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Anderssein




Das Anderssein, nämlich jenes, das damit einhergeht, wenn mit dem (verbalen) Finger auf jemanden gezeigt wird, weil das DU nicht den eigenen Vorstellungen von Lebensführung entspricht, ist das, was ich als unmenschlich, ausgrenzend und inakzeptabel empfinde.


Friedrich Rittelmeyer (1872 - 1938), evangelischer Theologe und Pfarrer, erlebte den ersten Weltkrieg und die Strömungen und Entwicklungen, die zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges führten. Er war Kriegsgegner - und diese Haltung war auch in der evangelisch-lutherischen Kirche überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Ihm stand der Sinn nach theologischer Erneuerung, dabei lernte er Rudolf Steiner kennen, was später zur Gründung der Bewegung Die Christengemeinschaft führte. Diese Gemeinschaft versteht sich als "freie Kirche ohne Dogmen", eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft ist in Österreich bislang nicht erfolgt, religionssoziologisch wird diese Gemeinschaft auch heute mitunter noch als Sekte eingestuft.


Mir fällt auf, dass es auch im Christentum viel Uneinigkeit untereinander gibt, um nicht zu sagen: Konkurrenz und Streit

Ich persönlich habe aus der Beschäftigung mit dem Christentum und im Besonderen mit der römisch-katholischen Kirche schon vor Jahren meine Konsequenzen gezogen. Ich bin dabei Jahrhunderte zurückgewandert und habe mich davon überzeugt, dass an den Händen so mancher Heiliger Blut klebte. Christsein mit Blut an den Händen, das ist für mich ein Bild, das einfach nicht zusammengeht.

Papst Franziskus hat vor wenigen Tagen wohl dafür gesorgt, dass er unter den alten Herren, die im Vatikan noch immer über viel zu viel Macht verfügen, weitere Gegnerschaft auf den Plan gerufen hat: Erlaubt sind nun ganz offiziell einfache Segnungen von gleichgeschlechtlich liebenden Paaren. Allerdings sollen ihnen eine liturgische Segnung sowie eine kirchliche Eheschließung weiterhin verwehrt bleiben. Eine liturgische Segnung setze laut Erklärung nach wie vor voraus, "dass das, was gesegnet wird, dem Willen Gottes entspricht, wie dies in der Lehre der Kirche zum Ausdruck kommt".

Ich frage mich ja immer wieder, ob irgendein Mensch schon einmal Gott getroffen hat? Ihm immer wieder zu unterstellen, was er angeblich will und was nicht, das halte ich für unsagbar überheblich - und ich halte es auch für Gotteslästerung, vor allem dann, wenn im Namen Gottes Krieg geführt wird.


Das selbst gefühlte Anderssein, dieses beschäftigt mich besonders intensiv seit zwanzig Jahren. Dieses zu entdecken, immer und immer wieder anzuecken, nicht nur in der eigenen Familie, war ein sehr schmerzlicher Prozess, dem ich mich auf vielfältige Weise gestellt habe und noch immer stelle. Mein hochsensitives Wesen, meine Auseinandersetzung mit meiner Umwelt, all dies keine Themen mehr für Gespräche mit Menschen, die ich als abwertend erlebt habe und erlebe. Einst war es mein Bedürfnis, genau bei den Verständnislosen Gehör zu finden, gesehen zu werden - es ist immer noch ein Bedürfnis meinerseits, gleichzeitig habe ich allerdings auch Klarheit erlangt, dass Offenheit, die mich wachsen und gedeihen lässt, mit diesen Menschen nicht möglich ist. Ich habe die Kostbarkeit von Wahlverwandtschaften entdeckt - und für diese Menschen in meinem Leben bin ich sehr dankbar.

Ich nehme klar Haltung ein, wenn ich Menschen unterstützen kann, zu lernen, ihr gefühltes Anderssein anzunehmen.

Mein Anderssein zeigt sich in meinem Leben nicht immer als eine Entscheidung, um meinem Gewissen folgen zu können; es ist auch etwas, das ich mir nicht bewusst ausgesucht habe. Ich wurde damit geboren.


#DU #Sein Bild: C*

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