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Heldinnen und Helden

  • Autorenbild: C*
    C*
  • 10. März
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. März




Heldinnen und Helden sind all jene Menschen für mich, die Pflegearbeit leisten.

Spätestens seit den Corona-Jahren können wir nicht mehr behaupten, wir wüssten nicht, wie anstrengend Care-Arbeit ist.

Diese Menschen leisten oft Unvorstellbares, ob im Krankenhaus, in Seniorenwohnhäusern, in mobilen Pflegediensten, auf Palliativstationen. Ich denke auch an Menschen, die ihre alten Eltern betreuen sowie an Eltern, die ihre Kinder betreuen, weil sie krank sind oder eine Behinderung haben. Diese Menschen erleben größte Herausforderungen, viel Zeitdruck, wenig Zeit für eigene Bedürfnisse, Erschöpfung, Verzweiflung. Wo Zeitdruck herrscht, können Fehler passieren.

Genau davon handelt der Kinospielfilm Heldin, die Protagonistin wird unter der Regie von Petra Volpe hervorragend von Leonie Benesch dargestellt. Gedreht wurde in einem echten Krankenhaus, was sehr zur realistischen Atmosphäre des Filmes beiträgt. Der Film zeigt nichts anderes als eine Spätschicht, in der Floria Lind als Pflegefachkraft in einem Schweizer Krankenhaus auf vielen Ebenen ihres Seins gefordert wird. Ein Tag, an dem besonders viel zu tun ist, weil chronischer Mangel an Mitarbeiter*innen herrscht und auch noch Kolleg*innen ausgefallen sind.

Ihren Beruf erfüllt Floria mit sehr viel Empathie, Engagement, Kollegialität und Professionalität, jeder Handgriff sitzt. Sie versorgt ihre Patient*innen nicht nur in medizinischer Hinsicht, sie nimmt sich auch Zeit für Zugewandtheit und Menschlichkeit. Dazwischen klingelt immer wieder das Telefon, weil Patient*innen in den OP-Saal gebracht werden müssen oder vom OP-Saal zurück auf die Station. Auch Anrufe von besorgten Angehörigen nimmt Floria entgegen - und schon längst sollte sie wieder im nächsten Krankenzimmer sein. Immer wieder muss sie Medikamente austeilen, Infusionen anhängen, Vitalzeichen messen und darüber korrekte Eintragungen vornehmen. Sie muss im Laufe ihres Dienstes immer schneller entscheiden, wer rascher Hilfe benötigt. Für eine Pause, selbst für eine kurze, bleibt keine Zeit. Die Kamera nimmt stetig mehr Fahrt auf, Florias Schicht wird immer anstrengender, selbst im Kinosaal werden wir von Unruhe gepackt, es ist kaum auszuhalten, was alles an Anforderungen auf die Heldin einprasselt. Ein alter Mann wartet nach seiner OP dringend auf eine Diagnose, auch hat er Sorge um seinen geliebten Hund, weil er nicht weiß, wer sich um ihn kümmern würde, wenn er es nicht mehr kann. Floria hört liebevoll zu, obwohl die Zeit drängt. Und da ist auch noch der arrogante Patient, der sie mit der Uhr stoppt, bis er seine Aufträge äußern kann, er tut nämlich so, als sei sie seine Mitarbeiterin. Eine Patientin ist ungehalten, weil sie längst ihre nächste Infusion erhalten sollte, Floria ist immer noch professionell und freundlich, aber sie ist auch schon sehr erschöpft. Sie hetzt die Gänge auf und ab - und so ist es nicht überraschend, dass ihr in all der Hektik trotz ihrer enormen Tüchtigkeit ein Fehler passiert - eine Verwechslung von Schmerzmitteln, worauf ein Patient eine allergische Reaktion zeigt. Die Uhr tickt, es müssen sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden ...

Ich muss es so festhalten, der Film regt auf, sehr sogar, wir haben das auch körperlich wahrgenommen - aber das soll er auch! Er soll aufrütteln, er führt zu Fragen und Aussichten: Wohin soll sich die katastrophale personelle Situation noch entwickeln? Wie kann die erdrückende Personalnot beseitigt werden? Es fehlen jetzt schon zehntausende Mitarbeiter*innen in der Schweiz, in Österreich, in Deutschland, in Spanien, in Italien. Das sind die Länder, die in einer Dokumentation genannt wurden. Ich bin sicher, es ist ein globales Problem, das ganz, ganz, ganz dringend gelöst werden muss. Und diese Lösung soll nicht nur eine leistungsgerechtere Bezahlung und bessere Arbeitsplatzbedingungen beinhalten - auch an der gesellschaftlichen Bewertung dieses Berufes muss sich etwas ändern: Wenn das nämlich geschieht, könnten auch mehr Männer erreicht werden, die in diesem Bereich arbeiten würden, davon bin ich überzeugt.


Besuch bei der alten Dame

Meine Mutter ist nicht mehr so leicht aus ihrem Sessel zu bekommen. Das liegt auch an ihrer extrem schmerzhaften Hüfte. Eine künstliche Hüfte ist leider aufgrund ihrer sehr fortgeschrittenen Demenz kein Thema mehr. Sie müsste im Heilungsverlauf einiges beachten, was ihr nicht mehr möglich ist. Zudem verschlechtert jede Narkose das kognitive Leistungsvermögen.

Am Wochenende war ich zur Mittagszeit bei meiner Mama. Während sie die Hauptspeise mit wenig Begeisterung zu sich nahm, war die Nachspeise umso interessanter. Zunächst wurde auch diese nur widerwillig zur Kenntnis genommen, schließlich siegte aber die Neugierde und der köstliche Pudding fand ihre Zustimmung. Rasch war die Puddingschale leergelöffelt.

Nach dem Mittagessen ist ein WC-Gang üblich. Meine Mutter zierte sich und war nicht bereit, sich zu bewegen. Beim zweiten Versuch war sie trotz Schmerztropfen noch immer nicht willig, aufzustehen. So sehr die Mitarbeiterin sie auch zu locken versuchte, sie blieb stur. Letztendlich probierten wir es zu zweit, Mama aus ihrem Sessel zu locken. Ziemlich keck blickte sie die Pflegerin an und fragte sie listig: Was bekomme ich denn dafür, wenn ich mitgehe?


6 Comments


Rosa Ananitschev
Rosa Ananitschev
Mar 21

Pflege ist eine harte, aber auch dankbare Arbeit. Nicht jeder kann sie, und vor allem – nicht jeder darf sie machen. Das sollen nur Menschen tun, die es auch gern tun, die empathisch und geduldig genug sind, um anderen zu helfen. Ich selbst wäre für solch einen Job nicht geeignet, obwohl ich eine Zeit lang meine Mutter und später zwei Jahre lang die Großmutter meines Mannes gepflegt hatte. Aber damals ging es nicht anders und ich gab mein Bestes.

Wenn ich jetzt von meiner Schwester höre, wie es im Altenheim, in dem sie untergebracht ist, zugeht, dann stellen sich mir manchmal die Nackenhaare hoch, und ich kann es kaum fassen. Schlimm, vor allem weil man sich da hilflos und ausgeliefert…


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C*
C*
Mar 22
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Wenn ich vor allem bei meiner Mutter bin, wundere ich mich immer wieder, was Pfleger*innen alles aushalten müssen. Sie haben es in Mamas Pflegehaus vor allem mit Menschen zu tun, die an Demenz erkrankt sind. Und solche Menschen können arg wütend und ausfällig werden. Sie testen ihre Grenzen aus, so, wie es auch kleine Kinder tun. Ich bin voller Bewunderung für die Geduld der Pflegekräfte. Es wundert mich allerdings auch kein bisschen, wenn ich wieder von einer Kündigung höre.

In unseren beiden Ländern, in D und in Ö, ist schon lange bekannt, dass es viel zu wenige Menschen gibt, die in Pflegeberufen tätig sind. Und es werden immer mehr gebraucht. Es wird inzwischen versucht, in anderen Ländern für die Pflegearbeit…


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Brigitte Fuchs
Brigitte Fuchs
Mar 11

Ach, sowas ist erschütternd und geradezu unmenschlich. Dass sich da nicht mehr Abhilfe schaffen lässt, ist kaum zu glauben.

Sehr nachdenkliche Grüsse, Brigitte

(Ich denke, ich kann mir diesen Film nicht ansehen.)

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C*
C*
Mar 11
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Ich war sehr überrascht, dass der Film die unmenschlichen Arbeitsumstände eines Schweizer Krankenhauses zeigt. Bis dahin dachte ich noch, dass die Situation in der Schweiz eine bessere ist.

Es geht alles dahin, dass dieser Arbeitsbereich unbedingt in mehrerlei Hinsicht aufgewertet werden muss. Und da geht es nicht nur um finanzielle Anreize.

Ja, der Film macht sehr betroffen. Aber das muss leider auch so sein.

Liebe abendliche Grüße zu Dir

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stemmer.recklinghausen
stemmer.recklinghausen
Mar 11

Solange Care-Arbeit, egal wo und von wem sie gleistet wird, gesellschaftlich nicht die Anerkennung bekommt, die sie verdient und auch entsprechend honoriert wird, wird sich da nicht viel ändern. Da bleibt's dann bei den "Sonntagsreden", bei der Rente macht es sich kaum bemerkbar, dass ich drei Söhne großgezogen habe. Aber, was ist das denn auch schon?! Nicht der Rede wert!

Liebe Grüße

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C*
C*
Mar 11
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Es bleibt viel zu tun, um Gerechtigkeit herzustellen - und so, wie Du schreibst, dazu gehört, dass endlich, endlich anerkannt wird, dass es immer noch die Mütter sind, die ihre Kinder großziehen.

Ich fürchte, die Sparprogramme, die z.B. in Österreich ganz aktuell von der neuen Regierung großgeschrieben werden, lassen da keine echten Lösungen zu.

Herzliche Grüße zu Dir!

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