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Elternbriefe



Diesen Satz von Astrid Lindgren würde ich einem Elternbrief, sollte ich einen zu verfassen haben, voranstellen.


Vor kurzem habe ich eine Handvoll "Elternbriefe" von meinem Vater erhalten. Diese wurden bereits Anfang der 1960er Jahre vom Katholischen Zentralinstitut für Ehe- und Familienfragen publiziert. Meine Mutter hat diese Briefe anlässlich meiner Geburt und meiner ersten Lebensjahre fein säuberlich gesammelt. Es würde mich interessieren, ob diese Serie automatisch an jedes frischgebackene Elternpaar übermittelt wurde oder ob man dafür sein Interesse bekunden musste? Das werde ich wohl nicht mehr erfahren, aber ich kann mich nun damit auseinandersetzen.

Ich beginne mit dem ersten Brief der Serie "du und wir", erschienen im Einhard-Verlag, Aachen. Bei meiner Recherche im Internet habe ich übrigens herausgefunden, dass es diese Elternbriefe auch heute noch gibt, ganz modern sogar, im Internet als pdf-Format - und hoffentlich auch inhaltlich auf der Höhe der Zeit!


"Ein neuer Mensch" - so lautet die erste Überschrift auf jenem vergilbten Stück Brief, der vor mir liegt. Ein neuer Mensch also - und der hat einen Namen. Logisch, soweit gehe ich konform! Mit Namen setze ich mich übrigens sehr interessiert auseinander. Tatsache ist, jeder Name hat seine Bedeutung(en). Diese können Eltern googeln oder auch in Büchern hinterfragen. Was manche Eltern ihren Kindern mit der Namenswahl antun, ist schauderbar! Man weiß das ja nicht erst, seit Elon Musk gemeinsam mit einer Mutter seiner zahlreichen Kinder einen Namen kreierte, den niemand aussprechen und nachvollziehen kann:

X Æ A-12 lautet der Name seines 2020 geborenen Sohnes, er wurde später in

X AE A-XII umgewandelt, was keine Verbesserung darstellt, wie ich meine.


Eine weitere Überschrift weist auf "Gottes zuvorkommende Liebe" hin. Es gab und gibt Zeiten in meinem Leben, wo ich daran heftige Zweifel hege - obwohl ich durchaus an eine Schöpferkraft glaube. Also, Gott liebt Kinder. Das lasse ich mal so stehen - und möchte mich gleichzeitig schon darüber wundern dürfen, dass so viele Kinder unfassbar Grausames durch ihre Eltern erleben ... DAS habe ich schon als Kind nicht verstanden: Wie kann Gott so etwas zulassen? Bis heute gibt es auf diese Frage keine Antwort!

Ich blättere weiter durch den Elternbrief - bis zur Überschrift "Vater ist der Beste". Ahja, jetzt könnte es interessant werden! "Der Vater wird viel gebraucht in diesen Tagen. Mutter und Kind wissen gar nicht, was sie ohne ihn anfangen sollen. (Das Kind wurde gerade geboren ... und stellt sich schon die bange Frage, was es ohne seinen Vater anfangen sollte?)

Und gelegentlich übernimmt er mannhaft die Nachtschicht, wenn seine Frau zu müde ist." Bitte aufzeigen, liebe Kinder der 1960er und 1970er Jahre, wer hat so einen Vater erlebt? Ich bin Jahrgang 1970, mein Vater hat diesen Elternbrief wohl nicht gelesen - oder er hat ihn nicht verstanden oder seinen Inhalt nicht verinnerlicht. Meine Mutter hatte keinen Mann, der mannhaft eine Nachtschicht übernommen hat, soviel steht fest. Ihr Mann, mein Vater, bestand auf seinen erholsamen Schlaf! Immerhin, der Mann, "er hat eine Familie gegründet. Er führt sie." Die Frau hat also zur Familiengründung nichts beigetragen. Punkt. Rufzeichen! Fragezeichen? Der Mann führt die Familie. Die Frau hat sich unterzuordnen.


Weiter geht's im Elternbrief: "Ferien vom Kind?" - "Es gibt wieder ein richtiges, ausgefülltes Eheleben, in dem Baby nicht immer die Hauptrolle spielen darf. Im Gegenteil, ab und zu ist es notwendig, daß seine Eltern ein paar Stunden 'Ferien vom Kind' machen und ihren Hobbys nachgehen, falls ein Babysitter zur Hand ist. Das macht die Eheleute ausgeglichener und heiter, und ihre Harmonie strahlt auf das Kind über. Und noch etwas: Falls seine Frau berufstätig ist, überlegt sich der Mann vielleicht auch, ob sie die Arbeit nicht vorläufig aufgeben kann. Trotz finanzieller Einbußen! Ein kleines Kind braucht seine Mutter." Der mannhafte Mann überlegt sich also, ob seine Frau die Arbeit vorübergehend(!) aufgeben kann. In mir rumort es: Kann seine Frau nicht selbst denken? Jetzt fällt es mir wieder ein, in den 1960er und 1970er Jahren musste der Mann seiner Frau die Erlaubnis geben, dass sie arbeiten gehen durfte (österreichische Gesetzeslage)! Erst 1975 stellt die Familienrechtsreform Frauen und Männer rechtlich gleich: Frauen dürfen ohne Zustimmung des Mannes arbeiten, über den Wohnsitz mitentscheiden und den Familiennamen wählen. Ich kenne Frauen, die auch nach 1975 nicht mehr arbeiten durften. Eine dieser Frauen kenne ich besonders gut, sie ist meine Mutter.


#Kinder #Eltern Bild: C*

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