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Selbstoptimierung

  • Autorenbild: C*
    C*
  • 2Std.
  • 3 Min. Lesezeit
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Ich lese im Kaffeehaus gerne in Zeitschriften und Zeitungen, einerseits empfinde ich das Lesen in Zeitschriften als erholsam, andererseits erfahre ich aus der seriösen Presse Wissenswertes über Politik und Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt, Kunst und Kultur.


Selbstoptimierung - wo hört diese auf, gesund zu sein?

Seit längerem beobachte ich redliche Bestrebungen in einzelnen Frauenzeitschriften, ihre Leserinnen darin zu bestärken, ihr Wohlbefinden weniger von Äußerlichkeiten abhängig zu machen: Das Thema Selbstoptimierung erfährt vor allem in den letzten Jahren erschreckend viel Aufmerksamkeit. Ich meine hier tatsächlich jene Eingriffe an ihren Körpern, denen sich gesunde Frauen*) aussetzen, weil sie sich davon erwarten, danach zufriedener mit sich selbst zu sein. Der Trend zur Selbstoptimierung kommt aus den USA, Hollywood ist definitiv dick daran beteiligt - und ich meine, dass das Ausmaß der beauftragten Schönheits- und Anti-Aging-Behandlungen auf blanken Selbstoptimierungswahn hinweist. Diese schon zwanghafte Form der körperlichen Selbstverbesserung halte ich für sehr gefährlich, auch, weil der Trend schon längst sehr junge Frauen erfasst hat. Ich stelle allerdings ebenso fest, dass sich auch immer mehr junge Männer "optimieren" lassen und vor Schönheitsoperationen oder anderen Eingriffen an ihrem Körper (z.B. trendige Penisverlängerungen) nicht zurückschrecken. Nicht zu fassen, was da alles in den Operationszimmern sogenannter Beauty-Docs vor sich geht. Dazu gibt es auch TV-Dokumentationen, die Menschen bei ihren oft sehr blutigen Eingriffen begleiten.

Ich staune mich gerade durch unterschiedliche Optimierungs-Angebote, so aus der Praxis. Da sind Begriffe zu lesen - ich wusste gar nicht, dass es diese gibt: Gummy-Smile? Bunny-Lines? Erdbeerkinn?

Wenn ich vor dem Spiegel stehe, komme ich trotz meiner Kleidergröße 42 nicht auf die Idee, etwas künstlich an mir verändern zu wollen. Mir ist klar, dass ich aus rein gesundheitlicher Sicht mehrere Kilos zuviel auf den Hüften habe. Mehr Bewegung schadet also keinesfalls, und eine Ernährung, die weniger am Genuss ausgerichtet ist, ebenso nicht. Ich kann mich sicher in meinen Bemühungen steigern.

Mein Gesicht mag ich, und werde ich nach meinem Alter gefragt, sind manche Menschen über meine Antwort überrascht. Gute Gene, denke ich mir. Ich werde immer noch jünger geschätzt, habe aber mit Sicherheit keine Gelegenheit ausgelassen, mir Fältchen oder sogar Falten anzulachen. Wie Menschen auf die Idee kommen, diese glattbügeln zu lassen? Eines der erschreckendsten aktuellen Beispiele ist für mich Madonna. Ich hätte sie nicht mehr erkannt. Ich habe sie immer für eine Frau gehalten, die von sich überzeugt ist und zu sich steht. Vielleicht ein Irrtum? Der ganz natürliche Alterungsprozess scheint sie aus der Bahn zu werfen.

Es bereitet mir Sorge, dass bereits Jugendliche über Operationen und andere Eingriffe, die angeblich der Attraktivität dienen sollen, nachdenken. Warum sind diese jungen Menschen so unzufrieden mit sich selbst? Vor allem Social Media erzeugt viel Druck, das ist mir klar. Und auch im eigenen Umfeld wird Druck erzeugt. Ich bin überzeugt, dass es in diesem Zusammenhang auch sehr wichtig ist, Kinder in ihrer Liebe zu sich selbst zu bestärken, das muss unbedingt früh beginnen. Dieses Gefühl, bedingungslos von den Eltern geliebt zu werden, ist elementar für das weitere Leben. Eltern, die am Äußeren ihrer Kinder herummäkeln, gibt es nämlich auch, erschreckend!

Ich fand es eigenartig, dass es in meiner Schulzeit sogenannte "Misswahlen" gab. Da wurden innerhalb unserer Mädchenklasse im Gymnasium die schönsten Mädchen gewählt. Vielleicht auch ein Grund, warum ich niemals nach meiner Matura bei einem Klassentreffen dabei war; es gab nur wenige Mädchen, die ich auf meinem weiteren Lebensweg wiedersehen wollte. Heute habe ich nur noch zu einer einzigen ehemaligen Klassenkollegin Kontakt.


Ich möchte nicht nach Äußerlichkeiten beurteilt werden, so, wie ich es selbst bei meinen Mitmenschen auch nicht mache. Ich nehme Menschen über ihre Seelen- und ihre Herzensebene wahr, nicht nach ihren Konfektionsgrößen.


*) Anmerkung: Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass es gerade nach Erkrankungen oder Unfällen häufig zu chirurgischen Eingriffen kommt, die dazu beitragen können, dass sich Menschen wieder wohler in ihrer Haut fühlen, was sicherlich einen Heilungsprozess begünstigt. Auch die Möglichkeit einer geschlechtsangleichenden Operation bei Trans-Menschen ist sehr wichtig.

Meine kritische Sicht auf den Optimierungswahn, den ich wahrnehme, richtet sich an die Gesellschaft und nicht an einzelne Menschen.


Foto: Pixabay, "spabielenda"

 
 
 

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