Ruth Bader Ginsburg (1933 - 2020) möchte ich als tatkräftige Frau bezeichnen, die trotz oder vielleicht auch wegen ihrer privilegierten beruflichen Stellung eine unermüdliche Kämpferin für Frauenrechte war. Jedenfalls waren ihre bitteren persönlichen Erfahrungen während ihres Studiums und während ihrer Zeit als junge Juristin prägend für ihre Haltung.
Ihr Engagment für Frauenrechte hat sie weit über die Grenzen der USA hinaus bekannt gemacht, selbst Männer konnten ihr die Anerkennung für ihre couragierte Arbeit nicht versagen. Selbst, als sie wiederholt an Krebs erkrankte, wich Ruth Bader Ginsburg nicht aus ihrem so wichtigen Amt: Sie erhob ihre Stimme als Richterin am Supreme Court, wo sie 1993 vereidigt wurde; als schwer von Krebs gezeichnete Frau wurde sie auch in ihren letzten Lebensmonaten nicht leise. Bis zu seinem Tod im Jahr 2010 wurde sie in all ihrem Tun stets von ihrem Mann unterstützt.
Während ihrer juristischen Karriere wurde Ruth Bader Ginsburg wiederholt mit Sexismus konfrontiert, sie, dem Judentum angehörig, erlebte wohl auch Rassismus. Ihre berufliche Karriere startete holprig, lange erhielt sie trotz ihres glänzenden Universitätsabschlusses keinen adäquaten Job. Als sie endlich die Chance erhielt, an einer angesehenen Hochschule zu unterrichten, erlebte sie hautnah, was es heißt, trotz gleicher Qualifikation ein geringeres Gehalt als ihre männlichen Kollegen zu erhalten. In der Begründung hieß es, sie sei verheiratet und ihr Mann könne für ihren Unterhalt sorgen.
In ihrem Buch "Beklaute Frauen" holt die Historikerin und Journalistin Leonie Schöler vergessene erfolgreiche Frauen vor den Vorhang: Denkerinnen, Forscherinnen, Künstlerinnen, die Entscheidendes für die Gesellschaft geleistet haben, während Männer den Ruhm dafür geerntet haben. Wir erleben ein System, das Männer bestärkt, während das gleiche System dafür sorgt, dass Frauen aufgehalten werden, ihren Weg zu gehen. Aufhorchen lässt mich im TV-Magazin Kulturzeit, 3sat, die Aussage der Historikerin, dass Bertolt Brecht fast keines seiner Werke selbst geschrieben habe. Diese Deutung ist völlig neu und auch schockierend für mich. Elisabeth Hauptmann, eine junge Schrifstellerin, war Assistentin des großen Brecht. Laut Leonie Schöler und anderen Analytikern war die junge Frau maßgeblich an der Entstehung der "Dreigroschenoper" beteiligt. (Quelle hier)
Wer hat die DNA entdeckt? Suchmaschinen im Internet sind sich einig - als Entdecker werden Francis Crick und James Watson genannt. So erfahren wir das auch im Biologieunterricht. Dabei war es die britische Biochemikerin Rosalind Franklin, deren Forschungsergebnisse die Grundlage für die Entschlüsselung der DNA durch Crick und Watson bildeten, wofür die beiden 1962 den Nobelpreis erhielten. Rosalind Franklin wurde für ihre herausragende Arbeit niemals geehrt, besonders tragisch finde ich auch, dass sie im Alter von nur 37 Jahren an einer Krebserkrankung starb, die wahrscheinlich durch Röntgenstrahlen während ihrer Arbeit verursacht worden war.
Lange Zeit galten in der Forschung Männer als Jäger und Frauen als Sammlerinnen. Laut der Historikerin Leonie Schöler wurden nun allerdings auch in Gräbern von Frauen beigelegte Waffen entdeckt, was die vergangene Sichtweise gehörig auf den Kopf stellt: Damit wird klar, dass Frauen schon lange nicht nur automatisch Hausfrauen waren, sondern eben auch Jägerinnen und Anführerinnen. In der Steinzeit wurden also offenbar Leistungen und die sozialen Rollen von Menschen nach deren Fähigkeiten bemessen und nicht nach deren Geschlecht. Das hat sich in der jüngeren westlichen Geschichte geändert: Geschichtsschreibung ist also ein Spiegel der herrschenden Machtstrukturen. Diese sind eurozentrisch, männlich und weiß.
Ich empfehle den 7,5 minütigen Beitrag. Die Diskussion um Teilhabe und Sichtbarkeit halte ich für essenziell.
Foto: C* - Albertina, April 2019 - "Black Hat 2" aus der etwa zwanzigteiligen "Black Hat"-Serie von Alex Katz, inspiriert von Audrey Hepburns berühmter Szene in "Breakfast at Tiffany's"
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