Zu einer Zeit, als die Gipfelkreuze in den Alpen noch nicht diskutiert wurden, erlernte ich das Schifahren. Meinen Eltern, selbst begeisterte Schifahrer, war es finanziell möglich, ihre beiden Kinder mit guten Schiausrüstungen auszustatten. Meinen ersten sogenannten Schneepflug tat ich in den 1970er Jahren auf einem Hügel im Mühlviertel, die Erinnerungen daran sind kaum vorhanden. An alle weiteren Schnee- und Schiereignisse fern der Mühlviertler Hügel, daran kann ich mich bestens erinnern. Es gab Schikurse in den von mir so geliebten Nockbergen, wo meinerseits nicht selten auch für den einen oder anderen feschen Schilehrer geschwärmt wurde. Auch führten einige Schulschikurse zu einem schifahrerischen Können, das mir unvergesslich schöne Momente in den geliebten weißen Bergen ermöglichte.
Ich weiß nicht, ob ich den Schifahrer als mein Vorbild bezeichnen möchte - ich glaube nein, denn sein Können schien mir stets unerreichbar: Der Schifahrer war ein Twister auf den Pisten!
Bei unseren Urlauben in den Nockbergen Kärntens hatten wir immer ein Stammquartier. Unsere Vermieter waren Menschen, die ich sehr gerne hatte. In ihrem schönen Haus fühlte ich mich sommers wie winters zuhause, diese Menschen sind mir unvergessen. Noch mehrere Jahre nach unseren gemeinsamen Urlauben mit den Eltern und später, nachdem ich die beiden noch einige Male ohne meine Eltern besucht hatte, ist unser Kontakt nicht abgerissen; inzwischen sind beide längst verstorben.
Unser Quartier war sehr günstig gelegen, fast an der Piste, und ebenfalls unweit der so geliebten Therme - vom Berg ins Bad, so lautete das Motto vieler Urlauber*innen. Vom Balkon aus konnten wir, sofern meine Schwester und ich nicht selbst emsig die zahlreichen Pisten hinunterflitzten, das Geschehen am Zielhang bestens beobachten. Und auch, wenn wir selbst schon im Ziel waren, warf ich gerne einen Blick nach oben und so bemerkte ich auch einige Male, dass einem bestimmten Schifahrer mehrere Blicke von Schifahrer*innen, die am Rand der Piste standen, folgten: Dieser Schifahrer trug eine damals übliche Jethose, welche die eleganten Schwünge noch unterstrich. Eine dunkle Schijacke, eine dunkle Haube, Handschuhe und große Schibrillen vollendeten das Outfit. Vor dem Zielhang legte der Schifahrer gerne noch einmal eine kleine Pause ein, da stand er an der Kante und blickte hinab, so, als würde er nach der perfekten Linie Ausschau halten. Und dann, endlich schien er zufrieden ... und der Schifahrer stieß sich mit kraftvollen Stockeinsätzen von seinem Platz ab, um gleich wie auf Schienen und in hohem Tempo den Zielhang zu bezwingen.
Diesen Anblick habe ich mir immer wieder einmal gegönnt - und ich fühlte wohl so etwas wie Stolz in mir aufsteigen, denn diesen Schifahrer, den kannte ich sehr gut. Heute ist der Schifahrer 85 Jahre alt, bald 86. Heute sitzt er in seinem Schaukelstuhl und sieht denen zu, die alles geben, um möglichst viele Punkte im sportlichen Kampf um die jeweiligen Kristallkugeln im Ski Weltcup zu ergattern. Der Mann, der da sitzt, sich oft freut, sich manchmal ärgert und immer noch staunt und fachsimpelt, es ist mein Vater.
Vom Twisten auf den Pisten haben meine Eltern stets geschwärmt, meine Mutter hat darüber gerne auf ihren Postkarten an uns Kinder gedichtet. Und in seltenen Momenten der Einigkeit zwischen meinen Eltern war meine Mutter wohl auch sehr angetan von ihrem ausgezeichneten Tänzer auf den Pisten ...
#Natur Fotos: C*
Passend zur Jahreszeit und zum Wetter - Deine schönen Erinnerungen. Dein Vater noch so jung, und jetzt bist Du älter als er damals. Da merkt man, wie die Zeit rast und was sie mit sich bringt. Aber so ist das Leben. 😊
Als ich klein war und noch im Dorf lebte, da hatte ich auch meinen Spaß am Winter, weniger aber am Schifahren. Aus dem einfachen Grund - ich besaß keine Schi. Die waren auch nicht immer zu bekommen. Doch Schlitten gab es.
Liebe winterliche Grüße
Rosa
Solche Erinnerungen sind immer schön. Ich habe nie Skifahren gelernt. In Berlin rufen ja auch keine Berge. ;-) Meine Eltern hatten anfangs einfach nicht das Geld, um so einen Urlaub finanzieren zu können.
In späteren Jahren, als wir dann in die Alpen gefahren sind, bin ich leidenschaftlich gerne gewandert. Das hat mir einen Riesenspaß gemacht. Da kam dann auch nie der Gedanke auf, noch Skifahren zu lernen.
Liebe Grüße
Jutta
Auch in mir weckt dein Beitrag liebe Erinnerungen an diverse Skifreizeiten als Schülerin, Lehrerin, vor allem aber an Urlaube mit meinem Mann und meinen Kindern, denen er das Skifahren beigebracht hat. Es waren Urlaube, in denen ich meine leeren Batterien wiederaufladen konnte: Sonne, Schnee, Bewegung, Sauna, gutes Essen, viel Gemeinsamkeit, und schon vorher: Vorfreude auf das, was sein kann. Liebe Grüße
Schön, wenn die Erinnerungen zu so konkreten Bildern werden.
Da darf man dann schon ein wenig schwelgen und die damaligen Zeiten als Geschenk sehen.
Und das mit dem Gegengewicht, wie Andrera schreibt, kann ich mir auch gut vorstellen.
Lieben Heutegruss,
Brigitte
Solche Bilder wie das des Vaters, wie er dasteht und die Piste begutachtet, prägen sich ein. Fast wie die Postkarten, die deine Mutter geschrieben hat ...
Schön, dieses Erinnern und vielleicht manchmal auch ein Gegengewicht zur Gegenwart?
Liebe Grüße, Andrea