top of page

Wir leben zweimal

  • Autorenbild: C*
    C*
  • 30. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit
ree

Schon bei der Zeugung von menschlichem Leben steht fest, dass bereits der Grundstein für das Sterben gelegt ist. Nicht anders verläuft das Leben von Tieren, Gleiches gilt für das Pflanzenreich. Alles Erdgebundene scheint also zunächst einmal vergänglich.

Jedes Lebewesen ist aus Zellen aufgebaut. Die notwendigen Anweisungen für Wachstum und für unterschiedliche Lebensprozesse sind im Erbgut der Zellen enthalten. Ich finde diese Erkenntnisse faszinierend und kann das Leben in all seiner unfassbaren Vielfalt - wo immer ich es beobachte und spüre - keinesfalls für einen Zufall halten. In meinem Glauben steht dahinter eine schöpferische Urkraft; eine Kraft, von der ich mir allerdings kein Bild machen kann, obwohl zumindest in römisch-katholischen Gotteshäusern manchmal gar prachtvolle Deutungen von "Gott" zu sehen sind. Die Beobachtung der Natur stärkt ganz klar meinen Glauben an eine universelle Kraft, für die ich allerdings keinen Namen erfinden müsste.


Die Frage, wohin wir einst gehen werden, begleitet mein Leben. Besonders im Spätherbst, auch rund um Allerheiligen und Allerseelen, wird dieses Kreisen um das Danach intensiver: Sterben - ein Leben in ein unsichtbares wandeln?

Tod - was kommt danach? Kommt überhaupt etwas danach? Der ewige himmlische Frieden, das ewige Licht, die ewige Ruhe? Oder kann es sein, dass es Seelen bestimmt ist, erneut eine irdische Erfahrung zu machen?

Trauern - wie lange dauert dieser Prozess? Wandelt mich dieser Prozess in einen tieferen Menschen? Werde ich jene geliebten Menschen, die schon vorausgegangen sind, einst wiedersehen?

Es gibt nichts Irdisches, das uns das Fehlen eines geliebten Menschen ersetzen kann, man muss es einfach aushalten. Je schöner und einzigartiger meine Erinnerungen sind, desto schmerzhafter erlebe ich an manchen Tagen das Fehlen von geliebten Menschen.

Manchmal kann ich mich erinnern, ohne mich vom Stachel des Verlustes durchdrungen zu fühlen. In solchen Momenten fühle ich mich diesen Menschen nahe, sie leben in meiner Erinnerung. Ich kann viele schöne Erinnerungen (Link) als kostbare Geschenke annehmen.


Seit einigen Jahren kenne ich die Vertonung von Rilke's Gedicht Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen. 

 

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,

die sich über die Dinge ziehn.

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,

aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,

und ich kreise jahrtausendelang;

und ich weiß nocht nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm

oder ein großer Gesang.


Hier die vertonte Version, einzigartig rezitiert von Mario Adorf. Montserrat Caballé begleitet ihn.


Foto: C* - am Wiener Zentralfriedhof

 
 
 

6 Kommentare


Brigitte Fuchs
Brigitte Fuchs
01. Nov.

Fragen dieser oder ähnlicher Art drängen sich an Tagen wie diesen auf. Auch ich finde es wichtig, das Leben so zu führen, dass sich die Fragen, ob wir nach dem Tod etwas erwarten dürfen oder nicht, möglichst erübrigen.

Ich selber strebe ein lebens- und liebenswertes irdisches Dasein mit meinen Liebsten und allen Anderen an und will mir am Lebensende keine Vorwürfe machen müssen, will nichts Wesentliches verpasst haben. Daran halte ich mich Tag für Tag und weiss, dass mir dieses eine Leben in all seiner Vielfalt vollauf genügt. Und die schönen Erinnerungen an bereits verstorbene Familienmitglieder und Freunde sehe ich als Geschenk an.

In diesem Sinne wünsche ich dir und uns einen freudvollen Start in den November. Lieben Gruss, Brigitte

Gefällt mir
C*
C*
01. Nov.
Antwort an

Liebe Brigitte,

vielen Dank für Deine Gedanken.

Ich staune immer wieder, dass sich Menschen, egal wo auf dieser Welt, diese Fragen stellen und auch ganz unterschiedliche Ideen oder Vorstellungen dazu haben. Es sind Fragen, die uns Menschen zu einen scheinen und doch haben wir wohl alle unseren eigenen Glauben darüber. Es wäre für mich interessant, wie des Menschen Vorstellung wäre, wenn es die so prägenden Religionen nicht gäbe.

Abseits dessen ist es allerdings sehr wichtig, in diesen Fragen nicht hängen zu bleiben, sondern im Hier & Jetzt ein erfülltes Leben zu leben.

Der November beginnt mit Sonnenschein und das macht Freude.

Herzliche Grüße, C Stern

Gefällt mir

andreaobi
31. Okt.

Liebe C Stern, deine Gedanken sind sehr interessant, in vielen finde ich die meinen wieder.

Was auch hinter allem stehen mag, ich bedanke mich zumindest dafür, dass ich starke Gefühle, intensives Empfinden mitbekommen habe auf diese Reise, die ich jetzt erlebe. Gab es eine vorher, gibt es danach eine ... oder sind es immer wieder neue Reisen, die wir durchleben? Fakt ist, dass etwas dahinter stecken muss, hinter dem Leben, und niemand sagen kann, was das ist. Aber ich darf selbst an das glauben, was ich mag, und genau so auch fühlen. Wie du auch schreibst, sind mir die Lieben, die mich verlassen haben, in bestimmten Momenten nah. Ich kann sie fühlen, und das ist schön.


Ein lieber Gruß zu…

Gefällt mir
C*
C*
31. Okt.
Antwort an

Liebe Andrea,

herzlichen Dank für Deine geteilten Gedanken.

Ich neige stark dazu, an Seelenreisen zu glauben, also an ein Wiedergeborenwerden. Ich habe Dinge erlebt, die mich darin bestärken, etwa auch einen sehr starken Wandel meines Lebens vor ziemlich genau 20 Jahren. Damals war ich schwer depressiv, musste mich ein Jahr komplett aus der Berufswelt zurückziehen und habe in dieser Zeit einige sehr tiefgehende Aufarbeitungen meiner Lebensgeschichte auf mich genommen. Auch körperlich gab es Auswirkungen, die nicht nur der Depression zuzuordnen waren. Es war mehr als das, mein Leben wurde neu aufgestellt, nicht nur durch mein Zutun, sondern auch durch schicksalhafte Begegnungen.

Ich interessiere mich seit vielen Jahren für Nahtoderlebnisse. Habe Bücher gelesen, in weiteren Quellen recherchiert und habe auch einen…

Gefällt mir

stemmer.recklinghausen
stemmer.recklinghausen
31. Okt.

Ich lebe mit dem Verlust geliebter Menschen,

unabhängig von der Antwort, ob ich sie nach meinem Tode wiedersehe oder nicht.

Tröstlich ist der Gedanke allerdings, von ihnen empfangen und begrüßt zu werden.

Tröstlich ist vielleicht aber auch, wenn man sich auf dem Sterbebett sagen kann:

Ich habe mein Leben gelebt!

Und so will ich dann auch leben: selbstver-antwort-lich, authentisch und möglichst stringent,

vor allem liebevoll mit mir und mit anderen.

(Diese Reihenfolge habe ich bewusst gewählt. Ich kenne nur die andere bzw. die Forderung: Liebe deinen Nächsten, der Rest fiel unter den berühmten Teppich).

Herzliche Morgengrüße

Gefällt mir
C*
C*
31. Okt.
Antwort an

Das "Ich habe mein Leben gelebt" (und somit mit Gelassenheit meine Reise antreten zu können), ist für mich auch ein Lebensmotto.

"Selbstver-antwort-lich", danke🍀für diesen Hinweis, da liegt das Authentischsein wahrlich sehr nahe.

Ich habe in meinen therapeutischen Gesprächen endlich nicht nur im Kopf verstanden, dass diese von Dir erwähnte Reihenfolge die richtige ist.

Herzliche Grüße nach Recklinghausen

Gefällt mir
bottom of page