Von der Lichtsammlerin will ich Dir heute erzählen. Und von der Tänzerin zwischen den Himmeln.
Zunächst erzähle ich Dir, wie ich die Lichtsammlerin getroffen habe.
Sie hat mich vor wenigen Wochen im Sturm erobert. Genau genommen habe ich sie gefunden. Nie zuvor habe ich von ihr gehört.
Wie ich es so gerne mache, habe ich auf meiner Heimfahrt nach einem beschwerlichen Arbeitstag eine kleine Rast eingelegt, weil ich mich nach meiner kleinen, feinen Buchhandlung meines Vertrauens sehnte.
Ich finde, in meinem Buchladen gibt es besondere Menschen - und die Zeit geht ein bisschen langsamer. Etwas altmodisch sieht es hier aus und genau so soll es auch sein, in einem Buchladen.
Etwas Außergewöhnliches, das war mein Wunsch. Eigentlich auf der Suche nach einem wirklich schönen Buch für einen lieben Menschen. Der Buchhändlerin meines Vertrauens habe ich meinen Wunsch geschildert. Ich suche einen Roman, der eine gute Geschichte erzählt, habe ich zu ihr gesagt. Ich suche einen Roman, dessen Landschaft von einer schönen Sprache gezeichnet wird - das war mir auch wichtig.
Nachdem die Buchhändlerin kurz in sich hineingehört hatte, hat sie mir auch schon ganz entschlossen vier Bücher aus ihrer Bücherwand herausgesucht. Interessiert habe ich alle Bücherrücken studiert und einige Seiten in den einzelnen Büchern hin- und hergeblättert. Dann die Bücher umgedreht und eingehend betrachtet. Und da habe ich mich sofort und ohne Zögern in die Lichtsammlerin verliebt. So ein strahlender, mein Herz erwärmender Titel für ein Buch - schon lange nicht mehr gelesen. Eigentlich noch nie: DIE LICHTSAMMLERIN
Und dann der Einband - so ein stimmungsvoller Einband, sehr altmodisch anmutend, perfekt passend zum Titel! Vogelperspektive - ein kleines Boot auf einem Fluss, vorbei an golden glänzenden Laubgehölzen. Noch nie gesehen! Ich war sofort entschlossen, diesem Buch ein Zuhause zu geben. Und dann, endlich in meinen vier Wänden! Türe zu, Schlüssel umgedreht, Buch ausgepackt: Ich konnte es kaum erwarten, der Lichtsammlerin möglichst rasch die ersten Geheimnisse zu entlocken ...
Beatrix Kramlovsky ist etwas Erstaunliches gelungen: Sie erzählt uns eine Geschichte, die einen unwiderstehlichen Sog entwickelt. Historische Details, die sich in meiner Heimat zugetragen haben, werden gekonnt mit starken Figuren besetzt, die genauso erfunden sind wie sie auch auf wahren Vorbildern beruhen. Liebevoll wurde von der Autorin an dieser so großartigen Reise durch mehrere Leben, an viele Orte und sich über einige Jahrzehnte spannend, gearbeitet.
Dabei tritt die Lichtsammlerin als ein lichtvolles Wesen zutage, wie es damals, in den dunklen Jahren des Zweiten Weltkrieges, wohl nur ganz wenige gab.
Als Lichtsammlerin wird über Rosa von jenen Menschen gesprochen, für die sie Licht sammelt in einer grauenhaften Zeit, in der Menschen gnadenlos verfolgt und ermordet werden. Rosa wird Josef begegnen und die beiden werden sich fortan innig lieben und einander ein Leben lang wahrnehmen. Sie werden ihre Tochter Erika nennen und Erika wird ihrer Tochter den Namen Maria geben. Mary wird man sie rufen. Das Mädchen wächst in Australien zu einer jungen Frau heran. Ihre Großmutter Rosa wird sie nie kennenlernen und wenn Mary nach ihrer Großmutter fragt, wird ihre Mutter lange schweigen: "Manchmal sprach sie von der Lichtsammlerin, und ich wusste oft nicht, ob sie ihre Mutter Rosa meinte, die Hoffnung für so viele war, oder vom Fluss, der über ihren Lichtern wachte."
Ich habe gerade die Entscheidung getroffen, Dir an dieser Stelle nicht mehr über Rosa, Erika, Mary und die Menschen, die ihnen begegnen, zu verraten. Denn vielleicht möchtest Du ja all diese Menschen, von denen dieses Buch erzählt, selbst kennenlernen?
Doch von der Tänzerin zwischen den Himmeln will ich Dir unbedingt noch erzählen.
Fast zeitgleich, als ich die Lichtsammlerin Rosa kennengelernt habe, bin ich nämlich einer anderen Frau auf einer meiner kleinen Tagesreisen begegnet: der Tänzerin zwischen den Himmeln. Ihren Schirm, den sie an diesem herrlichen sonnigen Herbsttag bei sich trug, hatte sie weit geöffnet, und sie hielt ihn so, als wollte sie all das Licht, das vom Himmel auf uns herabfiel, in diesem Schirm sammeln. Hellauf begeistert und staunend über diese Tänzerin war ich, von allen Seiten habe ich sie betrachtet und sie hat mir auch gestattet, sie zu fotografieren. Und obwohl sie so anmutig, nur auf ihren Zehenspitzen stehend, zwischen den Himmeln tanzte, hatte ich das Gefühl, eine lebendige, entschlossene Frau betrachten zu dürfen.
Zwei starke Persönlichkeiten, unverwechselbar, mit ihren Aufgaben wachsend, biegsam und sich den Notwendigkeiten öffnend, wenn es darum geht, das Leben als Ganzes anzunehmen - mit all seinen Freuden, aber auch Herausforderungen. Vorbilder für uns Menschen, die wir uns doch sooft den Aufgaben des Lebens widersetzen.
Ich habe beschlossen, diese beiden Lichtsammlerinnen einander vorzustellen. Sie sollen einander kennenlernen. Ich glaube, sie werden sich mögen.
Und mit beiden Frauen werde ich Verbindung halten, denn sie bringen so kostbares Licht in eine Zeit, in der es viele gewaltige Stürme zwischen den Himmeln gibt.
Licht, es dient uns als einzigartiger Wegweiser, die richtigen Pfade einzuschlagen ...
Es gibt einen Ort, an dem für Dich alles möglich ist, dieser Ort bist DU!
Gedanken zu den Kunstobjekten unter dem Titel "Zwischen den Himmeln":
>> Mancher Himmel scheint unerreichbar fern und plötzlich - völlig unerwartet - befindest Du Dich mittendrin.
Mancher mag sich bei näherem Kontakt als Hölle erweisen, mancher entpuppt sich bei Annäherung als platzende Seifenblase, mancher Himmel entfaltet sich schlicht durch ein langsam zu Boden fallendes Blatt.
Darum: Himmel ist nicht gleich Himmel - der angestrebte sei wohl gewählt. <<
(Quelle: Infobroschüre Bot. Garten Linz, Dok. existiert nicht mehr -> Weiterleitung:
kunst:dünger - ZWISCHEN DEN HIMMELN)
Link zu "Never fly too high - Um Himmels Willen Ikarus" - ein weiteres Kunstobjekt im Rahmen der künstlerischen Intervention der Innviertler Gruppe kunst:dünger