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Gedanken zum 1. Mai



Am heutigen 1. Mai, der auch in Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Belgien, in Teilen der Schweiz und in vielen anderen Staaten weltweit (auf allen Kontinenten) als Tag der Arbeiterbewegung begangen wird, kann ich nicht umhin, als einigen meiner Gedanken, die mich in den letzten Tagen sehr bewegt haben, Ausdruck zu verleihen.


Am Samstag, dem 1. Mai 1886, demonstrierten Hunderttausende von Arbeitern und Arbeiterinnen in Nordamerika, oberstes Ziel dabei war, für einen Achtstundentag und besseren Lohn einzutreten. Dies gelang nicht überall friedlich, es kam auch zu Gewaltexzessen und unzähligen Verwundeten und Toten, sowohl auf Seiten der Demonstranten und Demonstrantinnen wie auch der Polizei.

In Österreich finden Kundgebungen seit 1890 statt, zur Kundgebung im Wiener Prater am 1. Mai 1890 kamen gar 100.000 Teilnehmer*innen, was als bis zu diesem Zeitpunkt größte stattgefundene Kundgebung in Wien gewertet werden kann (sofern man solchen Zahlenangaben überhaupt trauen kann!).

Einst stieß allerdings die Idee für einen Feiertag für das sogenannte Proletariat nicht bei allen Parteien auf Begeisterung, vor allem bürgerlich-konservative Parteien wussten damit natürlich nichts anzufangen. Unter den Nationalsozialisten wurde der 1. Mai als "Tag der deutschen Arbeit" wieder zum gesetzlichen Feiertag erklärt, wobei die Maifeiern der Sozialdemokraten 1933, zur Zeit des beginnenden Austrofaschismus, durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß verboten wurden.


Nach dem zweiten Weltkrieg wurden bzw. werden manche Paraden auch mit Inszenierungen von militärischer Macht begleitet, wobei diesjährig in Russland die Märsche zum 1. Mai von der größten russischen Gewerkschaft abgesagt wurden. Die terroristische Bedrohung (welche?) sei gestiegen, dies der Tenor von Gewerkschaftsseite - man kann davon ausgehen, dass hier die offizielle politische Linie mitgetragen wird.


In Österreich werden die Kundgebungen zum 1. Mai auch immer wieder dazu genützt, um angebliche parteipolitische Stärke zu demonstrieren, wobei Zahlenangaben von Aufmarschwilligen oft beeindruckend variieren, befragt man die Polizei oder eben diverse Parteien. Ich kann nur von mir geben, dass ich bei Aufmärschen nicht dabei bin, das hat auch mit meiner Abneigung vor (grölenden) Massen zu tun. Diverse Streitereien um derart abweichende Einschätzungen kann ich mir allerdings auch damit erklären, dass gerade die SPÖ seit Jahren einen Wähler*innenschwund hinnehmen muss, der in der Tat Anlass zu größter Besorgnis ist, sofern man den (einstigen?) Zielen dieser Partei nahestehen mag. Es ist erbärmlich, wie es dieser Partei und ihren Protagonist*innen gelingt, politische und gesellschaftliche Ziele aus den Augen zu verlieren, wenn es nämlich in erster Linie nur noch um (machtgierige) Personen und nicht mehr um Inhalte geht. Dieser Partei wird seit Jahren (auch von anderen Parteien oder gesellschaftlichen Entwicklungen) ein Elfer nach dem anderen aufgelegt, aber es gelingt einfach nicht, diese zu verwerten: Derzeit sind es neben den Energiekosten die in den letzten Jahren so massiv gestiegenen Mietkosten, die geradezu laut nach einer gerechteren Ausrichtung rufen - doch es passiert: nichts! Da lachen sich doch glatt jene tief ins Fäustchen, deren Mieteinnahmekonten beträchtlich anschwellen, auf Kosten immer mehr Menschen, die, um sich allein das nackte Wohnen leisten zu können, immer häufiger in mehreren Jobs arbeiten müssen. Aus Interesse am Wohnungsmarkt habe ich in den letzten Wochen wieder einmal recherchiert, sowohl im Miet- wie im Eigentumssegment - und, man beachte, nicht am freien Markt, sondern nur im Bereich der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften: Mein Kopf raucht immer noch ...

Ich bin empört, was sich in den letzten zehn, zwanzig Jahren hier getan hat - und wogegen nichts Vernünftiges unternommen wird. Ist es so schwer zu begreifen, dass wir heute Entscheidungen für morgen treffen müssen?


Weil heute, am 1. Mai, Arbeiterinnen und Arbeiter im Mittelpunkt des (medialen) Interesses stehen, noch ein paar Bemerkungen zur Gegenwart und Zukunft der Arbeitswelt: Ich persönlich glaube nicht daran, dass wir Frauen uns damit einen Gefallen tun, wenn wir es zu vielen Männern gleichtun und meinen, dass das Gendern vernachlässigbar oder - noch schlimmer - unwichtig sei: Unsere Gesellschaft entwickelt sich gerade durch Anwendung von Sprache, weil wir dadurch miteinander in Verbindung treten und unsere Welt gestalten! Wenn wir es also auch akzeptabel finden, als "Humankapital" verheizt zu werden, dann haben wir aufgehört, für unsere Rechte auf ein menschenwürdiges Dasein einzutreten!

Ich glaube auch nicht, dass wir Frauen uns einen Gefallen tun, wenn wir im beruflichen Kontext immer nur auf erreichte Frauenquoten achten. Ich bin der Meinung, dass es nicht (allein) auf das Geschlecht eines Menschen ankommen soll (übrigens gibt es ja nicht nur Männer und Frauen unter uns Menschen und Arbeitnehmer*innen!), wenn bestimmte Positionen besetzt werden. Mitarbeiter*innen verantwortungsvoll zu führen, bedeutet, Menschen fair zu führen, sie zu fördern und sie gemäß ihren Begabungen mit Aufgaben vertraut zu machen, sie wachsen und fragen zu lassen. Wer dies als Führungskraft vermag, kann auf gelebten Teamgeist hoffen - und das gilt für alle Bereiche der Arbeitswelt.


Neulich habe ich von einer Mutter gehört, man könne die Gesellschaft nicht verändern. Ich war wirklich bestürzt über diese Aussage, die einer Selbstaufgabe der eigenen Rechte gleichkommt. Ganz klar, ich kann nur wenig von heute auf morgen im Außen verändern, aber es muss deutlich sein, dass "Gesellschaft" nichts anderes ist als die Gesamtheit unserer Menschheit, die uns umgibt, das WIR! Ich bin überzeugt, dass wir die Pflicht, die Macht und das Potential haben, um unsere Welt zu formen - und daher sind wir auch aufgerufen, unsere Begabungen und Befähigungen zu nützen, jeder Mensch auf seine Weise! Wir haben einzigartige Schöpferkraft in uns und wir entscheiden auch über Krieg und Frieden!

"Wir sind der Auffassung, dass Kriege nur dann und nur so lange geführt werden können, als die arbeitende Volksmasse sie entweder begeistert mitmacht, weil sie sie für eine gerechte und notwendige Sache hält, oder wenigstens duldend erträgt.

Wenn hingegen die große Mehrheit des werktätigen Volkes zu der Überzeugung gelangt – und in ihr diese Überzeugung, dieses Bewusstsein zu wecken ist gerade die Aufgabe, die wir Sozialdemokraten uns stellen –, wenn, sage ich, die Mehrheit des Volkes zu der Überzeugung gelangt, dass Kriege eine barbarische, tief unsittliche, reaktionäre und volksfeindliche Erscheinung sind, dann sind die Kriege unmöglich geworden – und mag zunächst der Soldat noch den Befehlen der Obrigkeit Gehorsam leisten!" (Rosa Luxemburg)


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