich auch, dass ich ein Ziehen in dem Bereich meines Körpers empfinde, wo der Krebs bei diesem Menschen wütet. (Dieses Unwohlsein war übrigens schon da, bevor ich wusste, wie ernst die Lage ist ... Ich weiß um meine Hochsensitivität, ich habe sie nach meiner Erkrankung entdecken dürfen, vor zwanzig Jahren.)

Als besonders schlimm habe ich meine Verlustängste eben vor genau zwanzig Jahren erlebt, als ich im Herbst ernsthaft erkrankt war: Mein schweres Burnout hat mich insgesamt mehr als ein Jahr beschäftigt, dazu kam eine tiefe Depression, wochenlang wurde ich niedergerungen von einer kalten, grausamen Schwere und Dunkelheit, begleitet von massiven körperlichen Schmerzen. Ich war über diese Zeit ein Pflegefall und hatte das Glück, dass meine Mutter damals noch fit genug war, mir diese Pflege in der elterlichen Wohnung zu ermöglichen. Ich konnte nichts, gar nichts mehr für mich selbst machen. Eingehüllt in mehrere Lagen von Decken habe ich tage- und nächtelang geschlafen, gefroren und geschwitzt, wilde Träume haben mich zum Weinen gebracht. Ich träumte davon, in der eiseskalten und grauen Welt der Toten gefangen zu sein und den Weg ans Licht nicht mehr zu finden. Ich konnte meine Welt rundum nicht mehr wahrnehmen, mein Gesicht war, wenn ich es betrachtet habe, zur bewegungslosen Maske erstarrt. Ich war völlig abhängig von der Zuwendung meiner Mutter. Hätte meine Mutter meine Pflege nicht übernommen, so wäre ich im Krankenhaus gelandet, das war bereits mit dem Arzt besprochen. Wenn meine Mutter aus dem Haus gehen wollte, weil sie etwas zu erledigen hatte, bekam ich Panik. Immer hatte ich eine übermächtige Angst, sie würde nicht mehr zurückkehren.

Woher diese tiefen Ängste rühren, habe ich, als das Schlimmste überwunden war, in vielen Stunden zusammen mit großartigen Menschen, die mich in dieser schweren Zeit begleitet haben, herausgefunden. Darum weiß ich heute, was ich benötige, wenn ich spüre, dass sich das Elend dieser Welt wieder auf mich legt.


Aus meiner eigenen Geschichte heraus kann ich mir vorstellen, wie sich diese Zeit rund um Weihnachten für Menschen anfühlen kann, die keine Freude an diesem Fest des Jahres empfinden können.

Ich habe mir jahrelang aus Weihnachten nichts gemacht. Erst in den letzten Jahren habe ich plötzlich wieder eine sehr ursprüngliche Freude mit dieser Zeit entdecken können. Es sind die wunderbaren Erinnerungen an meine Weihnachten im Haus meiner Großeltern, die mich mit diesem Fest versöhnt haben.


Ich wünsche allen Menschen, die in diesen Tagen Schweres erleben, dass sie nicht alleine sind.

Ich bin dankbar, dass ich so viele genussreiche Momente verbringen kann: Wie gerne bin ich in den stimmungsvoll geschmückten Straßen unterwegs, wie gerne gönne ich mir einen herrlich duftenden Tee, ein köstliches Stück Kuchen - zusammen mit lieben Menschen. Das Zusammensein mit liebevollen Menschen ist es, was mir den Advent so bedeutungsvoll macht: Einander eine gute Zeit schenken, Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Verbundenheit, Liebe.


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