top of page

Gefährliche Bücher und mutige Frauen

  • Autorenbild: C*
    C*
  • vor 2 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit
ree

Filmen, die das soziale Leben und das politische Agieren im Iran beleuchten, folgen wir schon seit einigen Jahren immer wieder in unserem Programmkino, so auch mit unserem aktuellen Kinofilm.

Der israelische Filmregisseur Eran Riklis erzählt in seinem Spielfilm Lolita lesen in Teheran von wahren Begebenheiten aus dem Leben der Literaturprofessorin Azar Nafisi, die sie auch in ihrem gleichlautenden autobiografischen Buch beschreibt.

Die Schauspielerinnen, die zu sehen sind, leben im Exil und sind im Iran unerwünscht.


1979 kehren Azar und ihr Ehemann Bijan aus den USA zurück in ihre Heimatstadt Teheran. Azar möchte nach ihrem Studium in ihrem Heimatland Literatur unterrichten. Doch kurz nach ihrer Ankunft bricht die iranische Revolution aus. Von nun an wird das Unterrichten für die Professorin äußerst problematisch, immer wieder eckt sie mit den menschenverachtenden Vorgaben des Altherren-Regimes an und will sich diesem nicht beugen.

Als die Literaturprofessorin Azar Nafisi endgültig aus ihrer Lehrtätigkeit gedrängt wird, unter anderem, weil sie an der Universität den vorgeschriebenen Hijab nicht tragen will, lebt sie ihren Widerstand heimlich aus. Zusammen mit sechs Studentinnen liest sie in ihrer Wohnung in westlicher Literatur. Bei Entdeckung müssten die Frauen mit schweren Strafen rechnen.

Hier haben wir uns. Wir halten zusammen, sagt Azar Nafisi im Film. Die Frauen sitzen sich in westlicher Kleidung gegenüber und tauchen gemeinsam in verbotene Werke der westlichen Literatur ein (u. a. F. Scott Fitzgerald, Henry James, Jane Austen). Es sind dies Bücher, die von den Herrschenden dem organisierten Versuch zugeordnet werden, die Menschen im Iran zu dekadenter westlicher Kultur zu verführen.

Die jungen Frauen öffnen sich in ihren Diskussionen über die literarischen Werke und beginnen ihre enge Welt zu hinterfragen und zu verändern. Dieses wöchentliche Treffen wird zu einem Akt der Selbstermächtigung, immer drängender wird auch die Frage, ob ein Leben im Iran noch lebenswert ist.

Gerade in der Auseinandersetzung mit Vladimir Nabokovs Roman Lolita wird auch filmisch ausgeleuchtet, welche Erfahrungen mit Sexualität im Raum stehen. Viele Frauen erleben sexuelle Gewalt in ihren Beziehungen wie auch bei Gefängnisaufenthalten. Vor männlichem Machtmissbrauch sind Frauen im Iran damals wie heute völlig ungeschützt. Dass Frauen als Sittenpolizistinnen mit männlichen Kollegen gemeinsame Sache machen, ist besonders bitter. Das zeigt sich auch im Film, als eine von Azars Studentinnen im Gefängnis von einer Frau brutal ausgepeitscht wird.

Im Jahr 1997 verlässt Azar Nafisi endgültig das Land und emigriert mit ihrer Familie in die USA. Dort nimmt sie eine Professur an einer Universität an, wo sie bis heute unterrichtet.

Da mich der Film beeindruckt hat, werde ich auch das Buch lesen.


Zum Thema des männlichen Machtmissbrauchs ordnet sich aus meiner Sicht auch ein, was in der vergangenen Woche über Konstantin Wecker veröffentlicht wurde.

Wann wollen sich die Alt-68er dem Machtmissbrauch in den eigenen Reihen endlich stellen?

Es ist nicht unbedingt eine große Überraschung für mich, dass auch Herr Wecker das getan hat, was bereits einigen Künstlern und Intellektuellen aus jener Zeit der (angeblichen) sexuellen Befreiung inzwischen nachgewiesen wurde. In hohem Maße erschreckend empfinde ich allerdings die Tatsache, dass sich viele damalige Künstler als wunderbare Vermittler weiblicher Freiheiten gesehen haben. Mit so manchen Entscheidungen über ihre Körper wurden dann allerdings viele Frauen alleingelassen. Auch schwere psychische Probleme, die aus missbräuchlichen Beziehungen resultieren, hatten und haben Frauen einsam zu ertragen.

Es fällt mir persönlich sehr schwer, das Werk vom Künstler zu trennen. Ich ertrage diese unfassbare Doppelmoral des Herrn Wecker nicht, dass er uns mit linksliberalem Gedankengut in seinen Liedern und Reden daherkam und zeitgleich gegen so einiges verstieß, was Menschlichkeit ausmacht.

Einen sehr aufschlussreichen Artikel dazu habe ich im Standard (Link) gelesen.


Foto: Pixabay, Shima Abedinzade #Filmtipps

 
 
 

Kommentare


bottom of page