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- vor 5 Stunden
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Als der österreichische Kardinal Christoph Schönborn gefragt wurde, was von Papst Franziskus bleiben würde, meinte er: Todos, Todos, Todos - Franziskus meinte immer Alle, Alle, Alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Glauben, sozialem Status oder sexueller Orientierung, sind zu respektieren, auch, wenn man nicht jeden Menschen mögen kann.
Der Tod des Papstes war vorhersehbar; ich war überrascht, dass er an seiner schweren Erkrankung nicht schon im Krankenhaus verstorben war. Dennoch war es am Ostermontag dann doch ein für viele Menschen plötzlicher Tod. Ich empfinde Freude in meiner Traurigkeit, dass er zu diesem Zeitpunkt, zum Fest der Auferstehung, sterben durfte.
Offensichtlich trifft auch auf Franziskus zu, was man sich immer wieder erzählt von Menschen, die sich aus ihrer körperlichen Hülle lösen: Sie spüren den Zeitpunkt des nahenden Abschiedes und möchten vielfach noch etwas für sie Wichtiges vollbringen. Ich bin überzeugt, dass sich Franziskus von den Menschen zu Ostern verabschieden wollte - und ich muss ehrlich gestehen, diese Geste hat mich zutiefst angerührt. Dieser alte kranke Mann, der seinen Krankenpfleger gefragt haben soll, ob er ihm zutraue, noch einmal zu den Menschen zu gehen - er hat alles, alles, alles gegeben, bis in seine letzten Stunden. Einige Tage zuvor besuchte er noch die Insassen eines Gefängnisses, um bei ihnen zu sein, und er hat auch noch Besuche empfangen. Allein für seine vielfache Präsenz in seiner so leidvollen Zeit zolle ich ihm meinen tiefsten menschlichen Respekt.
Als der österreichische Kardinal Franz König am 13. März 2004 in Wien hochbetagt verstarb, hatte ich das drängende innere Bedürfnis, mich von diesem ehrenvollen Mann im Stephansdom, wo er aufgebahrt war, zu verabschieden. Es waren damals viele, viele Menschen, die dieses Bedürfnis hatten.
In diesen Tagen ist Papst Franziskus in Rom aufgebahrt. Und der Gedanke, wie viele Menschen da an seinem Leichnam vorbeiziehen, macht was mit mir. Ich finde es inzwischen befremdlich, dass Menschen in aller Öffentlichkeit aufgebahrt werden. Ich habe das Gefühl, sie würden zur Schau gestellt. Auch, wenn Menschen sehr öffentlich gelebt haben - ich würde mich heute nicht mehr auf diese Weise verabschieden, denn ich hätte das Gefühl, die Totenruhe zu stören.
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