Passende Worte
- C*
- vor 4 Stunden
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Das passende Wort
Ein Herrscher aus alten Zeiten grübelte über die Fragen des Lebens nach. Weil ihn das Wesen von Gut und Böse beschäftigte, befahl er seinem Diener, die Organe zu bringen, die am besten, schönsten und wertvollsten seien. Der Diener brachte das Herz und die Zunge eines Tieres. Der Herrscher schaute sich die Organe an, dachte über deren Sinn nach und schickte den Diener nun, die hässlichsten und schlechtesten Organe zu holen. Der ging und brachte wiederum ein Herz und eine Zunge. Erstaunt fragte der Herrscher seinen Diener: "Du bringst Herz und Zunge als die besten Organe, aber auch gleichzeitig als die schlechtesten, wie kommt das?" Der Diener antwortete bescheiden: "Wenn das, was ein Mensch fühlt und denkt, offen von Herzen kommt und die Zunge nur Wahres ehrlich sagt, sind Herz und Zunge die wertvollsten Organe. Der Mensch, dem sie gehören, fühlt sich gesund und glücklich. Wenn aber das Herz zu einer Mördergrube wurde, die Wünsche verleugnet, und die Zunge Unwahres und Falsches sagt, sind beide Organe die reine Strafe für den Menschen, dem sie gehören. Die Zwietracht, die er nach außen sät, erfüllt auch sein Inneres, und das Glück hat sich von ihm gewandt." (Autor*in unbekannt)
Beim Einkaufen war ich gestern in einer Situation, wo ich die wohl passenden Worte gewählt habe, aber damit auf taube Ohren gestoßen bin. Beim Auflegen meines Getränkes und des Pfandbons achtete ich wie immer darauf, die Kassentrennstäbe zwischen meinem Einkauf und dem der anderen Leute zu legen. Die Kassiererin zog die Einkäufe der Kundin vor mir über den Kassenscanner - und nahm (vielleicht gedankenverloren?) meinen Trennstab weg, um meinen Einkauf und den Pfandbon ebenfalls zu bonieren. Noch ein bisschen verdutzt, aber um Worte nicht verlegen, machte ich die Kassiererin höflich darauf aufmerksam, dass das Getränk und der Pfandbon zu mir gehörten. Rasch korrigierte sie den Betrag für mein Getränk, damit die Kundin vor mir die korrekte Rechnung erhielt. Schon während sie korrigierte, war die Kassenkraft, der dieser Irrtum unterlaufen war, ungehalten; sie beschwerte sich, dass kein Trennstab zwischen den Einkäufen gewesen sei. Meine Worte, dass hier sehr wohl ganz korrekt ein Trennstab gelegen habe, wurden einfach missmutig weggewischt. Dreist genug knurrte die Kassiererin noch in die Runde, warum ich nicht protestiert hätte, als sie das Getränk für die Kundin boniert habe. Ich versicherte nochmals, dass ich mich korrekt verhalten hätte, wobei mir rasch klar war, dass mit dieser Dame einfach nicht zu reden war. Eine weitere Diskussion schien mir zwecklos, ich zahlte mein Getränk und nahm zur Kenntnis, dass der Pfandbon nicht mehr abgezogen werden konnte, da er bereits bei der Kundin vor mir verbucht worden war. Ich verabschiedete mich, während die Kassenkraft grußlos hinter meinem Rücken weiter mir die Verantwortung für die Situation zuschob.
So kann es gehen, dachte ich noch, während ich verwundert das Geschäft verließ. Doch ähnliche Szenen und andere erlebe ich immer wieder in ganz unterschiedlichen Situationen. Je nach Situation bleibe ich innerlich gelassen oder nicht so gelassen. Das hängt ganz sicherlich auch von meiner Tagesverfassung ab.
Die Geschichte vom passenden Wort macht mich nachdenklich. Tatsächlich passiert es manchmal, dass ich meine Wünsche oder Gedanken verleugne. Ich verhalte mich so in Situationen, wo ich - reich an Erfahrungen - mein Gegenüber derart einschätze, dass meine Worte ohnehin verhallen würden. Und weil ich mich so sehr nach Harmonie sehne, bleibe ich lieber still, anstatt deutlich zu machen, was meine Ansicht ist. Ich möchte mir einfach "Sinnlos-Diskussionen" ersparen.
Ich merke allerdings, dass mir mein Schweigen nicht guttut. In meinem Inneren rumort es oft ganz gewaltig, Unzufriedenheit und Ärger über mich selbst machen sich breit. Du hast dich doch immer zu wehren gewusst, empört sich meine innere Stimme. Ich höre ihr zu, meiner inneren Stimme, und ich weiß, dass ich ab sofort wieder für mich einstehen möchte.
Foto: Pixabay, NoName_13
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