"In der Politik ist Dummheit kein Handicap."
(Napoleon I. Bonaparte)
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"Ich habe mich prahlerisch wie ein Teenager verhalten und peinlich übersteigert agiert. Damit habe ich den wichtigsten Menschen in meinem Leben zutiefst verletzt. Nämlich meine Frau. Liebe Philippa, ich weiß, dass du jetzt zusiehst. Ich kann verstehen, dass du verletzt und enttäuscht bist. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen, denn es tut mir aufrichtig leid und ich möchte mich von ganzem Herzen bei dir entschuldigen."
Heinz-Christian Strache war vom guten Aussehen einer angeblichen "Oligarchin" äußerst angetan, dies auch unter Einfluss von Alkohol, wie er in seiner Erklärung am 18. Mai vor JournalistInnen zugab. Wie er außerdem erklärte, erinnere die Art und Weise, wie es überhaupt zu diesem fast siebenstündigen "Ibiza-Video" kommen konnte, auch an Methoden von Geheimdiensten und sowieso sei alles von linken Kreisen eingefädelt worden. Über seine "Mata Hari" äußerte er sich wörtlich zu seinem politischen Kumpan, Johann Gudenus, auf Ibiza folgendermaßen: "Bist du deppert, die is schoarf!"
Ich weiß, wie sich Alkohol auf mich auswirkt, weshalb ich eher selten danach greife - zu sehr genieße ich die Schadstofffreiheit meines Bewusstseins. Ich denke, so derart betrunken, wie Strache in seinem öffentlichen Statement wehleidig von sich gab, war er nicht, denn seine schrägen, aber durchaus durchdachten Visionen, wie künftig diverse Unternehmen personell ausgerichtet sein sollten, seine Partei finanziert und die Kronen Zeitung übernommen werden sollte, waren sehr klar und verständlich formuliert. Seine wiederholten Bekenntnisse zur Einhaltung der Gesetze sind nichts wert, weiß man doch nun überdeutlich, von welchen sehnsüchtigen Machtfantasien Strache gesteuert wird. Man folgt in den Video-Ausschnitten Fantasien eines Mannes, der sich einige Stunden in einer Art narzisstischem Rausch selbst gefällt - so jedenfalls die Wirkung von Straches Prahlereien.
Es wird nun schon emsig eine Täter-Opfer-Umkehr betrieben und wohl auch weiter daran gefeilt, was gar nicht untypisch ist, nachdem miese Machenschaften den Teppich, unter dem sie geheimgehalten werden sollten, so deutlich emporgehoben hatten, sodass sie daraus - wenn auch unbeabsichtigt - geradezu hervorquellen mussten.
Für mich ist klar, dass es ähnliche Gespräche wie jene auf Ibiza öfter und bei so einigen Anlässen gibt - quer durch (fast) alle Parteien - Glück für den, der dabei (noch) nicht erwischt wurde! Die Kloake, die stechenden Geruch verbreitet, ist in der Politik und im Wirtschaftsleben weit verbreitet. Gerade "mächtige" Männer oder solche, die sich selbst dafür halten, fallen immer wieder auf weibliche Reize, die ihnen serviert werden, herein. Dass es diesbezüglich offensichtlich keinen bleibenden Lerneffekt gibt, ist jedenfalls vielfach überliefert.
Ich meine, bei der Produktion dieses Videos wurden ethische Grenzen überschritten, denn es wurde eine Privatsphäre verletzt - dennoch ist der Inhalt von höchstem öffentlichem Interesse und daher war die Veröffentlichung richtig. Den JournalistInnen der Süddeutschen Zeitung und des Spiegels ist kein Vorwurf zu machen. Dass der Satiriker Jan Böhmermann, dem die FPÖ zutraut, die Bombe gezündet zu haben, beste Kenntnisse von diesem Video hatte, hat er bereits durch Wortmeldungen im April, anlässlich der Romy-Verleihung, bewiesen, aber auch vorigen Donnerstag: "Kann sein, dass morgen Österreich brennt." Als Durchführenden dieses doch sehr groß angelegten Drehs ist er keinesfalls denkbar - da waren wohl doch einige - professionelle? - Personen involviert! Es musste ein Lockvogel engagiert werden, der wochenlang auf Gudenus angesetzt wurde, um ein gewisses Vertrauen aufzubauen, die Villa musste organisiert werden (Mann sollte sich ja schließlich wohl fühlen!), ebenso wie ein technisches Equipment herangeschafft und installiert werden musste.
Auch, wenn es jetzt noch nicht denkbar scheint; mich würde es nicht besonders überraschen, sollten sich die sogenannten "Geheimdienstler" im Umfeld der eigenen Partei finden ... Bekanntlich befinden sich in der Politik die intimsten Feinde gerne in den eigenen Reihen und nicht unbedingt im "gegnerischen" Lager!
So gab es in der Vergangenheit gerade in Österreich in einigen Parteien immer wieder Angriffe auf die Führungspersönlichkeiten - wohlgemerkt: aus den eigenen Reihen! Darüber kann beispielsweise der ehemalige Vizekanzler und ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner ausführlich berichten, er musste 2017 Sebastian Kurz Platz machen.
Als Zuseher der deutschen Fernsehsendung "Versteckte Kamera" mag man durchaus nach einigen Streichen an diversen Prominenten belustigt sein (diese stellen sich im Nachhinein ja auch als harmlos heraus), doch ist mir nach vielen Stunden vor dem Bildschirm nun überhaupt nicht mehr zum Lachen. Anfangs, am Freitagabend, als ich die ersten Meldungen zum "Ibiza-Video" im ORF sah, fand ich die längst überfällige Demaskierung des Heinz-Christian Strache noch amüsant, doch schon am Tag danach, als immer mehr Details durchsickerten, war mir klar, dass der Schaden, den Strache durch sein höchst ehr- und gewissenloses Verhalten unserem Land zugefügt hat, enorm ist!
Es besteht auch seitens Experten die Einschätzung, dass Österreich als Wirtschaftsstandort unattraktiver werden könnte - das hätte sehr unangenehme Folgen. Auch, aber nicht nur deshalb müssen alle Anstrengungen über die Parteigrenzen hinweg unternommen werden, Österreich mit möglichst ruhiger Hand durch die hohen Wellen, die der Skandal - samt seinen sicherlich noch nicht ausgestandenen Nachwehen - geschlagen hat, zu manövrieren.
Damit wird Österreich noch lange beschäftigt sein und überhaupt: Wie soll es denn nach den Wahlen weitergehen? Was, wenn die ÖVP unter Kurz prozentuell etwas zulegt - mit wem soll sie denn koalieren?
Mit einer SPÖ, die sich schon seit einigen Jahren nicht einig ist, in welche Richtung sie ziehen soll - immerhin auf Kosten ihrer Glaubwürdigkeit, die Partei der Arbeiter und kleinen Leute zu sein. Selbst die derzeitige "Führung" unter Rendi-Wagner wird schon längst wieder hinterfragt. Zudem werden die Chancen, an einer Regierung beteiligt zu sein, zweifelsohne schwinden, sollte die SPÖ einen Misstrauensantrag gegen Kurz einbringen, was ja gerade überlegt wird. Was, wenn Kurz die Zustimmung in seiner Partei abhanden kommt? Dann gibt es möglicherweise wieder einmal eine langwierige Suche nach einer Führungsperson.
Und: So mancher FPÖ-Wähler mag durchaus derzeit etwas verschnupft sein, doch letztendlich wird die Stimmung rechtzeitig wieder "Jetzt erst recht!" lauten. Dann würde sich rechnerisch wieder eine Mehrheit für eine Neuauflage einer Koalition der gerade erst gescheiterten Parteien ausgehen ... wir erinnern uns, das hat es in Österreich schon gegeben! Doch ich bin der Meinung, dass mit Leuten mit derartig niederen Gesinnungen, wie wir sie unter vielen Freiheitlichen gerade in den letzten Monaten deutlich vernommen haben, kein Staat zu machen ist!
Die derzeitige Situation mag für die grüne Partei eine Chance sein, es wieder in den Nationalrat zu schaffen, doch ist diese Partei überhaupt wieder in sich geeint? Sind die Themen der Grünen für die Wählerschaft attraktiv genug? Was kann den Neos gelingen?
PolitikerInnen müssen jedenfalls eines verinnerlichen: Es geht in der Politik nicht darum, machttrunken im eigenen Interesse Gesetze zu beschließen und diese, zugespitzt auf die eigenen Vorteile, anzuwenden.
Es geht um uns, das Volk, die Bürger und Bürgerinnen, und es geht um unser Land! Es geht darum, eine Staatskrise zu verhindern und eine Regierungskrise ehestmöglich zu beenden, eben durch rasche Neuwahlen und im Anschluss durch sinnstiftendes und staatsmännisches Regieren - ehrenhafte und zukunftsbewusste Menschen, denen Österreich ein Herzensanliegen ist, mögen sich an die Arbeit machen!