Johanna Dohnal (1939 - 2010) war eine exzellente Beobachterin und begnadete Politikerin - und sie verfügte über die Fähigkeit, weit vorauszuschauen. Das Eingangszitat könnte sie ebenso in der Gegenwart getätigt haben - würde sie noch leben.
1990 wurde "die Dohnal" vom damaligen Bundeskanzler, Franz Vranitzky, in die Regierung berufen. Frau kann gar nicht anders, als Johanna Dohnal als bekannteste Frauenpolitikerin und als Ikone der österreichischen Frauenbewegung zu bezeichnen.
In ihrem Leben finden sich viele Stationen, wo sie dazu aufgefordert war, sich mit Elan, Einfallsreichtum und Mut durchzukämpfen; so hat sie selbst erfahren, was es heißt, sich einen Kinderbetreuungsplatz nicht leisten zu können.
Als Mitgründerin des Vereins "Soziale Hilfen für gefährdete Frauen und Kinder" war sie auch für die Errichtung des ersten Wiener Frauenhauses mitverantwortlich.
Das Recht zur Betretungsverweigerung bei Gewalt in der Ehe und das gesetzliche Verbot der sexuellen Belästigung wurden auf Initiative Dohnals (in ihrer Funktion als Ministerin) gesetzlich verankert. Auch das Gleichbehandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst sowie eine Frauenquote an Universitäten und in Ministerien wurden von Johanna Dohnal durchgesetzt. Als sie gegen ihren Willen von Vranitzky 1995 aus ihrem Amt entlassen wurde - in Österreich wurden konservative politische Kräfte gerade durch den Aufstieg Jörg Haiders massiv gestärkt -, engagierte sie sich weiter in der Zusammenarbeit mit Universitäten, NGOs, Frauenorganisationen und Gewerkschaften.
Schon einmal habe ich in meinem Blog Lebenslinien Bezug genommen auf das Buch "Die Erschöpfung der Frauen - Wider die weibliche Verfügbarkeit", erschienen im Droemer Knaur Verlag.
Ich tue es wieder, aus viel zu vielen aktuellen Anlässen, und weil sich dieses Buch nun auch in meinem eigenen Bücherbestand befindet: Die Soziologin und Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach widmet sich in ihrem Buch allgegenwärtigen Feindseligkeiten gegen Frauen und zeichnet eindrucksvoll und nachvollziehbar nach, wie Frauen auf vielfache Weise beansprucht werden. Sicher werde ich künftig den einen oder anderen Gedanken dazu in meine Beiträge einfließen lassen, wie auch bereits in meinem Beitrag Schöne Welt.
Ganz aktuell brüstet sich das Arbeitsmarktservice (AMS Österreich) damit, mittels des - auf ChatGPT basierenden - "Berufsinfomaten" arbeitssuchenden Menschen wertvolle Informationen zu liefern. Ich habe diesen Infomaten heute selbst bedient und bin entsetzt darüber, wie hier auf geradezu intelligenzflüchtige Weise althergebrachte Rollenbilder bedient werden und mit Steuergeldern umgegangen wird - nebenbei finde ich es befremdlich, wie beinahe infantil und jedenfalls stillos (samt aller Rechtschreibfehler) mit deutscher Sprache umgegangen wird!
Und noch viel schlimmer: "So reproduziert der Berufsinfomat allerlei Vorurteile. Fragt man etwa in der Rolle eines jungen Mannes nach Empfehlungen für passende Jobs, kommt schnell der Tipp, sich doch im Bereich der IT umzusehen. Bei der exakt selben Fragestellung aus der Perspektive einer Frau wird stattdessen ein Studium der Genderstudies empfohlen, ein paar Sätze später werden der Arbeitssuchenden Jobs im Gastgewerbe und Küche als Karriereoptionen empfohlen." (Quelle: Der Standard)
Was wird Teenagern geraten?
Ich habe mich also versuchsweise als Mädchen informiert und erhielt Ausbildungshinweise in den Bereichen Mode und Design, Schönheitspflege, Gesundheit, Handel, Verkauf und kreatives Gestalten.
Als Burschen wurden mir die Bereiche Bau, Gebäudetechnik, Maschinen, Werkstatt, Chemie, Physik, Auto, ..., nahegelegt. Die Eingabe "divers" verwertete der Berufsinfomat offensichtlich wie "weiblich", ich erhielt Tipps, die ich exakt ebenso als "Mädchen" erhalten hatte.
Diese ehrgeizige Entwicklung, die das AMS Österreich vorgenommen hat, ist aus meiner Sicht sche bled danebngonga - und hat so nebenbei bislang 300.000 Euro gekostet. Die Probleme seien bekannt, meinte der AMS-Chef Johannes Kopf, man sei mit dem Berufsinfomaten allerdings Pionier in Europa. Meine Überlegung: Warum stellt man so etwas Unausgegorenes bitteschön online?
Das AMS Österreich erfüllt die Funktionen eines öffentlich-rechtlichen Arbeitsamtes. Im Zeichen des sogenannten technischen Fortschritts werden hier also auf gesellschaftlicher Ebene ganz hochoffiziell so viele Rückschritte gesetzt ... Wie beschämend!
#Buchtipps Foto: C* - Mural Harbor (Klick!)
wenn auf vorhandenes (auf mehrheitlich vorhandenes) zurückgegriffen wird (und das tut dieses chatGTP), dann kommt das mehrheitlich vorhandene heraus. - als ob es davon nicht schon genug gäbe!
in der tat: beschämend. vielleicht sollten wir die zukunft doch nicht maschinen überlassen?
liebe grüße, andrea
Manchmal habe ich das Gefühl wir schlittern zurück ins Mittelalter!