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Schönheit

  • Autorenbild: C*
    C*
  • vor 2 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Ich lese bei Franziska Schutzbach in Die Erschöpfung der Frauen, dass eine Frau im Schnitt alle dreißig Sekunden damit beschäftigt ist, wie sie aussieht, ob etwa die Haare richtig sitzen, wie sie auf andere wirkt. Für mich ist diese Häufigkeit kaum vorstellbar, es sind vermutlich auch unbewusste Handlungen, auf welche in der Untersuchung Rücksicht genommen wurde. Jedenfalls kam Sandra Lee Bartky auf dieses mich sehr überraschende Ergebnis, sie war Professorin für Philosophie und Gender Studies an der University of Illinois in Chicago.

Dass diese Blicke mitunter keine wohlwollenden, sondern ängstliche und oft auch vernichtende Blicke auf sich selbst sind, liegt dabei auf der Hand.

Warum schämen sich Frauen für ihren Körper, ihr Aussehen? Was passiert da in Frauen, in ihrem Innen- und Seelenleben, in ihrer Umwelt? Offensichtlich haben sie die männliche Objektivierung und Beschämung übernommen. Sandra Lee Bartky im Original dazu: A woman lives her body as seen by another, by an anonymus patriarchal other.


Wir leben in einem Zeitalter der unentwegten Selbstoptimierung und der Körper-Inszenierung. Körperscham ist an der Tagesordnung. Unzählige Printmedien, Filme, die Laufstege der Modewelt, das Internet - alles voll von Inszenierungen von perfekt gestylten Stars und anderen bekannten Menschen. Dabei werden beispielsweise jene Zeitschriften, die für Frauen auf den Markt gebracht werden, von Frauen gestaltet: Jahrzehntelang haben also Frauen dafür gesorgt, anderen Frauen ein mieses Gefühl regelrecht einzupflanzen. Zwar gibt es in den letzten Jahren Bestrebungen, nicht mehr nur junge Frauen mit geschönten Figuren zu zeigen, doch das Unheil ist längst angerichtet: Unzählige Beautydocs verdienen weltweit ihre Vermögen an Frauen, die unter ihrem Aussehen leiden. Es werden Fett und Falten weggespritzt, es wird geschnitten, aufgepolstert, gestrafft, und gebleached. Frau mag es gar nicht glauben, welchen Anteil an der Unzufriedenheit über das eigene Aussehen auch der Pornoindustrie zugeschrieben werden muss. Diese Entwicklungen sind in meinen Augen erschreckend.

Es ist unter berühmten Frauen hip, sich mit nacktem Babybauch zu inszenieren, der schwangere Körper wird also gefeiert. Prominente Frauen erscheinen in vollendeter Ästhetik und vermitteln dabei die Botschaft: Ich bin schwanger, aber man sieht es mir fast nicht an. Geweberisse, Wassereinlagerungen oder Krampfadern - nicht bei mir.

Auf diese Weise werden völlig normale Prozesse des Körpers tabuisiert. Es werden weibliche Biografien konstruiert, in denen es keine Probleme mit der neuen Situation gibt - eine beglückende Mutterschaft lässt sich im Übrigen auch mit beruflichem Erfolg problemlos vereinbaren. Und wie sieht es wirklich in all diesen Promi-Frauen aus?


Ich bin zufrieden in meinem Unterwegssein zu und mit mir selbst. Gerade das Klimakterium birgt die Chance, mehr Gelassenheit zu erlangen. Ich sehe auch Gegentrends zu all den Optimierungsbestrebungen und finde daran Gefallen.

Mir fällt auf: Wer mit sich im Reinen ist, der strahlt eine Ausgeglichenheit aus, die mir tatsächlich viel erstrebenswerter ist als jedes Schönheitsideal. Es gefällt mir, meinem heiteren Spiegelbild zu begegnen.


#Buchtipps Fotos: C*


4 Comments


Brigitte Fuchs
Brigitte Fuchs
vor 2 Tagen

Es ist traurig, das zu lesen. Dabei würden doch ein wenig Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl die meisten Schönheitseingriffe überflüssig machen.

Man kann nur hoffen, dass dieser Optimierungszwang, dass dieser absurde Schönheitswahn irgendwann wieder abnimmt und einem gesunden Körpergefühl Platz macht.

Lieben Gruss, Brigitte

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C*
C*
vor einem Tag
Replying to

Mir geht es auch so, es ist bedauernswert, dennoch sehe ich auch, dass gerade von den USA aus ein neuer Trend in die Welt geht, Stichwort Natürlichkeit. Ich unterscheide zwischen ästhetischen Korrekturen nach Krankheiten oder Unfällen und solchen Eingriffen, die nur deshalb passieren, weil sich eine Frau selbst optimieren möchte. Nicht selten gehen solche Operationen auch mächtig schief. Auch habe ich schon darüber gelesen, dass sich Frauen zu Anlässen Operationen von ihren Männern schenken lassen. Ich kenne auch einen Fall, wo ein Mann seine Freundin mit einem Besuch beim Beauty-Doc überraschte, weil er dachte, dass er ihr so helfen könnte, damit ihren Selbstwert aufzubauen. Dass er mit dieser Einschätzung falsch lag, erkannte er hoffentlich in dem Augenblick, als die Beziehung…

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stemmer.recklinghausen
stemmer.recklinghausen
vor 2 Tagen

Werde die, die du bist - kann - richtig verstanden - dazu führen, sich anzunehmen, sich selbst zu lieben, alles andere wäre eine Art Selbstoptimierung, um anderen zu gefallen, anzukommen, gesehen zu werden. Herzliche Morgengrüße

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C*
C*
vor einem Tag
Replying to

Es ist wichtig, sich mit sich selbst wohlzufühlen und es ist meines Erachtens auch nicht verwerflich,

wenn Frau auf ihr Äußeres Wert legt - aber es ist eben ein sehr schmaler Grat dahin, wo Frauen hauptsächlich andere beeindrucken wollen. Ich mache auch immer wieder die spannende Beobachtung, dass gerade Frauen, die aus Glaubensgründen Kopftücher tragen wollen / müssen, oft sehr aufwendig zurecht gemacht sind. Das finde ich besonders spannend, denn oft wird ihre Attraktivität damit regelrecht unterstrichen, obwohl eigentlich das Gegenteil der Fall sein soll.

Herzliche abendliche Grüße

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