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Echte Selbstbestimmung auf beiden Seiten ...



... eine Win-Win-Situation, die ich auch künftig nicht missen möchte!

In Ausübung meines Berufes als Persönliche Assistentin arbeite ich jeweils mit einem Menschen mit Behinderung, indem ich ihn mit meiner Körperkraft unterstütze. Es ist aber vielfach auch notwendig, für Menschen mit einer Sehbehinderung Texte zu lesen und nach Diktat zu schreiben. Meine Aufgabenbereiche sind sehr vielseitig.


Wer auch in meinem Blog "Seelenbilder" liest, hat möglicherweise bereits meinen ausführlichen Beitrag - "Selbstbestimmt leben" - gelesen.

Ich arbeite hauptberuflich als Persönliche Assistentin am Arbeitsplatz und auch - schon seit ein paar Jahren - nebenberuflich im Rahmen eines freien Dienstvertrages als Persönliche Assistentin im privaten Bereich. Das mag sich auf den ersten Blick etwas verwirrend lesen, lässt sich aber wie folgt erklären: Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz und Persönliche Assistenz im privaten Bereich werden aus unterschiedlichen Quellen finanziert.

Nun wurde im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine neue Förderrichtlinie erarbeitet, die einen einfacheren Zugang für mehr Menschen zu Assistenzleistungen sowie in allen Bundesländern einheitliche Rahmenbedingungen ermöglichen soll. Dazu gibt es allerdings aus Oberösterreich, der Steiermark und aus Wien berechtigten und erheblichen Widerstand. Daher wurde im April ein Offener Brief der Soziallandesräte aus diesen Bundesländern an Bundesminister Rauch übermittelt, weil auf die Selbstbestimmungsrechte der Assistenznehmer*innen und auf bestens etablierte Strukturen in den Bundesländern kaum Rücksicht genommen wird.


Was bedeutet Persönliche Assistenz?

Der Staat (hier kann ich nur die Situation in Österreich beleuchten) ist verpflichtet, Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Neben betreuten Wohnformen gibt es auch Persönliche Assistenz, um dieses Recht zu gewährleisten.

Persönliche Assistenz unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von mobilen Hilfsdiensten, ein gravierender Unterschied sind definierte Selbstbestimmungsrechte für die Assistenznehmer*innen. Dies bedeutet u.a., dass Menschen mit Beeinträchtigungen die Kompetenz der Wahl der Persönlichen Assistent*innen haben, dies betrifft auch die Einteilung der Dienste und die Bestimmung des Ortes, an dem Assistenz geleistet wird.


Adolf Ratzka kann als großartiger Pionier auf diesem Gebiet gesehen werden, er hat die Philosophie des Selbstbestimmten Lebens wesentlich geprägt. In einem Satz hat er zusammengefasst, was Persönliche Assistent*innen für ihre Assistenznehmer*innen leisten. Dies bedeutet lt. einer Veröffentlichung der Tageszeitung "Der Standard" für derzeit etwa 600 Menschen in ganz Österreich, an ihrem Arbeits- oder Ausbildungsplatz persönliche Assistenz in Anspruch nehmen zu können. Im Privatbereich gilt dies demnach für rund 2000 Menschen.

Die Anzahl der Menschen, die bis dato Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen können, ist erschreckend niedrig. Der Bedarf liegt natürlich wesentlich höher!

Der derzeitige Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Johannes Rauch, will das System mit einer einheitlichen Regelung in allen Bundesländern für Beruf und Freizeit vereinfachen und auch auf Menschen mit intellektuellen und psychischen Beeinträchtigungen erweitern. Was sich zunächst gut anhört und teilweise von den Medien auch recht einseitig als vorteilhaft dargestellt wird, weist im Detail allerdings Tücken auf. Was die viel diskutierte Finanzierung der geleisteten Assistenzstunden betrifft, habe ich auf beide derzeit praktizierten Modelle Einblick, da ich sowohl in der vom Bund finanzierten Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz tätig bin, wie auch in der Persönlichen Assistenz für den Privatbereich, die von den einzelnen Bundesländern finanziert wird. Der Minister will nun die sehr fair gestalteten freien Dienstverträge, die in der PA für den Privatbereich üblich sind und sämtliche arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften einhalten, kippen. Er möchte ein fixes Dienstverhältnis für alle Assistent*innen verpflichtend etablieren, was zur Folge hätte, dass u.a. fixe Dienstpläne einzuhalten wären. Gerade im Bereich der PA im Privatbereich ein Desaster! Man stelle sich vor, das eigene Privatleben verliefe nur nach Stundenplänen, kein Raum mehr für spontane Entscheidungen!

Weiters müssten Assistent*innen ihre fixen Stundenzuteilungen erfüllen und würden gegebenenfalls bei zu geringer Auslastung auch an weitere Assistenznehmer*innen zugeteilt, was klar dem Selbstbestimmungsrecht des Assistenznehmers / der Assistenznehmerin (Wahl des Persönlichen Assistenten / der Persönlichen Assistentin) widerspricht. Übrigens auch meiner Selbstbestimmung, denn auch ich möchte entscheiden dürfen, wem ich wann und wo assistiere.


Was mich für meinen Beruf neben dem Kennenlernen von netten Menschen dankbar sein lässt, ist die Vielseitigkeit meiner Aufgabenbereiche, sowohl am Arbeitsplatz meiner Assistenznehmer*innen, als auch im Privatbereich - wie meine Fotocollage eingangs andeuten soll: Persönliche Assistenz orientiert sich am individuellen Bedarf der Assistenznehmer*innen. Persönliche Assistent*innen schwingen bei Bedarf den Kochlöffel, unterstützen im Haushalt (sie sind allerdings keine Putzkräfte), sie assistieren bei der Körperhygiene und beim Toilettengang, unterstützen Assistenznehmer*innen bei der Kommunikation, bei Arzt- und Behördenterminen wie auch bei beruflichen Terminen. Persönliche Assistent*innen begleiten beim Einkaufen und erledigen im Garten einfache Arbeiten, sind aber auch Begleiter*innen bei einem Konzertabend, bei einer Sportveranstaltung, im Kino oder assistieren bei einem Restaurantbesuch, usw.


Für mich ist der Gedanke, dass das Recht eines Menschen mit Behinderung auf ein selbstbestimmtes Leben so viele Einschränkungen erhalten soll, entsetzlich. Was wäre das für ein schrecklicher Rückschritt!

Ich hoffe daher inständig, dass das Aufzeigen all der gravierenden Mängel der Förderrichtlinie Wirkung zeigt, denn: Behinderung oder Nicht-Behinderung ist eine Frage des menschlichen Umganges miteinander!

Mein Herz schlägt ganz klar für die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes Leben, so, wie es derzeit möglich ist, und für ein faires und respektvolles Miteinander - und das wünsche ich mir auch von der Politik!

Fotocollage: Paar im Rollstuhl - Pixabay, Krzysztof Pałys; alle weiteren Fotos: C*

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