Ein Kind und sein Platz in der Familie
- C*
- vor 5 Stunden
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Schon früh prägt unsere Kindheit unser Fühlen, Denken und Handeln. Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich unterwegs bin und Eltern beobachten kann. Vielen Eltern scheint nicht bewusst zu sein, wie sie ihr Kind prägen, denn immer wieder zeigt sich, dass Kinder ganz nebenbei anwesend sind, besonders, wenn Eltern wie Süchtige auf ihren Handys spielen oder sich durch (un-)soziale Medien scrollen. Im wohl ungünstigsten Fall entsteht in Kindern bald der Eindruck, dass sie störende Faktoren im Leben ihrer Eltern sind.
In meiner Kindheit gab es noch keine Handys und noch kein Internet, trotzdem hatte ich immer das Gefühl, in meinem Elternhaus nicht erwünscht zu sein. Die Erwachsenen waren mit sich selbst beschäftigt und mit ihren ehelichen Problemen. Obwohl sich meine Mutter sehr viel Mühe gab, uns mit Liebe zu umsorgen, spürte ich ihr tiefes Unglück tagtäglich.
Ich fühlte mich ungeliebt und habe über viele Jahre an meinen Geburtstagen erwartet, zu erfahren, dass ich kein leibliches Kind sei. Diese Vorstellung entstand durch die Distanz, die vor allem unser Vater überdeutlich klar machte. Als ich ihn einmal fragte, welche Bedeutung Kinder in seinem Leben hatten, meinte er, es sei damals üblich gewesen, Kinder zu zeugen, und außerdem nötig, um im Alter versorgt zu sein. Ich erhielt also als Erwachsene eine Erklärung, die den Mangel an väterlicher Liebe ganz klar aufzeigte. Ich hatte mich also nie getäuscht.
Ich habe gelernt, in einer unterkühlten und oft sehr explosiven Atmosphäre in meinem Elternhaus irgendwie zurechtzukommen. Meine Nerven waren schon früh sehr angespannt und ich hatte das Gefühl, bald erwachsen werden zu müssen.
Heute weiß man, dass bereits Babys im Bauch spüren können, ob sie erwünscht sind oder nicht. Später können sie in den Gesichtern ihrer Eltern lesen.
In der Kindheit macht Not zweifelsfrei erfinderisch. Kinder sind gut darin, Strategien zu entwickeln, um ihren inneren Stress zu kompensieren. Wer Ablehnung erlebt, kann lernen, sich zurückzuziehen. Es kann früh der Wunsch in einem Kind entstehen, stark und unabhängig zu werden. Ein Kind kann auch lernen, den Eltern keinen Kummer zu bereiten, indem es sich hintanstellt und sich unsichtbar machen möchte. Es kann sich aber auch als bedürfnislos zeigen und so den Glaubenssatz festigen, unwichtig im Leben der eigenen Eltern zu sein. Nachteilig für die kindliche Entwicklung sind auch jene erlernten Verhaltensweisen, die den überforderten Eltern signalisieren sollen, dass das Kind ohnehin schon ein kleiner Erwachsener ist, der sich um sich selbst kümmert.
Jedoch bleibt immer das Urbedürfnis nach Bindung in uns. Und um diese Bindungsfähigkeit als Erwachsener zu erlangen, wird es Menschen brauchen, die mit ihrer liebevollen und geduldigen Zugewandtheit helfen können, alte Verhaltensweisen abzulegen.
#Kinder Foto: C*
Ich hatte kein liebevolles Elternhaus, was ich nie so hätte benennen können/dürfen. Heute nehme ich mir die Freiheit. Und dennoch komme ich immer mehr dahin, auch die Begrenztheit meiner Eltern zu sehen, ihnen zu verzeihen und mir dennoch die Freiheit zu nehmen, sie als lieblos im Umgang mit uns Kindern zu bezeichnen, weil ihnen Werte wie Ordnung, Gehorsam, die Beurteilung durch andere, der gute Ruf wichtiger waren, insgesamt Werte, die nie hinterfragt werden durften, etwas meine Söhne kaum nachvollziehen können.
Nachdenkliche Abendgrüße
Was vielen Kindern geschieht, und offenbar, anhand deiner Schilderungen, auch dir, ist sehr traurig. Kinder sollten bedingungslos geliebt werden. Wer das nicht kann, sollte kinderlos bleiben.
Das Gefühl des Ungeliebtseins musste ich nie erleben und weiss inzwischen, dass das nicht einfach selbstverständlich ist, sondern ein grosses Privileg.
Ja, dazu passt der Spruch von Augustinus von Hippo perfekt.
Ich hoffe, du konntest und kannst das Defizit an Zuwendung und Herzlichkeit mehrheitlich aufholen. Ich wünsche dir das sehr!
Einen nachdenklichen Abendgruss,
Brigitte
Wenn man das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern betrachtet, darf man - so glaube ich - nicht die entsprechende Zeit, aber auch das Aufwachsen der Eltern. Warum Eltern so sind, wie sie sind, hat ja auch immer Gründe.
Das soll natürlich nicht heißen, dass ich alles toleriere. Es gibt viele Sachen, die auch ich nicht verstehen kann. Ich habe keine eigene Kinder, aber ich weiß nicht, ob ich selbst eine gute Mutter gewesen wäre, obwohl ich selbst ein gutes Zuhause hatte. Ich denke, viele sind damit auch einfach überfordert.
Liebe Grüße
Jutta