Nicht nur in Österreich haben Schülerinnen und Schüler Probleme beim (sinnerfassenden) Lesen.
Das Vorzeigeland in Sachen Bildung und Digitalisierung, Schweden, ist in Alarmstimmung, denn auch dort gibt es schlechte Ergebnisse bei Untersuchungen, die das Lesevermögen von Grundschulkindern unter die Lupe nehmen. Für die Wiedereinführung des Papiers wird viel Geld in die Hand genommen.
Auch international wird von immer mehr Bildungspsycholog*innen gefordert, wieder auf mehr Papier zu setzen.
Zum digitalen Lesen meint der Hirnforscher und Psychologe Peter Gerjets: "Digitales Lesen heißt auch multimediales Lesen, mit Hyperlinks, bewegten und interaktiven Grafiken, Animationen - solche digitalen Leseelemente können das Gehirn stark beanspruchen. ... Ressourcen, die für ein tiefes Lesen nötig wären, werden leicht durch Klicken und Multimedia verschwendet."
Und Österreich? Österreich ist bei der Digitalisierungswelle spät auf den bereits fahrenden Zug aufgesprungen, was vor allem den Wirtschaftsparteien und vielen Unternehmer*innen missfallen hat - und der derzeitige Bildungsminister, Martin Polaschek (ÖVP), sieht nun, selbst angesichts vieler Warnungen in Hinblick auf digitales Lernen, keinen Handlungsbedarf: Vielleicht sind solche Erkenntnisse noch nicht durchgedrungen? Erst noch müssen die Schüler*innen ja zukunftsfit gemacht werden!
Was also tun?
Ganz klar, die Digitalisierung ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Daher kommen natürlich auch Warnungen davor, Tablets & Co. ganz aus dem Unterricht zu verbannen. Die Schule hat ganz klar auch die Aufgabe, Kinder ins Leben zu begleiten, digitale Kompetenzen müssen also auch gezielt erarbeitet werden. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn der Einsatz von digitalen Medien mit Maß und Ziel erfolgt: Das Hin- und Herwischen zwischen verschiedenen Aufmerksamkeitsquellen ist für die neuronalen Verknüpfungen im kindlichen Gehirn problematisch. Eine vertiefende Verarbeitung von Inhalten ist wegen der kurzen Aufmerksamkeit und der vielen Reize kaum möglich.
Und es wird ebenfalls immer klarer, dass sich der Spracherwerb effizienter und erfolgreicher mit dem Lesen von gedruckten Büchern gestalten lässt. Studien zeigen auch, dass Zehnjährige, die zuhause Bücher lesen, ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, die das selten oder nie tun, um rund ein Jahr hinsichtlich Wortschatz voraus sind.
Ein Schulversuch
Das Thema des Schulversuches an zwei zweiten Klassen eines Wiener Gymnasiums: "Ändert Gendern die Wahrnehmung?" - "... Finden die Kinder Berufe schwieriger, besser bezahlt oder wichtiger, wenn sie nur im generischen Maskulinum formuliert werden? Der Kernkonflikt beim Gender-Thema geht aber über männlich und weiblich hinaus: Die große Aufregung betrifft vor allem die Geschlechter-Vielfalt, also das Gender-Sternchen und andere Sonderzeichen. Wie viele trans-, nonbinäre oder intersexuelle Menschen in Österreich leben, ist schwierig zu sagen. Sie sind eine Minderheit, die in der Öffentlichkeit aber zunehmend selbstbewusst auftritt. Das provoziert viele. Macht Gendern unsere Gesellschaft wirklich toleranter oder ist das alles übertrieben?" ("Puls 4", online-Text zur TV-Dokumentation "Scheiß Gendern?")
In einer der beiden Klassen werden Berufe nur im generischen Maskulinum formuliert, in der anderen Klasse werden die Berufe auch im generischen Femininum ausgesprochen.
Es stellt sich in diesem Schulversuch heraus, dass die Kinder in diesem Wiener Gymnasium inzwischen Berufe, die mit Frauen verbunden werden, nicht mehr geringer schätzen, wenn sie in der weiblichen Form formuliert werden. Ich meine, hier hat sich etwas bewegt - die Lehrenden legen Wert auf gendersensible Sprache, die Kinder finden das inzwischen völlig "normal".
Ich möchte festhalten, dass mir viele öffentliche und private Gender-Debatten zu ideologisch und zu emotional geführt werden. Ich bin ein Mensch, der gerne abwiegt und lieber gelassen bleibt. Ich will auch nicht missionieren, das ist nicht mein Weg, nicht mein Ziel. Und auch Fanatismus, der einhergeht mit Beschimpfungen, egal, bei welchen Themen, finde ich erschreckend.
Ich berichte lediglich über ein mir interessant erscheinendes Thema und teile Erfahrungen und Beobachtungen. Nicht mehr und nicht weniger.
Sprache bewegt - und dies ist auch beim Versuch unter den Schülerinnen und Schülern deutlich geworden. (Übrigens, die Paarform, die ich gerade verwendet habe, scheint die wenigsten Menschen aufzuregen. Die meisten übersehen vermutlich sogar, dass auch auf diese Weise gegendert wird.)
Die Dokumentation geht ebenso darauf ein, warum auch viele Frauen gegen das Gendern sind, vor allem in Zusammenhang mit Berufen. Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin möchte als "Ministerpräsident" angesprochen werden. Die Erklärung ist interessant wie einleuchtend: Männliche Formen verkörpern ein höheres Machtverhältnis, weshalb viele Frauen die weiblichen Formen (instinktiv?) ablehnen.
Ca. 60 - 80 % der österreichischen Bevölkerung (die Stimmungslage scheint sehr wechselhaft) sind gegen das Gendern.
In Österreich leben ungefähr 160.000 Menschen, die sich als trans-, nonbinär oder intersexuell zuordnen. Sie wollen sichtbar sein - und dafür habe ich größtes Verständnis.
Ich bin weiß Gott kein Fachmann auf dem Gebiet, aber vielleicht sollte man den Kindern wirklich erst einmal Lesen, Rechnen und Schreiben beibringen, ehe man sie an die Digitalisierung heranführt. Die Ergebnisse sind ja auch für Deutschland erschreckend.
Allerdings vermute ich dahinter auch wirtschaftliche Interessen. Die Kinder werden früher oder später alles potenzielle Kunden.
Liebe Grüße
Jutta
Interessante Ergebnisse - vielen Dank dafür und liebe Grüße, Annette (Ruhrköpfe)
Mein Lieblingspapiergeschäft muss zusperren, weil es sich nicht mehr rechnet. vor allem weil die Schüler*innen als Kundschaft wegfallen ..... Nur so eine Bemerkung am Rande ... LG Myriade