Ein Ort der Stille und der Kunst
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Erst vor vierzehn Tagen waren wir in Wien, es war ein wahrlich genussreicher Tag.
Schon da war klar, wir würden uns bald wieder in den Zug setzen. Die Fahrt Linz - Wien kann inzwischen in 75 Minuten bewältigt werden.
Wie schon vor zwei Wochen begleitet uns auch diesmal wieder schönes herbstliches Wetter. Unser erstes Ziel ist ein Wirtshaus, in dem wir unser Mittagessen einnehmen. Ich möchte übrigens allen Besucher*innen der Stadt nahelegen, sich mit der Wiener Beislkultur vertraut zu machen. Hier ist die Wiener Küche zuhause, es gibt viele gute Adressen.
Nach unserem Mahl führt unser Weg auf den Friedhof in Hietzing. Diesen zu besuchen, war schon länger mein Wunsch.
Viele Jahre war ich nicht auf Friedhöfen, es war mir immer unbehaglich zumute, wenn ich nur daran dachte. Eine Dokumentation über den Zentralfriedhof hat allerdings mein Interesse nachhaltig geweckt und wir haben einige Bereiche des größten Friedhofs in Wien auch bereits besichtigt (siehe Spuren des Lebens).
Der Gottesacker in Hietzing ist ebenfalls äußerst sehenswert. Der Friedhof liegt am Südrand von Alt-Hietzing, in Nachbarschaft zum Schloss- und Parkareal von Schönbrunn. Er umfasst eine Fläche von 97.175 Quadratmeter und beherbergt etwa 11.100 Grabstellen. Als wahre Besonderheiten empfinde ich die vielfach sehr prächtigen Gräber und vor allem die zahlreichen Skulpturen und Mausoleen. Zwischen all den Gräbern sind übrigens auch schon viele Tiere heimisch geworden, so können wir auch ein Eichhörnchen beobachten, das munter zwischen den Grabstätten herumflitzt und schließlich diverse Bäume erkundet.
So wie auf dem Zentralfriedhof gibt es auch am Friedhof in Hietzing viele Gräber prominenter Menschen. Wir finden jedoch nur die Grabstelle des berühmten Architekten Otto Wagner (Juli 1841 - April 1918).
Gerne hätte ich das Grab (Link) von Gustav Klimt gesehen, es ist erstaunlich, in welcher Schlichtheit es gehalten ist.
Auch Lotte Ingrisch hätte ich gerne an ihrer Ruhestätte besucht. Als schaffensfreudige Schriftstellerin schrieb sie u.a. Texte für Theaterstücke, Fernsehspiele und Hörspiele. Für ihren zweiten Ehemann, den Komponisten Gottfried von Einem, verfasste sie Libretti und Liedtexte, die durchaus auch blasphemisch ausfallen konnten. Besonders interessant wurde sie für mich in ihrem emsigen Bestreben, Sterbe- und Jenseitsforschung zu betreiben. 2014, acht Jahre vor ihrem Tod, meinte sie völlig furchtlos: "Ich freue mich schon auf den kleinsten Raum, in dem ich je gewohnt haben werde – auf den Sarg. […] Ich wünschte, ich wäre tot. Wenn in Österreich die Sterbehilfe legal wäre, hätte ich mich schon längst für die Müllabfuhr gemeldet. Ich bin 84 und habe mein Lied gesungen. Ende der Vorstellung." (Quelle: Wikipedia)
Lotte Ingrisch hielt es für sehr wichtig, dass das Bildungswesen reformiert wird und die Seele in den Unterricht Einzug halten darf, hierzu verfasste sie auch ein Buch mit dem Titel Die neue Schmetterlingsschule: Die Rückkehr der Seele in den Unterricht
Nach unserem langen Spaziergang auf dem Friedhof geht's weiter in den ersten Bezirk, denn wir sehnen uns nach einem Getränk und nach einer guten Mehlspeise. Die bekannten Kaffeehäuser sind auch heute bestens besucht, im ersten Kaffeehaus haben wir keine Chance auf einen Platz; im zweiten, in bester Nähe zum Stephansdom, bekommen wir ein nettes Platzerl. Der Kaffee bekommt eine gute Bewertung - und das ist durchaus nicht selbstverständlich. Auch, wenn diverse Kaffeehäuser sehr bekannt sind, bedeutet das noch lange nicht, dass das so beliebte Genussmittel überzeugt.
Ein Blick auf die Uhr lässt uns aufbrechen, wir wollen schließlich noch ins Museum. Diesmal haben wir eine Ausstellung im Jüdischen Museum in der Dorotheergasse gewählt. Die Ausstellung Schwarze Juden, weiße Juden? Über Hautfarben und Vorurteile hat unsere Aufmerksamkeit geweckt. Diese Ausstellung ist noch bis zum 26. April 2026 zu sehen. Näheres zu unserem Museumsbesuch folgt in einem meiner nächsten Beiträge.
über Otto Wagner: Seine Bauten haben Weltgeltung und können an vielen Orten Wiens bewundert werden, als eines seiner wichtigsten Werke gilt die Kirche am Steinhof. Otto Wagner ließ auch zwei private Villen nach seinen Plänen errichten, wobei er die erste Villa mit seiner Familie bewohnte. (Diese wurde 1972 von Ernst Fuchs gekauft, in der Villa befand sich auch sein Atelier. Nach dem Tod des "Malerfürsten" ging die Villa in den Besitz der Erben über und beherbergt heute das Ernst-Fuchs-Privatmuseum. Mit Sicherheit ist dieses Museum eines unserer nächsten Ziele, wenn wir wieder in Wien unterwegs sind.)
Bekannt über Otto Wagner ist heute auch, dass er seinen Antisemitismus in Briefen an seine verstorbene Frau zum Ausdruck brachte. Seine antisemitische Haltung spiegelt die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse wieder.



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