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Im Kaffeehaus



Wiener Kaffeehaustradition - eine Tradition, die ich liebe und hochhalte. Wie gut, dass diese nicht nur in Wien erlebbar ist, sondern auch in anderen Städten Österreichs.

Die Wiener Kaffeehauskultur gehört seit 2011 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.

"Die Kaffeehäuser sind ein Ort,

'in dem Zeit und Raum konsumiert werden,

aber nur der Kaffee auf der Rechnung steht'."

(Quelle: Unesco.at, Wiener Kaffeehauskultur)


In Wien gibt es Kaffeehäuser, die mit Sicherheit zu den schönsten österreichweit zählen, nämlich zu den altehrwürdigen Häusern. Wobei ich hier weniger das Kaffeeangebot selbst beurteilen kann (ich bin passionierte Teetrinkerin) und mich mehr auf das Ambiente beziehe. Kaffeehäuser gelten bis in die Gegenwart auch als beliebter Treffpunkt von Literat*innen und Künstler*innen, das war bereits im 19. Jahrhundert der Fall. Auf Umgangsformen wird hier übrigens auch geachtet - und nicht nur das: Manchmal schießen Kaffeehausbetreiber*innen weit darüber hinaus, dann sorgen sie auch für Kopfschütteln und Protest.

Im 19. Jahrhundert galt Wien als die Kaffeehausstadt schlechthin. Weitaus interessanter, als nur einen Kaffee zu trinken, waren der gesellschaftliche Austausch und der intellektuelle Diskurs. Auch das Kartenspiel, Schach und Billard erfreuten sich größter Beliebtheit. Und man konnte auch auf bekannte Herrschaften treffen, wie etwa auf Sigmund Freud, Peter Altenberg, Egon Friedell, Karl Kraus, Arthur Schnitzler - sie alle waren leidenschaftliche Kaffeehaussitzer. Frauen kamen in solchen Herrenzirkeln wohl nicht vor. Der Zutritt zu Kaffeehäusern war Frauen in Österreich übrigens erst 1856 offiziell erlaubt, aber sie boten wohl reichlich Anlass für Gespräche und frivole Andeutungen zwischen den Herren. Damen, die sich ohne männliche Begleitung in den Kaffeehäusern Wiens einfanden, waren meist auf Männer aus, die wohl für gewisse Dienste ihre Brieftaschen öffnen sollten. (Dass sich einige Herren in dieser für die meisten Menschen so notvollen Zeit auch für sehr junge Kinder, Mädchen und / oder Buben, interessierten, ist nicht nur über den Schriftsteller Peter Altenberg (1859 in Wien als Richard Engländer geboren) bekannt, er war tatsächlich sogar bekennender Pädophiler. Auch über den so bekannten Architekten Adolf Loos, der Altenbergs Taufpate war, als dieser zum Christentum konvertierte, ist Derartiges bekannt, er musste sich auch einem Strafverfahren stellen.)


Im 21. Jahrhundert darf ich auch ohne männliche Begleitung in einem Kaffeehaus Platz nehmen - wohlwissend, dass das allerdings längst nicht überall auf dieser Welt erlaubt ist. Ich entscheide je nach Gusto, wo ich einkehre, wenn ich mich wieder einmal für ein paar Stunden auf besondere Weise entspannen möchte und die Welt vor den Toren des Hauses Welt sein lasse. Weil das nämlich von Zeit zu Zeit höchstnotwendig für mich ist. Mir ist nicht nur das meist sehr ansprechende Angebot an Torten, Kuchen, Strudeln, Palatschinken und manchmal auch Buchteln wichtig, sondern auch das große Zeitungs- und Zeitschriftenangebot, das so typisch ist für ein Kaffeehaus, das nach Wiener Tradition geführt wird. Im Kaffeehaus bin ich meistens ohne Begleitung, denn ich nehme gerne in aller Ruhe das Zeitungs- und Zeitschriftenangebot an.

So geschehen auch vor wenigen Tagen. Aufmerksam studierte ich Seite um Seite in einer Zeitung. Und landete bei einem Artikel, der das Thema der Frauenmorde in Österreich zum Inhalt hatte. Mit Stand 8.11.2023 sind 27 Morde an Frauen verzeichnet, wobei 25 einem Femizid zugeordnet werden, es gab 40 Mordversuche oder Fälle schwerer Gewalt an Frauen. (Quelle: Autonome Österreichische Frauenhäuser)

Femizid ist ein weltweites Phänomen, geprägt durch kulturelle und traditionelle Muster.

Laut Schätzungen der Vereinten Nationen werden weltweit 137 Femizide täglich verübt. Hintergrund für derart traurige Fakten ist ein brutales patriarchales Denksystem, das immer noch extrem stark in den einzelnen Gesellschaften verankert ist. Und ich möchte hier nicht immer auf Traditionen linsen, die in "anderen" Kulturen verankert sind. Ich glaube, um patriarchale Muster hierzulande und auf europäischer Ebene zu durchbrechen, ist es auch wichtig, sich gerade mit christlichen Prägungen zu beschäftigen. Wir dürfen da nicht wegschauen! Und es gibt noch soviel zu tun ... Und beginnen müssen wir bei unseren Jüngsten - ich werde nicht müde, das zu betonen!

(Zu Femiziden, zur österreichischen Gesetzeslage und zu möglichen Präventionen weitere wichtige Informationen hier.)


Nicht zu übersehen in diesen Tagen auch der Umstand, dass wir uns Weihnachten nähern. Mit großen Schritten, auch, wenn viele aufgrund der Witterung davon noch gar nicht zu träumen wagen. Es ist dies die Zeit, in der viele über Geschenke nachdenken. Ich mache das nur noch in sehr überschaubarem Maße, ich beschenke drei Kinder mit materiellen Geschenken. Viel wichtiger sind mir schon lange immaterielle Geschenke ...


#reisen Foto: C* - im Café Savoy (Erwähnung erfolgt ohne Auftrag des Betreibers), unweit des Wiener Naschmarktes. Zur prunkvollen Architektur gehören zwei riesige Spiegel, die als die größten aus einem Stück hergestellten Spiegel (in Europa) nach jenen des Schlosses Versailles gelten.

Wer noch mehr über Wiener Schauplätze erfahren und auch Einblick in die österreichische Seele nehmen möchte, der kann mir gerne hier folgen.

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