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Viele Notfälle

Autorenbild: C*C*



Gestern, knapp vor Dienstende, erhielt ich einen Anruf einer Mitarbeiterin des Seniorenwohnhauses meiner Mutter. Ein Hämatom, das vor einigen Tagen noch eher ein kleiner Fleck war, hatte deutliche Ausmaße angenommen, dazu eine abgekapselte harte Schwellung in Wachteleigröße. Die Mitarbeiterin war besorgt und gab Bescheid, dass die Rettung bereits informiert worden war. Eine medizinische Abklärung war dringend nötig.

Ich konnte ganz rasch bei meiner Mutter sein und sie daher auch schon im Rettungswagen begleiten. Meine Mutter war während der kurzen Fahrt gefasst und auch damit beschäftigt, meine Hände zu halten.

In der Notfallambulanz angekommen, wurden einigermaßen rasch die Vitalwerte gemessen. Für die Begutachtung des Hämatoms war jedoch jemand anderer zuständig. Ich hoffte sehr, dass alle weiteren Untersuchungen relativ schnell möglich wären, denn Wartezeiten können ziemlich anstrengend für einen Menschen werden, der bereits sehr verwirrt und ängstlich ist. Im Wartebereich saßen viele Menschen und den Gesprächen konnte ich entnehmen, dass manche bereits seit dem Vormittag warten mussten. Innerlich tat ich einen tiefen Seufzer, das konnte ja noch heiter werden!

Zunächst verlief alles in großer Gelassenheit, Mama hatte viel zu beobachten und auch viel zu kommentieren. Eine Frau, die in unserer Nähe saß, schmunzelte immer wieder vor sich hin, weil sie hörte, wie meine Mutter kommentierte. Wenn jemand lacht, kommt das bei meiner Mutter nicht immer gut an, denn sie fühlt sich häufig ausgelacht. In diesem Fall allerdings spürte meine Mutter wohl das Wohlwollen und die Freundlichkeit der Frau, Mama lächelte die Dame immer wieder an. Schließlich wurden wir in ein Ordinationszimmer gerufen, eine Mitarbeiterin (die sich nicht vorstellte und auch kein Namensschild trug - war sie eine Ärztin?) begutachtete das Hämatom und meinte, es müsse jedenfalls eine Sonografie vorgenommen werden. Das war jedenfalls ganz in meinem Sinne! Sie telefonierte mit einem Arzt, der ihr allerdings gleich mitteilte, dass es zu einer längeren Wartezeit kommen werde. Ich spürte sofort, wie sich Anspannung in mir ausbreitete ...

Die Wartezeit wurde mit einer Stunde angegeben, das schien mir noch akzeptabel zu sein. So rollte ich meine Mutter in ihrem Rollstuhl wieder in die Wartezone und hoffte, sie würde weiterhin gelassen bleiben.

Es saßen mehrere alte Menschen ohne Begleitung im Warteraum, was spätestens dann ein Problem wird, wenn sie sich nicht allein auf die Toilette bewegen können und dabei Unterstützung brauchen. Von den Mitarbeiter*innen des Krankenhauses war diesbezüglich nichts zu erwarten, ich blickte in sehr teilnahmslose Gesichter. Ja, ich weiß, chronischer Mitarbeiter*innenmangel, chronische Überfüllung der Ambulanzen, eine ständige Überforderung des Personals, das sind Themen, die wir seit Jahren kennen. Traurig nur, wenn sich diese Erfahrungen häufen und wiederholen. Vor etwa einem Jahr habe ich im selben Haus genau das gleiche erlebt, als ich selbst dringende Untersuchungen benötigte.

Und so halfen eine ebenfalls wartende Frau und ich einer alten Dame aufs WC, denn sonst fühlte sich leider niemand zuständig. Kurze Zeit später bat eine andere, sehr gebrechliche Frau ebenfalls um Hilfe. Ich versuchte mein Bestes, musste allerdings ständig meine Mutter im Blick behalten. Schließlich gelang es mir, die Frau in die Ordinationszone zu schieben, ich hoffte einfach, dass sie dort die nötige Unterstützung beim Weg auf die Toilette bekommen würde.

Der späte Nachmittag war längst in den frühen Abend übergegangen und ich vermute, Mama hatte auch schon etwas Hunger. Ich konnte sie mit meiner bescheidenen Jause versorgen. Das Warten dehnte sich weiter aus und ich bemerkte die ansteigende Unruhe meiner Mutter. Ich versuchte, sie mit einer Zeitung abzulenken, Mama liest ja so gerne. Schließlich kam die Mitarbeiterin auf mich zu, von der ich nur annehmen kann, dass sie Ärztin ist. Sie teilte mir nach zwei Stunden Wartezeit mit, dass die Sonografie nicht stattfinden würde, es gäbe weitere Notfälle, die vorgereiht werden müssten. Ich war, besorgt um meine Mutter, natürlich alles andere als erfreut über diese Botschaft und in meinem Kopf fing es bereits zu rattern an, während meine Mutter immer ungeduldiger und lauter wurde. Wie komme ich bloß zu dieser Untersuchung? Immerzu der Hinweis auf die niedergelassene Ärzteschaft! Auch das kenne ich schon - und die oft sehr langen Wartezeiten für einen Termin. Ich kann von Glück schreiben, dass es mir heute gelungen ist, zu erwirken, dass wir morgen in einer Ordination vorbeikommen können, wo meine Mutter sozusagen eingeschoben wird. Das ist natürlich auch mit einer Wartezeit verbunden, ich hoffe, meine Mutter ist morgen gut drauf ...


Foto: Pixabay, blickpixel

 
 

1 Comment


petra ulbrich
petra ulbrich
vor einer Stunde

Um Himmels Willen - auch so ein Durcheinander in österreichischen Krankenhäusern. Immer bleiben die Schwächsten auf der Strecke und wenn keine Angehörigen dabei sind, dann sind die Patienten aufgeschmissen.

Für morgen drücke ich die Daumen, dass dann nichts dazwischen kommt!

Liebe Grüße

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