Heute muss ich mir etwas Luft verschaffen, der Spaziergang, so heißt es medial, erlebe gerade eine große Renaissance. Ich spaziere also, in der Natur - wie auch in den Gedanken von Menschen ...
"Denken heißt, im Unendlichen spazieren gehen", das meinte einst Jean Baptiste Henri Lacordaire, ein französischer Theologe. Und Charlie Rivel, der berühmte spanische Clown, soll diesen Gedanken geäußert haben: "Optimisten denken oft ebenso einseitig wie Pessimisten. Nur leben sie fröhlicher.“ Dass Rivel übrigens ein Bewunderer Hitlers war, wirft allerdings einen großen Schatten auf seine Biografie. Warum ich diese Tatsache erwähne? Einen Zusammenhang zu dieser emotionsgeladenen Corona-Zeit, in der von rechtspopulistischen PolitikerInnen haarsträubende Vergleiche mit der Nazidiktatur gezogen werden, werde ich noch herstellen.
Wo ordne ich mich selbst zu? Bei den Optimisten oder bei den Pessimisten? Wenn ich so darüber denke - weder dort, noch da. Ich empfinde mich als Realistin. Ich blicke in die Welt, höre, was Menschen bewegt, lese, wie Gesellschaften mit der Herausforderung schlechthin umgehen. Ich orte Parallelgesellschaften - in einer Zeit, in der nichts wichtiger ist, als ruhig Blut zu bewahren, sachlich zu bleiben und in erster Linie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aufzubauen.
Wie - Wissenschaft? Du hast Recht, wenn Du mir jetzt entgegenhältst, dass sich doch auch WissenschafterInnen nicht einig sind, wie die Gefahren des Corona-Virus - in all seinen Formen und Mutationen - einzuordnen sind.
Von WissenschafterInnen hitzig geführte Duelle und daraus folgende Unsicherheiten in der Bevölkerung und in der Politik sind an der Tagesordnung, und daher ist es umso wichtiger, den eigenen Verstand zu bemühen.
Ich möchte aus meinem Berufsalltag berichten. Doch zuvor noch eine Warnung: Wer eine etwas schärfere ironische Betrachtungsweise überhaupt nicht leiden kann, der sollte jetzt besser nicht weiterlesen. Denn ich muss sie hervorkramen aus mir, meine ganz persönliche, so viele seltsame Ereignisse oder befremdliche Beobachtungen kommentierende Ironie. Ich berichte nämlich aus einem Alltag, der aufzehrend ist. Dieser Alltag raspelt mitunter gehörig an unseren Nerven. Bei der Kollegenschaft, bei mir. Manchmal finde ich einen Weg, mir mittels schwarzem Humor selbst ein Lachen abzuringen.
Was Kinderbetreuungs- und Bildungspersonal in einer Zeit wie dieser von wenigen, aber doch vorhandenen ignoranten und renitenten Eltern zu hören bekommt, ist schauderhaft. Nach den Semesterferien wird diese Anzahl von unkooperativen Eltern steigen, das wage ich zu behaupten. Lange genug schon schwinge ich dieses berufliche Standbein.
Die harmlose Testung, die seit kurzem in Österreich jenen Eltern empfohlen wird, deren Kinder in der Volksschule betreut werden, der sogenannte 'Nasenbohrtest', wird teilweise von Eltern abgelehnt. Nach den Semesterferien wird dieser Test zweimal wöchentlich bei allen Volksschulkindern durchgeführt werden müssen, da sie sonst am Präsenzunterricht nicht teilnehmen dürfen. (Für ältere SchülerInnen gibt es unterschiedliche Vorgaben.)
Von den Kindern wird der Test gut angenommen. Die Kinder, die ich kenne, sind teilweise sogar begeistert und machen diese Tests mit Freude, sie sehen diese auch als kleines 'Nasenbohr-Abenteuer'. Was sonst nämlich nicht erlaubt ist, darf also jetzt sein! Und die Kinder sind ganz stolz, wenn sie negative Ergebnisse vorweisen können.
Ich hatte auch schon Gelegenheit, zu erfahren, dass diese Tests auch deshalb von Eltern verweigert werden, weil das Gerücht geht, dass diese schon heimliche Impfungen seien. Geht's noch??? Man sieht also, welche krude Fantasien möglich sind in Zeiten von Fake News und anderen Hirnvernebelungstaktiken.
Dass die PädagogInnen in Kindergärten, Krippen und in Horten sich nicht gesehen fühlen, ist auch nicht überraschend. Spätestens jetzt bedeutet es einen riesigen Nachteil, dass es aus diesen Reihen niemanden gibt, der in der Öffentlichkeit Tacheles redet, so wie es eine Susanne Wiesinger (Stw. 'Brennpunktschulen') oder auch ein Niki Glattauer, der gut vernetzte und schreibende Schuldirektor, seit längerem tun. Ja, es bedarf einer riesigen Portion Mut, weil ein Aufzeigen von Missständen im Bildungsbereich in der politischen Etage und auch in der Verwaltungsebene so gar nicht gern gesehen wird. Frei-, Nach- und unbequemen QuerdenkerInnen wird es zusätzlich auch in der Gesellschaft schwer gemacht, Missstände anzusprechen, zu sehr ist auch hier eine Reduzierung des Denkens auf bewahrendes Vertrautes und Altbekanntes zu beobachten - und das System setzt einzig auf Systemtreue! Eigenes Denken ist nicht erwünscht und kann einen Jobverlust zur Folge haben. Selbst in Zeiten wie diesen, wo bestens ausgebildete und topmotivierte PädagogInnen nicht gerade Schlange stehen!
Es war und ist für viele von uns selbstverständlich, dass man sich auch in Eigenregie mit FFP2-Masken versorgt hat und weiterhin versorgen wird, weil diese von so manchen Administrationen nicht rechtzeitig ergattert werden konnten und noch immer zu wenige zur Verfügung sind. Seltsam, dass man sie schon vor einigen Monaten auf gewissen Wegen doch halbwegs rechtzeitig bekommen hat - obwohl, für viele Pflege- und SpitalsmitarbeiterInnen, aber auch für PädagogInnen war es da schon zu spät. Corona hatte Einzug gehalten und auch viel Leid angerichtet! Aber ja, alle redlichen Versuche, gesund zu bleiben, haben in meinem Denken und Handeln Berechtigung, deshalb ja, ich habe Dich auch ein bisschen reicher gemacht, Jeff Bezos!
So manche (vor allem Eltern), die noch bis vor wenigen Monaten hartnäckig damit beschäftigt waren, zu leugnen, dass es auch unter Kindern zu Ansteckungen kommt und dazu aus Statistiken zitiert haben (zu denen es übrigens auch immer anderslautende Statistiken und Erfahrungswerte gibt!), sind jetzt aufgewacht und misslaunig, weil es eben doch - nachweislich - sein kann, wie diverse Schließungen von Kinderbetreuungseinrichtungen eindrucksvoll beweisen. Und nein, es sind nicht nur PädagogInnen, die das Virus in sich tragen können - es sind auch Kinder, die ihre Viren verteilen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage erst gar nicht, ob es sich bei unserer Arbeit um eine körpernahe Berufsausübung handelt oder nicht. Oder doch? Tragen Mama und Papa etwa Masken, wenn sie ihr Kleinkind trösten, es füttern, wickeln oder ihm die Nase putzen? Und so sollte es eigentlich auch nicht verwundern, wenn in Krabbelstuben oder in Kindergärten auch niemand mit Maske auftritt - die Kinder könnten dann nämlich auch die für sie so wichtige Mimik nicht mehr an den Gesichtern ihrer BetreuerInnen ablesen ...
Es ist unzumutbar, dass PädagogInnen, die einen körpernahen Beruf ausüben, dagegen anrudern müssen, dass sie - wie es selbstverständlich erwartet wird - einiges Risiko auf sich nehmen müssen. Egal, wie es ihnen dabei geht. Menschlich. Mental. Körperlich. Man kann sich nämlich selbst bei Verwendung der besten FFP2-Masken anstecken, das passiert tagaus, tagein - besonders in den Pflegeberufen.
Und deshalb muss ich jetzt auch in Richtung Pflege- und Gesundheitseinrichtungen etwas schreiben. Dort sind sehr viele Menschen tätig, die seit einem Jahr nichts anderes tun, als zu pflegen, zu versorgen, zu trösten, zu kämpfen - um das Leben vieler Menschen. Viele Pflegende sind zutiefst erschöpft und / oder es hat sie das Virus selbst in die Knie gezwungen! Ich verstehe den Unmut in diesen Reihen über so manches unverschämte Verhalten in der Bevölkerung total. Dazu habe ich vor kurzem einen Leserbrief gelesen, der etwas Wesentliches auf den Punkt bringt: Wer fröhlich feiert und auf Masken und Abstand verzichtet, als wäre nichts, der solle bitte in seiner Patientenverfügung auch gleich klarmachen, dass er auf eine intensivmedizinische Behandlung im Falle einer Covid-19-Erkrankung verzichtet. JA, das sehe ich auch so!
Es macht mich ungehalten, wenn ich höre, dass es immer noch Leute gibt, die glauben, wenn sie sich einmal in der Woche testen lassen, seien sie für die nächsten 7 Tage safe! Das kann ein fataler Irrtum sein, denn wer am Morgen noch nachweislich negativ getestet wurde, kann am Abend bereits die ganze Familie angesteckt haben. Tatsache!
Und wer glaubt, dass er von Menschen, die bereits krank waren, nichts zu befürchten hat, ist leider ebenso im Irrtum: Es gibt sie schon, diejenigen, die zweimal erkrankt sind. Und diese gibt es auch in unserem Umfeld, es kann durchaus die Freundin sein, mit der man halt doch mal kurz - oder auch etwas länger - bei Kaffee und Kuchen einen Austausch wagen muss! Weil das Leben sonst unerträglich ist, weil es fad ist, weil die Kinder quengeln und so gerne miteinander spielen möchten. Dass durch diese sozialen Kontakte auch Oma und Opa gefährdet werden können, spielt in Lockdown Nr. 3 wohl keine Rolle mehr. Dass man sich im Freien treffen könnte, mit gehörigem Abstand und im Zweifelsfalle sogar mit Maske, das ist ratsam, wird aber von vielen ignoriert. Ja, ich kann die zahlreichen Herausforderungen für Familien, besonders für jene mit kleinen Kindern, allerbestens nachvollziehen! Aber auch und gerade Eltern sollten nicht davon befreit sein, verantwortungsvoll zu handeln.
Erinnern wir uns eigentlich noch an den Hauptgrund aller Maßnahmen? Alle Maßnahmen wurden während des ersten Lockdowns, beginnend mit Mitte März 2020, von der österreichischen Bundesregierung ganz maßgeblich und intensiv damit begründet, dass es Ziel sei, ältere Menschen mit über 65 Jahren zu schützen. Ja mei, da schnauft der gelernte Österreicher verächtlich, denn jetzt, nach so vielen Monaten erzwungener Stammtisch-Enthaltsamkeit reicht es einfach hinten und vorne! Ja, wo kommen wir denn da auch hin, wenn Türkis, Grün und Rot doch der gemeine Beisltod sind! In der Tat, das Gedächtnis hat in dieser seltsamen Zeit eine gefährlich kurze Halbwertszeit. Die empörten Stammtisch-Geschwister prosten sich halt jetzt im gemütlichen Zuhause zu und lassen den aufmerksam Lesenden auch noch wissen, dass es der HC Strache richten soll!
Wie geht es eigentlich den Studenten im Lande? Corona-Partys - Fehlanzeige? Oder geht da vielleicht doch was?
Ich habe das zweifelhafte Vergnügen, regelmäßig durch dünne Gebäudewände von solchen zu hören. Auch in diversen Studentenheimen geht es immer wieder recht fröhlich zu, Zeugenschaft verpflichtet einfach zur Wahrheit. (Ich behaupte jetzt aber bitteschön nicht, dass sich alle studentischen Gehirne von ihrer Tätigkeit verabschiedet haben.)
Die fehlende Einsicht zur Notwendigkeit von Distanzhalten zieht sich im dritten Lockdown längst durch alle Altersgruppen - allerorts! Ich finde es allerdings besonders beschämend, wie Denken auch bei jenen zur Schwerstarbeit ausarten kann, die unser Land in der Zukunft durch ihre Universitätsstudien und die darin gewonnenen Erkenntnisse geistvoller prägen wollen.
Bevorzugt an Freitagen und Samstagen wird protestiert: In Österreich auch von Leuten, die einen gewissen Herrn Kickl als ihren Schutzpatron auserkoren haben. Wenn der ehemalige Innenminister seinen Nachfolger Nehammer als "einen Verbreiter von Desinformationen und einen Meister der Bürgerunterdrückung" beschimpft, dann kommt mir das (noch nicht!) G'impfte hoch! (Noch nicht geimpft zu sein, sollte man ja beim derzeit hierzulande zirkulierenden Impfneid sicherheitshalber extra betonen! Auch in dieser Neid-Debatte haben viele nicht darüber nachgedacht, dass es tatsächlich für so manche BürgermeisterInnen Sinn gemacht hat, sich impfen zu lassen. Nämlich genau für die, die sehr oft in Altersheimen verkehren! Das tun sie nämlich tatsächlich, manche BürgermeisterInnen, vor allem in ländlichen Gefilden.)
Dass sich der ultrarechte Herbert Kickl neuerdings mit Edith Brötzner zum Duo macht, einer ehemaligen Kurz-Wählerin (den sie jetzt einen "Mann der Willkür" schimpft), macht die Sache noch beklemmender: Brötzner ist die Initiatorin von 'Österreich ist frei', und sie warnt gerne vor gegenwärtigen Zuständen, die sie an die Zeit von 1939 - 1945 erinnern. Und Kickl informiert gleichzeitig das Volk mit seinem wahrheitsverdrehenden blanken Unsinn, u.a. damit: Testungen, die z.B. vor einem Friseurbesuch erfolgen müssen, kosten lt. seinen Worten 60 Euro. Wahr ist allerdings, dass diese an vielen Gratis-Teststraßen erfolgen können - niemand muss dafür zahlen und schon gar nicht 60 Euro, wie er behauptet. Auch in ausgewählten Apotheken wird übrigens künftig ebenfalls gratis getestet. In diesem Zusammenhang ergibt sich auch meine Betroffenheit, dass ganz offensichtlich ältere KundInnen, die sich vor ihrem Besuch beim Friseur testen lassen sollten, ihre Termine nun absagen, weil sie keinen Test über sich ergehen lassen möchten. Man kann allerdings wohl nicht davon ausgehen, dass diese Herrschaften noch weitere Wochen oder Monate vergehen lassen werden, um sich wieder intensiver im Spiegel betrachten zu wollen. Also wird nun die Friseurin ins traute Heim gebeten: Werden sich nun die Friseure in die Haare geraten? - Denn es ist nicht wirklich nachzuvollziehen, dass sich HeimkundInnen keiner Testung unterziehen müssen! Und überhaupt: Es ist doch auffällig engstirnig, wenn sich genau jene Leute lieber nicht testen lassen wollen (bevor sie eine 'körpernahe Dienstleistung' in Anspruch nehmen), zu deren Schutz sich die österreichische Bundesregierung so gewaltig ins Zeug legt, "koste es, was es wolle": Man wollte und will ja schließlich auch weiterhin "vulnerable Personengruppen" schützen. Dafür legt sich jene Partei, die der Wirtschaft grundsätzlich so herzlich zugetan ist, mit genau dieser an. Viele Wirtschaftstreibende sind empört und wütend, wie lange 'ihr' Kanzler die Geschäftstüren schon zuhält. Und auch, aber nicht nur am Beispiel von Tirol, das aktuell wieder massiv in den Schlagzeilen steht, weil dort mutierte Corona-Viren für großen Wirbel sorgen, kann man bestens erkennen, dass sich innerhalb der ÖVP unter den 'schwarzen Granden' ebenfalls - übrigens schon seit Monaten - größter Unmut gegen 'Basti Fantasti' zusammenbraut. (Wobei ich insgesamt immer leicht daran gezweifelt habe, ob eine Umfärbung von schwarz auf türkis in den schwarz regierten Bundesländern zur Gänze gelungen ist.)
Dass hitzige Tiroler Politiker nun zu verbal bewaffneten Tiroler Freiheitskämpfern werden und gegen den vernommenen "Rülpser aus Wien" losstürmen (gemeint ist damit die aktuelle Reisewarnung, die von der Bundesregierung für Tirol ausgegeben wurde), mutet gespenstisch an, wenn man bedenkt, wie fahrlässig in der Causa Ischgl umgegangen wurde.
Fast schon könnte er einem Leid tun, der junge Kanzler, denn der stürmische Wind, der ihm entgegenbläst, kommt eben nicht nur aus der Opposition, sondern auch aus den eigenen Reihen. Wenigstens in dieser Hinsicht geht es dem kleinen Regierungspartner, den Grünen, noch etwas besser.
Die aus meiner Sicht überwiegend sinnvollen Maßnahmen, welche von der Regierung ergriffen wurden und werden, um zu verhindern, dass es zu verzweifelten Szenen wie in italienischen, spanischen oder portugiesischen Krankenhäusern kommt (Stichwort 'Triage'), werden also von jenen bekämpft und / oder ignoriert, vor denen eine Mehrheit geschützt werden muss. Und Österreich hat einzig Glück, dass es bislang noch nicht zu solch exzessiven Krawallen kam, wie sie von den 'Corona-Hooligans' in den Niederlanden inszeniert werden.
Dass sich Kickl in dieser Gesellschaft wohl fühlt und sich gerade jetzt zur Bürger- und Meinungsfreiheit emporschwingt, zeigt sich auch bereits in Umfragewerten: Eine FPÖ (unter Kickl?) würde wieder einen ordentlichen WählerInnenaufschwung erleben, vor allem auch, weil er sich gegen einen Impfzwang ausspricht. Ich bin zwar selbst aus Überzeugung gegen einen Impfzwang und für umfassende Forschungen und Aufklärung auf sachlicher Ebene, aber ich schätze es überhaupt nicht, wenn ein ganz und gar Unglaubwürdiger seinen potentiellen WählerInnen ein perfides Schauspiel als wundersamer Robin Hood der Freiheitsliebe bietet.
Stichwort 'Corona-Schutzimfpung': Norbert Hofer (der Noch?-Bundesparteiobmann der FPÖ?) hat vor kurzem aufhorchen lassen, als er via Medien vermeldete, er werde sich impfen lassen - er habe sich mit seiner Familie beraten und sei gemeinsam zur Überzeugung gekommen, dass es für ihn - er bezog sich dabei auch auf Vorerkrankungen - Sinn mache. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt; etwa, dass sich spätestens mit dieser Meinungsrevolution ein Herbert Kickl, dem allein schon das Wort 'Corona-Impfung' Übelkeit bereiten dürfte, zum Duell um den Parteivorsitz herausgefordert sieht? Oder ist er gar schon längst ausgebrochen, der interne Machtkampf, den einige BeobachterInnen der beiden schon längst erwartet haben wollen? Übrigens, um etwas ganz klarzustellen: Ich gehöre nicht zu jenen Leuten, die alles aus Prinzip als Blödsinn erachten, was an politischen Überlegungen aus der FPÖ kommt. Und ich schätze auch das Querdenken, ich halte es hoch und hinterfrage selbst sehr vieles - aber ich kann es nicht leiden, wenn Menschen bewusst falsch informiert werden, weil man sich davon politische Vorteile erhofft! Eine gewisse Wachsamkeit im Umgang in Bezug auf einen Impfdruck, der auf Menschen in unterschiedlichen Berufen ausgeübt werden könnte, scheint allerdings leider nicht ganz überflüssig zu sein. Mir sind da schon sehr glaubwürdige Drohungen von Chefitäten zu Ohren gekommen, sich von MitarbeiterInenn zu verabschieden, die sich nicht impfen lassen würden. Und auch, wenn die rechtlichen Grundlagen geschaffen und konkretisiert werden, um genau so etwas zu verhindern, gibt es immer noch vorgeschobene andere Gründe, die sich mit einiger Fantasie ja auch finden lassen, um sich von unliebsamen MitarbeiterInnen zu trennen.
Und so muss ich noch mehr staunen: Wenn sich Rechte und Linke auf einer gemeinsamen Welle einfinden und geschlossen demonstrieren und auch fordern, was schlicht unverhältnismäßig ist, dann macht es mich fassungslos, dass so eine Vereinigung zwischen derart radikalen ideologischen GegnerInnen überhaupt möglich ist! Sicherheitsvorkehrungen werden übrigens auf diesen Demos natürlich nicht eingehalten, man glaubt ja, alles besser einschätzen zu können. Dass selbst Kinder mitgeschleppt werden, die mit Geistlosem konfrontiert werden, ist auch haarsträubend.
Im Übrigen: Weder der Gesundheitsminister noch der Bundeskanzler (den ich übrigens nicht gewählt habe!) und andere EntscheidungsträgerInnen sind Schuld, dass wir den dritten Lockdown haben, sondern einzig jene Leute, die in einer skandalösen Art und Weise ein reifes Denken und Handeln vermeiden und verweigern - und sich dazu auch noch von einigen gedankenlos oder sogar schamlos agierenden PolitikerInnen (auch solchen in der Regierung!) unterstützt fühlen: Einordnungen unserer Zeit, die als schlimmste Krise seit 1945 bezeichnet wird, muten maßlos an, wenn man etwa einen Vergleich mit den Folgen des Holocausts sowie weiterer Massenvernichtungen von Menschen auf den Schlachtfeldern des zweiten Weltkrieges zieht. Ebenso kann man die Gegenwart nicht mit den wirtschaftlichen Folgen nach diesem Krieg vergleichen, wo zerbombte und niedergebrannte Städte und Dörfer jahrelang aufgebaut werden mussten und bitterste Armut in der Bevölkerung herrschte.
Allerdings betrachte ich 2020 auch im Rückblick als ein annus horribilis, weil ich meine Betrachtungen nicht nur bei den vielen Toten oder Kranken, die unter Folgeschäden zu leiden haben, belasse - und auch nicht nur bei jenen Menschen, deren wirtschaftliche Grundlagen vernichtet sind. Ich sehe ebenso zahlreiche Folgeschäden in sozialer und menschlicher Hinsicht, ich sehe die ideologischen Gräben, die sich durch Familien und Freundeskreise ziehen und ich kann den Missbrauch des Wortes 'Solidarität' überhaupt nicht mehr haben. Der erste Lockdown ließ den Begriff in seiner wahren Bedeutung durchaus noch erahnen, jetzt kann ich davon nichts mehr erkennen. Viele wollen genau das gleiche 'Danach', das sie bereits im 'Zuvor' stumpf und unmenschlich agieren ließ. Und lernbereit waren und sind erfahrungsgemäß sowieso nur jene, die es ohne diese Corona-Zeit schon längst gewesen sind und es auch bleiben werden.
Charlie Rivel, den berühmten Clown, hätte ich an dieser Stelle sehr gerne gefragt, ob er sich angesichts der Herausforderungen in der Gegenwart selbst als 'Optimist' oder als 'Pessimist' einschätzen würde? Oder vielleicht doch als 'Realist'?
Ich kenne jemanden, der meint, wir bräuchten Intelligenztests statt der Nasen- und Rachenabstriche. Wie Recht er hat! Aber nein, Ironie beiseite - natürlich brauchen wir die Nasen- und Rachenabstriche, und zwar dringend! Und auch und gerade bei Kindern!
Foto: C*
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