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Neustart

  • Autorenbild: C*
    C*
  • vor 2 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit
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Jeden Tag gibt es die Chance, etwas im Leben anders zu machen.


Als ich Anfang Juli beschloss, nach einem siebenwöchigen Krankenstand das berufliche Dienen nach zwanzig Dienstjahren in Sozialberufen endgültig an den Nagel zu hängen, war ich guter Dinge, mich nach dieser so wichtigen Entscheidung bald wieder besser zu fühlen. Das war allerdings erschreckenderweise nicht der Fall, denn der düstere Tunnel, in dem ich mich befand, hielt mich weiter eng umschlossen. Es war mit nicht mehr vorhandener Energie sehr herausfordernd für mich, rasch Schritte zu setzen, um eine berufliche Rehabilitation in Anspruch nehmen zu können. Dazu waren auch Kontakte mit dem AMS und einigen Sozialberatungsstellen nötig. Die Entscheidung, resultierend aus meiner belegten Krankengeschichte der letzten Jahren, fiel allerdings dann ziemlich rasch von Seiten der Zuständigen: Die berufliche Rehabilitation wurde mir genehmigt, was jedenfalls ein Aufatmen für mich brachte. Doch es sollten noch weitere sehr anstrengende Wochen vergehen, bis ich langsam in weiter Ferne einen schwachen Lichtschein am Ende des Tunnels wahrnehmen konnte. Seit Oktober kann ich einen Aufwärtstrend erkennen, aber ich wähle mein Tempo mit Bedacht. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig.

Vor drei Wochen bekam ich einen Anruf, dass ich mit der beruflichen Rehabilitation beginnen könne. Etwas mulmig war mir schon zumute, ob der Zeitpunkt passend sei. Doch ich habe die Chance angenommen, was seit dieser Woche auch bedeutet hat, wieder zeitig aufzustehen. Das regelmäßige frühe Aufstehen stellte ich mir herausfordernd vor, aber ich bin nun von mir selbst überrascht: Es gelingt mir ganz gut, und ich bin relativ gelassen, wenn der Wecker um 5:45 Uhr läutet.

Meine ersten Tage waren bereits sehr aufschlussreich, ich bekomme ein Gefühl dafür, wo ich derzeit kräftemäßig stehe und wo meine Herausforderungen liegen. Es sind einige, denn es gibt nicht nur viel Neuland zu entdecken. Ich war immer sehr ehrgeizig, mir neues Wissen möglichst schnell anzueignen, doch ich akzeptiere, dass es im Moment einfach nicht möglich ist. Mein Gedächtnis ist noch auffällig zurückhaltend in seiner Leistung, mein Schreibtisch ist mit vielen Notizen eingedeckt.

Wichtig ist mir, in diesem geschützten Umfeld gesundheitlich wieder derart kräftig zu werden, dass mir neben einem oft fordernden Berufs- und Familienleben auch Energie für Freizeitaktivitäten, Hobbys und meinen Freundeskreis bleibt. Ebenso gilt es, wieder mit einer großen Portion Selbstvertrauen auf diverse Aufgabenbereiche zuzugehen. Ich möchte in der Zukunft wieder mit spannenden Aufgaben in der Büroorganisation zu tun haben. In meinen jungen Jahren haben mir solche Tätigkeiten auch viel Freude gemacht: Ich war gerne als Sachbearbeiterin oder Assistentin in einigen Unternehmen tätig.

Es hat sich jedenfalls viel in den letzten zwanzig Jahren auf diesem Gebiet getan, u.a. sind neue Programme, mit denen ich noch nie gearbeitet habe, zu bedienen. Das verursacht durchaus einige Anspannung bei mir und doch freue ich mich über jeden kleinen Erfolg. Mein Rückblick auf meine erste Woche meiner beruflichen Rehabilitation ist insgesamt positiv. Auch in menschlicher Hinsicht bin ich gut angekommen.


Wenn ich zurückblicke auf mein bewegtes Berufsleben, wird mir klar, dass ich immer wieder vor großen Herausforderungen stand. Ich habe Erfahrungen gemacht, die alles andere als angenehm waren, aber sie haben mir auch eine gewisse Lebensreife ermöglicht. Ich musste in 35 Berufsjahren einige Male Entscheidungen treffen, die zu Kündigungen führten, wenn eine gedeihliche Zusammenarbeit mit Kolleg*innen auch mit viel persönlicher Mühe und Herzblut nicht mehr möglich war. Meine Entscheidungen habe ich - im Rückblick ist mir das klar - jedoch immer zu spät getroffen und stets aus einem längeren Krankenstand heraus. Existenzängste haben dazu geführt, dass ich nicht auf meine psychische und physische Gesundheit geachtet habe.

Ich bin ein Mensch, der sehr gerne selbstverantwortlich und exakt arbeitet, ich fühle mich aber auch in einem Team wohl, wenn Arbeitsbereiche klar aufgeteilt sind. Leider sind traumhafte Bedingungen am ersten Arbeitsmarkt nur rar gesät. Doch im Moment ist das ohnehin Zukunftsmusik.


Foto: C*

 
 
 

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