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Bedürfnis nach Stille


Seit etwa zwanzig Jahren ist mir bewusst, dass ich die Stille brauche. Immer wieder, nicht nur manchmal. Was ist damals geschehen? Was hat mir dieses BewusstSein ermöglicht?

Es war ein schmerzvoller und langer Prozess (im Rückblick), der mir offenbart hat, dass ich mich von Partys und vom Nachtschwärmen verabschieden sollte. Seltsamerweise habe ich das nicht sonderlich bedauert, ich habe den schleichenden Prozess damals nicht einmal groß bemerkt und einfach hingenommen, mich von all meinen Freund*innen zurückgezogen, das Telefon zunehmend ignoriert. Keiner hat es angesprochen. Nur beobachtet. Ich war fix und fertig, konnte nicht mehr, wie es mir bis dorthin möglich war: Im Übermut auf die Tube drücken, den unangenehmen Job mit einem miesen Chef einfach wegfeiern, mir die Nächte um die Ohren schlagen, mit mir nahen Kolleg*innen lachen, tanzen und singen, eine Zigarette nach der anderen rauchen, mit Cola den Motor am Laufen halten. Irgendetwas stimmte nicht mehr mit mir, schon länger nicht mehr. Aber was?

Es kam ein riesiger Zusammenbruch, Burnout in Reinform, samt fetter Depression. Es dauerte ein Jahr, bis ich wieder arbeitsfähig war. Wenngleich ich nicht mehr an meinen alten Arbeitsplatz zurückkehrte. Dazwischen ging nichts mehr, auch Arztbesuche waren mir zu anstrengend. Wochenlang war ich ein Pflegefall, meine Mutter nahm mich in der elterlichen Wohnung auf, kochte meine Lieblingsspeisen, ließ mich schlafen, schlafen, schlafen. Irre Träume, Albträume.

In diesen Job wollte ich nicht mehr zurück: Zuviel Verantwortung, zu wenig Geld. Dazu ein Chef, der ein unglaubliches Arschloch war, auch noch vor Gericht seine Spielchen spielen wollte. Das allerdings ging ihm erfreulicherweise nicht durch.

Nach Wochen in der Dunkelheit sehnte ich mich nach Licht und Wärme. Nach Verständnis und Verstehen. Verständnis der Menschen, Verstehen, was los war mit mir.

Ich habe in der Zeit nach diesem Zusammenbruch erfahren, dass ich hochsensibel bin. Ein Zufall, der mir diese Einsicht möglich machte, Menschen getroffen, die mir meine Wesensart erklären konnten. Da fielen mir Dinge ein, die noch aus der Kindheit rührten, Erfahrungen.

Neben meiner Hochsensibilität weiß ich schon einige Jahre auch um meine Introvertiertheit. Diese beiden gehen sehr oft zusammen. Häufig wird Introvertiertheit mit Schüchternheit verwechselt. Ich bin nicht schüchtern und auch nicht auf den Mund gefallen, aber immer mehr entscheide ich mich, den Mund nur dann aufzumachen, wenn ich weiß, dass ich mich verstanden fühlen kann. Ich möchte meine persönlichen Ressourcen nicht mehr verschwenden. Und Zeit ist auch kostbar! Mein Wunsch nach Einwendigsein ist häufig präsent - und wenn ich ganz bei mir und für mich bin, dann kann ich auch meine Batterien wieder aufladen.


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