Familienleben
- C*
- vor 8 Stunden
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Vor zwei Tagen wurde ich zufällig auf einen Film im Fernsehen aufmerksam, der mich derart beschäftigt, dass ich darüber schreiben möchte.
Der Titel des Films lautet We Need to Talk About Kevin (wie der gleichlautende Roman von Lionel Shriver, auf dem der Film basiert).
Das ereignisreiche Familienleben wird in der Tat zu einer verstörenden Geschichte, die im Rückblick aufgerollt wird.
Eva Khatchadourian (herausragend dargestellt von Tilda Swinton) ist eine Reisejournalistin. Als ihr Sohn zur Welt kommt, ist nichts mehr, wie es einmal war. Rasch zeigt sich, dass die Eltern mit ihrem Neugeborenen nicht klarkommen. Der kleine Kevin bringt vor allem die Welt der Mutter völlig durcheinander. Die ganze Aufmerksamkeit muss dem Kind gewidmet werden, denn Kevin ist ein Schreibaby und auch später, als Kleinkind, wird sich Kevin gegen alle liebevollen Gesten und Berührungen seiner Mutter mit trotzigem Gehabe wehren. Das Kind zeigt auch immer wieder ganz offen seine Zerstörungswut. Längst sollten sich die Eltern über Kevins Verhalten unterhalten, doch diese Gespräche finden nicht statt, im Gegenteil: Evas Mann Franklin sieht keinen Grund, zu handeln. Ein Arztbesuch mit Kevin bleibt ebenfalls ohne Diagnose. Die liebevolle Beziehung zwischen Eva und ihrem Mann wird durch Kevins Verhalten auf die Probe gestellt, dies auch, weil der Junge den Beziehungsversuchen des Vaters scheinbar entgegenkommt. Franklin gegenüber spielt Kevin den respektvollen Sohn. Somit ist Eva mit ihren Sorgen alleingelassen. Verschiedene Versuche ihrerseits, ihrem Sohn Aufmerksamkeit, Zuwendung und Zeit zu schenken, werden von ihrem Kind weiterhin mit Gleichgültigkeit, Gemeinheiten und Häme abgeschmettert. Je älter Kevin wird, desto klarer wird, dass er alle alarmierenden Anzeichen eines Soziopathen hat. Eva und Franklin werden noch einmal Eltern, Celia ist ein Mädchen, das den Eltern viel Freude macht. Und Kevin lässt nichts unversucht, seine kleine Schwester zu erniedrigen und zu quälen. Eines Tages verschwindet Celias Meerschweinchen - man weiß, wer dahintersteckt und es wird auch klar, was Kevin dem Tier angetan hat. Das Wort Bestie beschreibt aus meiner Sicht, wie Kevin tickt. Als er seine Schwester mit einem ätzenden Putzmittel schwerst misshandelt, sodass sie fortan ein Glasauge tragen wird, hat dies immer noch keine Konsequenzen für den Teenager, der inzwischen vom Schauspieler Ezra Miller dargestellt wird. (Ezra Miller hat auch im realen Leben schwere psychische Probleme, die ihn immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt bringen.)
Die Kindheit des Teenagers Kevin endet, wie man es durchaus erahnen kann, auf äußerst brutale Art und Weise; Kevin hat ein Massaker an der Schule angerichtet, für das er sich im Vorfeld auch penibel vorbereitet hat. Bevor er in seiner Schule tötet, hat er sich zuhause seines Vaters und seiner Schwester brutalst entledigt. Die Mutter, so kann man annehmen, bleibt vermutlich verschont, weil sie zum Tatpunkt der Morde an ihrem Mann und ihrer Tochter nicht zuhause war.
Evas Leben wird von diesem Tag an zur Hölle, sie kann ihr Haus nicht mehr verlassen, ohne von den Bewohner*innen der Kleinstadt geächtet zu werden. Trotz der verstörenden Taten ihres Sohnes besucht ihn Eva im Gefängnis, auch, weil sie wissen möchte, warum ihr Sohn solche Verbrechen begangen hat. Kevin weiß darauf keine Antwort.
Dieser Film ist schwerste Kost und kaum zu ertragen - und ich ziehe Parallelen zum Amoklauf in Graz. Wie oft habe ich mich schon gefragt, wie es wohl der Mutter des Amokläufers geht.
Liebe C*, allein schon das Bild zu Beginn – mit dem trotzigen (oder diabolischen?) Blick des Kindes – geht unter die Haut. Und deine Beschreibung dieses Films lässt mich erschauern. Ich habe Ezra Miller in den Phantastischen Tierwesen gesehen – er passt wohl sehr gut in diese Rolle.Die Ohnmacht, mit ansehen zu müssen, dass ein Kind gefährlich wird, ohne dagegen ankommen zu können, muss schier unerträglich sein. Zu sehen, dass das eigene Kind so intelligent ist, dass es andere austricksen kann (hier den Vater - aber Soziopathen tricksten auch Psychologen, Lehrpersonen etc. aus) und dass man als Mutter letztendlich allein dasteht und nicht weiß was man tun kann... das ist blanker Horror. Dass ich diesen Film derzeit kaum ertragen könnte, liegt siche…