Christlicher Widerstand - im Gedenken an mutige Menschen
- C*
- 9. Apr.
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Aktualisiert: 10. Apr.

Mit Gott gegen Hitler - Bonhoeffer und der christliche Widerstand, so der Titel eines Dokudramas, auf 3sat gesehen.
Am 9. April 1945 wurde einer der bekanntesten Theologen, die sich dem Naziregime nicht beugten, hingerichtet: Dietrich Bonhoeffer
30. Jänner 1933, Deutschland hat einen neuen Reichskanzler, Adolf Hitler. Er gibt sich als Retter und Heilsbringer. Er verkündet am 10. Februar 1933 im Berliner Sportpalast unter frenetischem Beifall seinen Anhängerinnen und Anhängern wörtlich das neue Deutsche Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit. - Amen!
In diese Begeisterung stimmen nicht alle ein. Dietrich Bonhoeffer erkennt früh, dass in Adolf Hitler ein Verführer zu sehen ist, er meint: Der Führer wird sich der klaren Begrenzung seiner Autorität bewusst sein müssen. Lässt er sich von den Geführten dazu hinreißen, deren Idol darstellen zu wollen, wird aus dem Führer der Verführer.
In den 1930er Jahren sind fast alle Deutschen Mitglied der christlichen Kirchen, davon zwei Drittel evangelisch, ein Drittel katholisch. Die Menschen hören auf die Kirchen und ihre Pfarrer. Hitler weiß, wenn er die absolute Macht will, muss er sich die Kirchen gefügig machen. In der evangelischen Kirche fördert er die nationalistische Bewegung
der Deutschen Christen (DC), ihr Mitbegründer Ludwig Müller wird zum Reichsbischof erklärt. Die Deutschen Christen sind eine rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus.
Die Katholische Kirche will Hitler über einen Vertrag mit dem Papst gefügig machen, Stichwort Reichskonkordat. Die Kirche verzichtet darin auf jede politische Betätigung und erhält dafür eine Bestandsgarantie. Solange es noch freie Wahlen gibt, haben es die Nazis in den katholischen Gebieten schwerer, ihr Erfolg ist zunächst nur halb so groß wie bei den evangelischen Christen.
Dietrich Bonhoeffer, geboren am 4. Februar 1906 in Breslau, ist ein Mensch, der mit seiner ganzen Existenz für das einsteht, woran er glaubt. Geprägt wird der lutherische Theologe durch ein Elternhaus, in dem Bildung großgeschrieben wird und in welchem eine liebevolle Atmosphäre herrscht. Auch rege Diskussionen sind ganz normal im Alltag der Familie, den Eltern ist wichtig, ihre Kinder zu mutigen Menschen zu erziehen. Dietrich Bonhoeffer wird ein Vertreter der Bekennenden Kirche, die eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen gegen Versuche einer Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen Evangelischen Kirche mit dem Nationalsozialismus ist. Ab April 1933 bezieht Dietrich Bonhoeffer öffentlich Stellung gegen die nationalsozialistische Judenverfolgung.
An dieser Stelle noch einmal ein Auszug aus Bonhoeffers Rede im Radio am 1. Februar 1933, in der Dokumentation wird Bonhoeffer mit folgenden Worten zitiert: Jeder Mensch, besonders der jugendliche, hat so lange das Bedürfnis, einem Führer die Autorität über sich zu geben, wie er sich selbst nicht reif, stark und verantwortlich genug fühlt. Während die Geführten meinen, dass ihr Führer schlechthin der freie Herrenmensch sei, so muss der Führer doch wissen, dass er der am schwersten mit Verantwortung Belastete ist: der Diener schlechthin. ...
Dietrich Bonhoeffers Haltung macht ihn auch bei manchen seiner Glaubensbrüder unbeliebt. Er versucht, seine Mitbrüder zur Menschenwürde zu überzeugen: Liebe Brüder, wir alle kennen das Wort. Tu den Mund auf für die Stummen, schaffe Recht den Elenden und Armen. Was bedeutet das in unserer Zeit? Die Kirche ist ja nicht dazu angehalten, dem Staat in sein politisches Handeln direkt hineinzureden, da gibt es keinen Zweifel. Aber sollen wir deshalb teilnahmslos schweigen? Was, wenn der Staat den Elenden und Armen nicht Recht schafft, wie es in der Bibel heißt? Ist es da nicht an uns, ihn an diese Worte zu erinnern? Denn sonst würde der Staat ja seine eigene Existenz aufs Spiel setzen. ... Die Kirche aber ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung verpflichtet - allen Opfern verpflichtet, ohne Bedingung. Das heißt, auch, wenn sie gar nicht zur christlichen Gemeinde gehören. ...
Bonhoeffer ist bald klar, dass Hitler einen Krieg vorbereitet. Er wird 1934 bei einem Aufenthalt in Dänemark gefragt, was er im Falle eines Krieges tun würde? Bonhoeffer meint laut Winfried Maechler (ein Schüler Bonhoeffers), der sich erinnert: Ich hoffe, dass Gott mir dann die Kraft geben wird, nicht zu den Waffen zu greifen.
Ende der 1930er Jahre hat Bonhoeffer ein Lehrverbot an der Universität, er darf auch keine Pfarrer mehr ausbilden. Er verbringt zum zweiten Mal eine Zeit in Amerika, kehrt jedoch unmittelbar vor Kriegsbeginn nach Deutschland zurück - für ihn eine verhängnisvolle persönliche Entscheidung. Bonhoeffer wird aktiver Teil des militärischen Widerstands in Deutschland. Admiral Canaris, Klaus Bonhoeffer und Bonhoeffers Schwager, Hans von Dohnanyi, gehören ebenfalls der Gruppe an, später auch Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Frage des Tyrannenmordes (Darf ein Christ gegen das Gebot „Du sollst nicht morden“ verstoßen?), beantwortet Bonhoeffer in dieser Zeit mit einem eindeutigen Ja.
Die Verbrechen der Nazis werden immer brutaler, 1942 kann es jeder sehen, dass jüdische Familien aus Deutschland deportiert werden, doch Proteste gibt es nur selten.
Der Kreis der Widerständler trifft sich und diskutiert die Frage, wie Hitler aus dem Weg geschafft werden könnte. Die Schuldfrage wird abgewogen.
Am 13. und 21. März 1943 unternehmen Angehörige der Gruppe um Canaris und die Brüder Bonhoeffer Anschläge auf Hitler, die fehlschlagen. Am 5. April 1943 wird Dietrich Bonhoeffer gleichzeitig mit seinem Schwager Hans von Dohnanyi verhaftet.
Zwei Jahre später, in der Morgendämmerung des 9. April 1945, wird Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg zu Tode gefoltert.
Hätten die Kirchen Hitler verhindern können?
Sie hätten wohl ganz viel tun können, wahrscheinlich hätten sie Hitler sogar verhindern können, so die Einschätzung in der Dokumentation.
Auch Laurentius Siemer, Provinzial der Dominikaner, ist sich der Gefahren, die von Hitler ausgehen, bewusst. Auch er tritt dem Nationalsozialismus bald mit ganzer Kraft entgegen. Er verurteilt die Rassenideologie der Nazis und fordert die Katholiken auf, sich von den herrschenden geistigen Strömungen nicht beeinflussen zu lassen. Am 9. April 1935 wird Laurentius Siemer von der Gestapo verhaftet, er verbringt mehrere Monate im Gefängnis. Er legt Berufung ein und wird freigesprochen, seine beiden mitangeklagten Ordensbrüder überleben die Gefängniszeit nicht: Thomas Stuhlweißenburg nimmt sich das Leben und Titus Horten stirbt an den Folgen der menschenunwürdigen Haft. Siemer unterrichtet Papst Pius XI. bereits 1937 von den Vorgängen in Deutschland. Er überlebt den Krieg unter abenteuerlichen Umständen und wird sich ab 1946 dafür einsetzen, dass Christentum und Sozialismus miteinander versöhnt würden. Als Namen für die neue Partei schlägt er Christlich-Sozialistische Union vor, allerdings wird die Partei später in CDU benannt. Über seinen Widerstand gegen Hitler wird er nur selten sprechen, er hält diesen zeitlebens für selbstverständlich.
Auch den evangelischen Pfarrer Hans Asmussen, ebenfalls wie Bonhoeffer Vertreter der Bekennenden Kirche, möchte ich erwähnen, der Hitler u. a. einen Brief schreibt, in dem er sich dem Führer und dem aufstrebenden Zeitgeist entgegenstellt.
Häufig wird auch die Rolle von Papst Pius XI. zum Thema gemacht. Persönlich hat er die Ideologie der Nazis ganz sicher verurteilt, aber die Judenverfolgung hat er nicht zum Thema gemacht in seiner auf Deutsch verfassten Enzyklika, die er mit den Worten Mit brennender Sorge eingeleitet hat und die im März 1937 heimlich nach Deutschland geschmuggelt wurde. Seine Rolle in dieser so dunklen Zeit wird bis heute sehr kritisch hinterfragt.
Heute, am 9. April 2025, verneige ich mich tief vor allen mutigen Menschen dieser Zeit.
(Anmerkung: Die zitierten Reden Bonhoeffers stammen ausnahmslos aus der Fernsehdokumentation.)
#Filmtipps Foto: C* - Das Foto stammt von unserem wunderschönen Urlaub in Heiligenblut, Nationalpark Hohe Tauern. Diese Kirche, mit dem Großglockner im Hintergrund, ist eines der bekanntesten Fotomotive Österreichs. Wer mehr über unseren Urlaub in dieser einzigartigen Landschaft lesen möchte, gerne hier.
Man darf und muss ihn bewundern für seine entschiedene und mutige Haltung gegenüber dem faschistischen Regime, das ihn letztlich das Leben kostete.
Ja, solche Menschen kann es nicht genug geben und wir sollten uns ein Beispiel an ihnen nehmen.
Danke für deine Würdigung und lieben Gruss, Brigitte
Möge es immer wieder solch mutige Menschen geben. Sie sind wichtiger denn je, sie entheben uns jedoch nicht der Pflicht, selbst mutig zu sein. Nachdenkliche Morgengrüße