Gar nicht einfach gestaltete sich meine Suche nach einem für meinen Beitrag passenden Zitat. Fündig wurde ich schließlich in einem Magazin über urbane Kultur, in einer Buchvorstellung, "Die Fassade - Verkleidung und Illusion, Verbrechen und Zitat",
Autor: Jan Büchsenschuß.
Auf meinen Spaziergängen achte ich sehr genau auf Häuserfassaden. Ich lasse sie auf mich wirken - gefallen sie mir?
Ich habe eine Vorliebe für ältere und alte Gemäuer, jedenfalls für gepflegte Häuser. Auch für Außergewöhnliches kann ich mich begeistern, wie für das Hundertwasserhaus in Wien.
Manchmal beginne ich zu träumen. Und ich überlege, würde ich da gerne leben wollen? Wie sehen wohl die Wohnungen hinter den Fassaden aus? Wer hat hier und dort wohl schon gelebt?
Welche Menschen leben heute hinter den Fassaden, die ich betrachte?
Wer arbeitet hier und dort, hinter den Fassaden?
Wie leben die Menschen, die hier und dort wohnen? Wo lassen sie sich nicht hineinschauen? Welche Geheimnisse umgeben sie? Welche Erfahrungen prägen sie? Worüber lachen sie, worüber weinen sie, worüber reden sie?
Menschliche Fassaden - als Schutz vor der Außenwelt?
Welche Fassaden haben Menschen nach außen hin aufgebaut? Warum?
Täusche ich mich oft in der Einschätzung von Menschen oder lasse ich mich gar täuschen?
Menschen sehen und von Menschen gesehen werden - nichts davon scheint mir selbstverständlich! Darüber denke ich nach. Und ich erinnere mich.
Ich erinnere mich besonders in diesen Tagen an frühe Spaziergänge mit meiner Mutter. Damals lebte ich noch im Herzen von Linz, von dort bin ich längst abgewandert. Zuviel Lärm, zuviel Unruhe, zu viele Häuser, zu viele Busse, Autos, Motorräder - mittlerweile auch Fahrrad-Raser*innen, E-Scooter kreuz und quer über den Gehwegen, nicht auszuhalten!
Ich brauche Licht, Natur, Weite, Wege ins Freie!
Diese frühen Spaziergänge führten uns häufig an der Linzer Synagoge vorbei. Ich erinnere mich, diese Wege immer mit einer gewissen Anspannung gemacht zu haben, denn vor dieser Synagoge, die von Zäunen eingerahmt ist, standen immer Polizisten, sie schritten auf und ab, schwer bewaffnet und schweigend. Furcheinflößend wirkten diese großen Gestalten auf mich als Kind. Beklemmende Momente, ich wollte meine Schritte meistens beschleunigen - und dennoch war da so eine Neugierde in mir: Was tun die da? Warum sind die da? Für wen sind die da? Meine Mutter wird es mir wohl erklärt haben, aber ich erinnere mich nicht mehr an ihre Worte. Nur an Gefühle.
Heute selbiges Bild. Heute weiß ich, warum die Polizisten vor Ort sind. Ich bin längst erwachsen, doch die Gefühle sind die gleichen. Manchmal kommen Tränen dazu.
Fotos: C* oben links: die französische Botschaft in Wien, Schwarzenbergplatz
unten links: das Hundertwasserhaus in Wien, 3. Bezirk, Wohnhausanlage
rechts: diese Fassade hat mich in Passau begeistert
Solche Fassaden können mich auch begeistern - alte und neue. Bei den alten sind es die Schönheit und die Details, bei den neuen dann eher die Geometrie und die Effekte, die Glas, Stahl und Licht erzeugen. Beides hat seinen Reiz.
Bei sehr alten Häusern frage ich mich dann auch mitunter, wer da wohl schon so alles gewohnt.
Bei uns in Berlin ist die Synagoge auch zu "normalen" Zeiten bewacht, jetzt natürlich noch mehr.
Liebe Grüße
Jutta
Mich animieren eher Fenster und Türen zu ähnlichen Gedanken. Hier in Recklinghausen liegt die Synagoge direkt neben dm Poizeipräsidium, ob dort noch gesonderte Posten stehen, weiß ich gerade nicht. Ich finde es schrecklich, dass solche Sicherheitsmaßnahmen überhaupt not-wendig sind. Herzliche Grü?e
Fassaden, ja sie können täuschen, uns so oder so "hinters Licht führen".
Man kann, wenn sich das Geheimnis lüftet, enttäuscht oder erfreut sein...
Und das mit der Angst hinter manchen Gebäuden (so wie du sie zuletzt schilderst), macht tief betroffen. Mit Freiheit hat das nichts zu tun, leider.
Ich lasse nachdenkliche Grüsse hier,
Brigitte